Appell an die Parteien Merkel fordert Gespräche statt Streit
Altkanzlerin Merkel hatte kürzlich CDU-Chef Merz wegen seines Umgangs mit der AfD kritisiert. Das verteidigte sie nun: Es habe sich "um eine Frage grundsätzlicher Bedeutung" gehandelt. Die Parteien rief sie dazu auf, wieder miteinander zu reden.
Gut zwei Wochen vor der Bundestagswahl hat Altkanzlerin Angela Merkel die Parteien dazu aufgerufen, Gespräche statt erbitterten Streit zu suchen. Nach der Wahl müsse "wieder ein Zustand gefunden werden, in dem später auch wieder Kompromisse zu finden sind", sagte Merkel. "Ich hoffe, dass das möglich ist."
Nach den Vorgängen im Bundestag in der vergangenen Woche sei bei den demokratischen Parteien eine Polarisierung eingetreten, sagte Merkel im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg bei einer Veranstaltung der Wochenzeitung Die Zeit.
Es sehe momentan nicht danach aus, dass eine politische Gruppierung bei der Wahl die absolute Mehrheit bekommen werde. "Das heißt, man wird miteinander unter den demokratischen Parteien auch wieder reden müssen."
Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz hatte vergangene Woche seine Vorschläge zur Verschärfung der Migrationspolitik und einen Gesetzesentwurf im Bundestag mit dem Wissen zur Abstimmung gebracht, dass eine Mehrheit nur der AfD wahrscheinlich war. Der Entschließungsantrag wurde angenommen, der Gesetzentwurf scheiterte. Merkel nannte das Vorgehen von CDU-Chef Merz "falsch.
Merkel über Merz: "Können beide damit umgehen"
Bei ihrer Kritik habe es sich um eine Frage "grundsätzlicher Bedeutung" gehandelt, sagte Merkel. "Ich habe es richtig gefunden, in so einer entscheidenden Situation nicht zu schweigen". Sie und Merz "können da beide mit umgehen".
Merkel habe es "staatspolitisch richtig" gefunden, dass Merz noch im November nach dem Bruch der Ampel-Koalition auch zufällige Mehrheiten im Bundestag mit der AfD ausgeschlossen habe. Die Kursumkehr in der vergangenen Woche dagegen habe sie falsch gefunden. Es solle weiterhin "auch unter schwierigen Bedingungen nicht dazu kommen", dass Mehrheiten mit der AfD zustandekommen, sagte Merkel.
Dass sie als Ex-Kanzlerin von der CDU ihren Parteikollegen Merz deswegen kritisiert hat, habe mit der Grundsätzlichkeit der Sache zu tun, sagte Merkel. "Ich mische mich ja in die normalen politischen Auseinandersetzungen nicht ein."
"Nicht meine Verantwortung"
Ihre eigene Flüchtlingspolitik von 2015 bis 2021 verteidigte Merkel als "nicht für verfehlt". Allerdings sei noch eine ganze Menge zu tun, sagte sie mit Blick auf das Durchsetzen von Ausreisepflichten oder die Digitalisierung von Ausländerämtern.
Merkel machte jedoch den damaligen Streit zwischen CDU und CSU in der Flüchtlingskrise mit für den Aufstieg der AfD verantwortlich. "Es war nicht richtig, dass wir so viel gestritten haben", sagte sie. Anschließend habe die AfD auch durch ihre Kritik an den Corona-Maßnahmen zulegen können.
Doch Merkel sagte auch: "Als ich aus dem Amt gegangen bin, lag die AfD bei elf Prozent. Dass sie jetzt bei 20 Prozent liegt, ist jetzt nicht mehr meine Verantwortung."