Nach Münchner Missbrauchsgutachten Kirchenrichter Wolf gibt Ämter ab
Gut zwei Monate nach der Vorstellung des Münchner Missbrauchsgutachtens folgen personelle Konsequenzen: Der Kirchenrichter Lorenz Wolf will seine Ämter aufgeben. Er war für seinen Umgang mit Missbrauchsfällen kritisiert worden.
Der Kirchenrichter Lorenz Wolf hat nach dem Münchner Missbrauchsgutachten um die Entpflichtung von seinen Ämtern gebeten. Erzbischof Reinhard Marx habe Wolfs Rücktritt als Offizial angenommen, teilte das Erzbistum München-Freising mit. Wolf hatte als solcher das Kirchengericht des Erzbistums geleitet.
Gleichzeitig organisierte er als Leiter des katholischen Büros in Bayern die Beziehungen der bayerischen Diözesen zum Freistaat. Auch von diesem Amt will Wolf zurücktreten. Darüber müssen die bayerischen Bischöfe entscheiden, die sich in dieser Woche in Regensburg zu ihrer Frühjahrstagung treffen.
"Ich bin mir meiner eigenen Verantwortung in diesem Zusammenhang bewusst und stehe auch dafür ein", heißt es in einer 19 Seiten langen Stellungnahme Wolfs. "Ich anerkenne, dass mir eine gewichtige Rolle in der Erzdiözese und in der katholischen Kirche in Bayern und darüber hinaus zugekommen ist und damit von mir persönlich Verantwortung zu übernehmen ist."
"Nicht nachhaltig genug an die Seite der Opfer gestellt"
Er habe sich nicht "nachhaltig genug an die Seite der Opfer gestellt", schreibt Wolf weiter. "Ich werfe mir heute vor, dass ich nicht hartnäckiger versucht habe, meine Haltung in Einzelfällen in Bezug auf Täter konsequenter durchzusetzen." Sein größter Fehler sei gewesen, dass er immer wieder die Rolle des Vermittlers übernommen habe, statt auf seinem Standpunkt zu bestehen. Dafür bitte er die Betroffenen um Vergebung.
Wolf sprach zugleich von "Irritationen", die die "gutachterlichen Verdächtigungen und Bewertungen" seiner Person ausgelöst hätten und die eine konstruktive Arbeit beeinträchtigt hätten. Er wiederholte Vorwürfe gegen die Gutachter und schrieb von einer "nicht nachvollziehbaren Mischung aus Tatsachen, Unterstellungen, pejorativen Wertungen und fragwürdigen Schlussfolgerungen". Zahlreiche Vorwürfe wies er zurück und betonte, in vielen Fällen gar nicht zuständig oder nicht mit der Sache betraut gewesen zu sein.
"Ich hoffe, damit dem Anliegen, jeglichen weiteren Schaden von den Betroffenen des Missbrauchs und der Kirche zu vermeiden, im Rahmen meiner Möglichkeiten gedient zu haben", heißt es schließlich zu seinem Rückzug. "Es ist eine Schande, dass sexueller Missbrauch in der Kirche überhaupt geschehen ist und dass zu wenig getan wurde, um den Opfern sexuellen Missbrauchs den Vorrang zu geben vor dem Schutz der Institution und der Amtsträger."
Kardinal Marx dankte Wolf laut Mitteilung für "diese weitgehende und respektable Entscheidung, durch die Sie persönlich Verantwortung übernehmen in Bezug auf den Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs im Bereich der Erzdiözese".
Kritik am Umgang mit mehreren Missbrauchsfällen
Im Januar hat eine Rechtsanwaltskanzlei das Missbrauchsgutachten für das Erzbistum München und Freising vorgelegt. Darin wurde nicht nur dem amtierenden und den ehemaligen Erzbischöfen Fehlverhalten vorgeworfen, die Gutachter kritisierten auch Wolf für seinen Umgang mit Missbrauchsfällen. Konkret sprechen sie von zwölf Fällen mit "Anlass zur Kritik". Er habe zudem zu sehr zugunsten der Priester und Täter gehandelt sowie zu wenig im Sinne der Opfer und teils zu skeptisch ihnen gegenüber.
Nach dem Gutachten ließ Wolf alle seine Ämter ruhen, auch das des Vorsitzenden des BR-Rundfunkrats. Seine Amtszeit endet turnusgemäß im Mai, eine Kandidatur für den BR-Verwaltungsrat zog er im Februar zurück.