Verschiebung des Bundesparteitags Es kracht in der CDU
Auf die CDU kommen unruhige Wochen zu: Der für Anfang Dezember geplante Parteitag ist wegen hoher Corona-Infektionszahlen verschoben - und Merz, Kandidat für den Parteivorsitz, glaubt, die Entscheidung richte sich gegen ihn.
Friedrich Merz war verärgert in den Montag gegangen. "Es gibt Teile des Partei-Establishments, beachtliche Teile, die verhindern wollen, dass ich Parteivorsitzender werde", sagte Merz im ARD-Morgenmagazin. Später betonte er im ZDF: "Ich halte meine Vermutung aufrecht, dass die Verlegung des Parteitages mit Corona wenig und mit anderen Erwägungen sehr viel zu tun hat. Diese Vermutung liegt auf der Hand und wird auch von einer großen Zahl von Beobachtern in Berlin geteilt."
Merz, der "Outlaw"
Auch bei seinem Auftritt in den tagesthemen hatte Merz sich nicht wesentlich beruhigt: "Frau Miosga, darf ich das mal so sagen, das wissen Sie und das weiß die gesamte Hauptstadtpresse, das weiß die deutsche Öffentlichkeit: Dass ich nicht der Liebling eines Teils der Parteiführung bin, das ist doch schon seit langer Zeit so."
Zwischendurch sagte Merz auch noch der "Welt", in den Augen des sogenannten Establishments sei er immer ein "Outlaw" gewesen. Er habe "ganz klare, eindeutige Hinweise" darauf, Armin Laschet habe die Devise ausgegeben, er brauche mehr Zeit, um seine Performance zu verbessern. Laschet reagierte auf diesen Anwurf nicht.
Ganz neuer Kandidat für Parteivorsitz?
Zudem, so Merz weiter, sollten alle drei Kandidaten - also er selbst, der Außenpolitiker Norbert Röttgen sowie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet - zerschlissen und ermüdet werden, um dann möglicherweise in letzter Sekunde einen Überraschungskandidaten zu präsentieren. Das werde systematisch so vorbereitet. Und zwar, lernten interessierte Zuschauer in den tagesthemen, in der WhatsApp-Gruppe einiger CDU-Mitglieder, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn allen anderen vorzögen.
"Diese Gruppe gibt es. So, und bevor das anfängt, in dieser Partei um sich zu greifen, sollten die demokratischen Mechanismen wieder funktionieren. Und Demokratie in einer Partei heißt: Entscheidung durch Wahlen und zwar durch Delegierte auf einem Bundesparteitag, auch digital. Das geht und das könnten wir auch in diesem Jahr noch machen", so Merz. Das Parteiengesetz lässt bisher allerdings bestenfalls einen Online-Parteitag in Kombination mit einer Briefwahl zu, aber es gibt auch abweichende Auslegungen.
Merz: "Es geht nicht um meine Person"
In der Partei und außerhalb fragen sich nun viele, was Merz geritten haben muss, um derart auszuteilen. Die Angst davor, dass ihm die Felle davon schwimmen, dass er die Sichtbarkeit, die er sich in den vergangenen Wochen mühsam erarbeitet hat, wieder verlieren könnte? Nein, sagte Merz, es gehe nicht um seine Person, sondern darum, die Partei vor dem Superwahljahr 2021 arbeitsfähig zu machen und auch, dass die Verzögerung seinen guten Umfragewerten bei der Parteibasis - die ihn aber nicht wählt - schaden könnte, fürchte er nicht. "Meine Umfrage sind seit zwei Jahren gut und die bleiben auch drei Monate oder sechs Monate noch gut."
Zur CDU passt dieses Vorgehen so gar nicht. Die Partei legt Wert darauf, Union zu heißen und versteht sich als Sammelbecken unterschiedlicher Strömungen, die am Ende immer einen Konsens finden - lange Jahre ihr Erfolgsrezept.
Ordnungsruf des Fraktionschefs
Entsprechend groß ist bei einigen die Verwunderung und die Irritation: "Wir erwarten von den Kandidaten, dass sie weiter so, wie sie das auch in der Vergangenheit gemacht haben, vernünftigen Wahlkampf machen, respektvoll miteinander umgehen. Das hat in den letzten Monaten geklappt und das wird auch in der Verlängerung klappen", mahnt Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. Ein Fingerzeig an die Kandidaten, sich ruhig zu verhalten.
Aber dafür scheint es ein bisschen spät zu sein. Zwietracht und Zweifel, auch an der innerparteilichen Demokratie, sind gesät - und die CDU ist schon jetzt beschädigt.