Merkel empfängt Davutoglu "Der Islam gehört zu Deutschland"
Kanzlerin Merkel hat sich das bekannteste Zitat von Ex-Präsident Wulff erneut zu Eigen gemacht: "Der Islam gehört zu Deutschland." Anlass: ein Besuch des türkischen Amtskollegen Davutoglu. Der warnte vor der Gleichung "Islam=Terror" und warb für den EU-Beitritt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel räumt dem Islam einen festen Platz in der deutschen Gesellschaft ein. Bei einem Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu sagte sie: "Von meiner Seite möchte ich sagen, dass unser früherer Bundespräsident Christian Wulff gesagt hat, der Islam gehört zu Deutschland. Und das ist so, dieser Meinung bin ich auch."
Merkel betonte, sie sei "die Bundeskanzlerin aller Deutschen". Das schließe alle ein, "die hier dauerhaft leben". Es sei aber notwendig, den Dialog zwischen den Religionen noch zu verstärken, und es gebe noch viel Unkenntnis. Am Dienstag will Merkel an einer Mahnwache am Brandenburger Tor teilnehmen, zu der muslimische Verbände wegen der Pariser Anschläge aufgerufen hatten.
Davutoglu bat Deutschland um mehr Unterstützung bei den Bemühungen seines Landes um einen EU-Beitritt. Die Aufnahme eines muslimischen Landes gäbe der Europäischen Union eine neue Dimension und wäre ein "sehr gutes Friedenssignal für die Welt", sagte er.
Welche Konsequenzen hat der Widerstand gegen EU-Beitritt?
Die Kanzlerin würdigte die Türkei als Partner im Kampf gegen islamistischen Terror. Einen Zusammenhang zwischen dem Widerstand gegen einen EU-Beitritt und den islamistischen Angriffen in Frankreich wies sie jedoch zurück. Zugleich machte sie deutlich, dass sie neben der Skepsis über die Vollmitgliedschaft den Prozess der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei immer unterstützt habe.
Davutoglu hatte am Wochenende den Widerstand gegen die türkische EU-Bewerbung als einen Grund für die Spannungen zwischen der westlichen und der islamischen Welt genannt. Ohne den Widerstand hätten die "kulturellen Spannungen" nicht das heutige Niveau erreicht, sagte er laut türkischen Zeitungsberichten.
Auf Nachfrage erläuterte der türkische Regierungschef jetzt, er habe darauf hinweisen wollen, dass durch den EU-Beitritt eines muslimischen Landes wie der Türkei "Kreisen, die Konflikte schüren wollen", der Boden entzogen würde.
"Bei NSU auch nie von christlichen Terroristen gesprochen"
Der Regierungschef wehrte sich gegen Vorwürfe, die Türkei mache im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus zu wenig. Solche "ungerechtfertigten" Beschuldigungen werde man nicht akzeptieren. Sein Land sei weiterhin zu" jeder nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit" bereit.
Zugleich warnte er davor, den Islam mit Terrorismus in Verbindung zu bringen. Die Türkei habe bei der Mordserie des NSU auch "nie von irgendwelchen christlichen Terroristen" gesprochen. Davutoglu sagte weiter, er hätte sich außerdem gewünscht, dass die internationale Gemeinschaft auch Anschläge in der Türkei wie vor einer Woche in Istanbul derart entschieden verurteilt hätte wie die Angriffe in Paris.
Er rief er dazu auf, dass nicht nur auf islamistische Gewalttaten wie die Angriffe in Frankreich mit 17 Todesopfern entschiedene Reaktionen folgten, sondern auch auf Gewalt gegen Muslime. Bei Angriffen auf Moscheen und andere islamophobe Übergriffen sei eine klare Verurteilung durch die Bundesregierung sehr wichtig.
Regelmäßige Regierungskonsultationen geplant
Merkel und Davutoglu vereinbarten, dass sich die Regierungen ab 2016 zu regelmäßigen Konsultationen treffen. Diese sollten jährlich und abwechselnd auf Regierungschef- und Außenministerebene stattfinden. Die Kanzlerin reist 2016 mit Mitgliedern des Kabinetts zur ersten Runde nach Ankara.