Nachträgliche Unterschrift unter Erklärung Merkel verteidigt ihre Syrien-Politik
Kanzlerin Merkel hat ihre verspätete Unterschrift unter eine von den USA beim G20-Gipfel vorgelegte Syrien-Erklärung energisch verteidigt: Es sei wichtig gewesen, die EU-Position abzuwarten. Die SPD spricht hingegen von einem "Totalausfall der deutschen Außenpolitik".
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihre nachträgliche Unterschrift unter eine von den USA beim G20-Gipfel vorgelegte Syrien-Erklärung mit dem Wunsch nach einer einheitlichen europäischen Haltung verteidigt. Die CDU-Chefin sagte bei einer Wahlkampfveranstaltung in Düsseldorf, ihr sei es vor allem darum gegangen, alle 28 EU-Länder einzubinden.
Merkel sagte, es sei nicht in Ordnung, wenn fünf große EU-Länder eine gemeinsame Position in dem Wissen verabschiedeten, dass einen Tag danach alle 28 EU-Staaten zusammenkämen. Deshalb habe sie gesagt: "Lasst uns alles daran setzen, eine gemeinsame Position der 28 zu bekommen."
In der "Bild am Sonntag" schloss Merkel eine Beteiligung an einem Angriff erneut aus. Es müsse aber sichergestellt werden, dass sich ein Einsatz von Chemiewaffen nicht wiederhole und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen würden: "Eine friedliche Zukunft Syriens aber kann nur in einem politischen Prozess erreicht werden."
Einen Tag danach unterschrieben
Gestern hatten sich die EU-Außenminister bei ihrem Treffen in der litauischen Hauptstadt auf eine gemeinsame Position geeinigt, die eine entschiedene Antwort auf den Giftgaseinsatz fordert - aber auch, dass vor weiteren Schritten erst der Bericht der UN-Chemiewaffeninspektoren abgewartet werden soll. Daraufhin stellte sich auch die Bundesregierung hinter den US-Text, den alle europäischen G20-Länder außer Deutschland - also Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien - bereits am Freitag unterzeichnet hatten.
US-Präsident Barack Obama hatte auf dem G20-Treffen in St. Petersburg keinen Rückhalt der Schwellenländer für einen Militärschlag erhalten. Elf Staaten unterzeichneten daraufhin eine von den USA erarbeitete Erklärung, in der eine entschiedene Antwort auf den Giftgas-Einsatz vom 21. August gegen syrische Zivilisten gefordert wird. Ein Angriff wird darin nicht erwähnt. Bei dem Angriff wurden nach US-Angaben fast 1500 Menschen getötet.
SPD: "Totalausfall der deutschen Außenpolitik"
Die Opposition warf Merkel einen Schlingerkurs vor. SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einem "Totalausfall der deutschen Außenpolitik." Er warf Merkel diplomatisches Versagen vor. "Die angeblich mächtigste Frau der Welt" habe in St. Petersburg nicht einmal mit Russlands Präsident Putin gesprochen, kritisierte er im "Spiegel". Russland ist bisher nicht bereit, Assad fallenzulassen und blockiert mit China den UN-Sicherheitsrat.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach von einem unwürdigen Hin und Her: "Die Bundesregierung findet keinen Standpunkt und verliert sich in wahltaktischen Überlegungen." Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte: "Ich kann nicht erkennen, dass eine zweitägige militärische Strafexpedition in Syrien irgendetwas zum Besseren für die Menschen bringt."
Grünen-Chefin Claudia Roth hatte bereits gestern von einem "abenteuerlicher Zickzackkurs" gesprochen. Notwendig sei "endlich und ganz klar eine Antwort der internationalen Staatengemeinschaft, aber es braucht eine gemeinsame Antwort". Dabei sollte es etwa um Verhandlungen, Sanktionen und Flüchtlingshilfe gehen.