Ministerpräsidentenkonferenz Anti-Corona-Plan für Herbst gesucht
Beim heutigen Treffen der Ministerpräsidenten geht es vor allem auch um neue Corona-Maßnahmen für den Herbst. Viele Experten erwarten einen erneuten Anstieg der Zahlen. Verbände fordern von der Politik einen Plan.
Vor dem heutigen Treffen der Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz pochen Verbände und Politiker auf einen Anti-Corona-Plan für den Herbst. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland: "Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass im Herbst eine neue Corona-Welle droht - möglicherweise mit einem mutierten Virus, das noch gefährlicher sein kann." Dann müssten bundesweit einheitliche Maßnahmen wie die Maskenpflicht, Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen sowie 2G- oder 3G-Regelungen möglich sein. "Es wäre fahrlässig, wenn der Gesetzgeber nicht die Möglichkeit schafft, diese Instrumente einzusetzen", sagte Landsberg.
"Angepasster Impfstoff in ausreichender Menge"
Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, richtete den Blick auf einen möglichen angepassten Impfstoff. Dieser müsste "in ausreichender Menge beschafft werden", sagte er den Funke-Medien. Zudem riet Gaß zu repräsentativen Untersuchungen zum Antikörperstatus der Bevölkerung. "Nur so wissen wir, wie gut die Bevölkerung insgesamt durch Impfungen und durchgemachte Infektionen geschützt ist."
Die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll, forderte in den Funke-Zeitungen von den Politikern, "alles vorzubereiten, damit genügend Schutzausrüstungen, Impfstoffe und Testmöglichkeiten vorhanden sind". Besuchsverbote für Pflegeheime oder eine wochenlange Isolation von Pflegebedürftigen in stationären Einrichtungen dürften sich nicht wiederholen. Auch alle Angebote und Therapien sowie Tages- und Kurzzeitpflege müssten weiter stattfinden.
Die Bildungsgewerkschaft GEW und der Deutsche Philologenverband forderten in den Funke-Zeitungen zudem die Möglichkeit, in Schulen die Masken- und gegebenenfalls auch die Testpflicht wieder einzuführen. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger schlug eine Impfkampagne für Schüler vor und verlangte eine klare Absage an flächendeckende Schulschließungen. Die Impfangebote müssten rechtzeitig hochgefahren werde, "möglichst niedrigschwellig und nach der Empfehlung der STIKO gerade auch für Kinder und Jugendliche an den Schulen." Diese dürften "nicht noch einmal die Hauptlast der Pandemie tragen", sagte Stark-Watzinger.
Wüst: "Die Pandemie ist noch nicht vorbei"
Auch andere Politiker forderten eine baldige Neufassung der Corona-Regeln. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst, sagte der Funke-Gruppe: "So sehr wir es uns alle wünschen - die Pandemie ist noch nicht vorbei." Ein "erneutes Hin und Her zwischen Lockdown und Öffnung" müsse vermieden werden, indem jetzt schon Vorbereitungen getroffen werden. Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland: Eine Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes dürfe "nicht wieder erst im letzten Moment erfolgen". Es brauche zudem eine schnelle Zusage des Bundes für die Finanzierung von Bürgertests über Juni hinaus. "Sonst machen die Testcenter dicht."
Städtetagspräsident Markus Lewe sagte in den Funke-Zeitungen, der Blick nach Portugal zeige, wie schnell Schutzmaßnahmen wieder nötig werden können. Dort waren die Fallzahlen zuletzt deutlich gestiegen.
FDP will Bewertung bisheriger Maßnahmen abwarten
Die Ampel-Koalition ringt bereits um erneute staatliche Corona-Schutzvorgaben für den Herbst. Gesundheitsminister Karl Lauterbach bereitet eine Strategie für den erwarteten Anstieg der Infektionen vor. Dazu sollen neben einer neuen Impfkampagne, Testregeln und dem Einsatz von Medikamenten auch erneute Änderungen des Infektionsschutzgesetzes gehören - das aktuelle Gesetz läuft am 23. September aus. Führende FDP-Politiker hatten allerdings darauf gepocht, vor einer Entscheidung über den künftigen Kurs eine geplante wissenschaftliche Bewertung bisheriger Corona-Maßnahmen abzuwarten.
Das zweite große Thema bei der MPK dürfte der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Folgen für die Energieversorgung Deutschlands sein. Zuerst reden die Ministerpräsidenten untereinander, am Nachmittag kommt Bundeskanzler Scholz dazu.