Fragen und Antworten zu Scannern am Flughafen Wie funktionieren sie? Welche Risiken gibt es?

Stand: 03.01.2010 13:27 Uhr

Vor rund einem Jahr waren sich Politiker aller Parteien in ihrer Ablehnung der so genannten Nacktscanner noch einig. Nun bröckelt der Widerstand gegen die Durchleuchtungsgeräte. Wie funktionieren diese? Welche technischen Entwicklungen gibt es? tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie funktionieren die Scanner?

Die Scanner erfassen die Oberfläche des menschlichen Körpers unter der Kleidung und stellen diese auf einem Bildschirm dar. Dazu sind grundsätzlich drei Verfahren möglich:

1.) Der Einsatz von Röntgenstrahlen

2.) Der Einsatz von passiven Terahertz-Wellen

3.) Der Einsatz von aktiven Terahertz-Wellen

Derzeit wird in Deutschland insbesondere über die Einführung des zweiten oder dritten Verfahrens nachgedacht. Terahertz-Wellen sind eine besondere Form der Wärmestrahlung, die im Spektrum zwischen Infrarot- und Mikrowellenstrahlung liegt. Diese Art der elektromagnetischen Wellen kann erst seit wenigen Jahren nachgewiesen werden.

Beim passiven Verfahren wird lediglich die natürliche Terahertz-Strahlung des menschlichen Körpers erfasst. Bei der aktiven Bestrahlung wird der Flugpassagier mit Terahertz-Wellen bestrahlt und aus deren Rückstreuung ein Bild errechnet. Mit dem aktiven Verfahren lässt sich ein detailiertes Bild erstellen.

Was genau wird dargestellt?

Grundsätzlich lassen sich mit allen drei Verfahren die Konturen und die Beschaffenheit des menschlichen Körpers dreidimensional darstellen - also auch der Intimbereich, eventuelle Prothesen oder ein künstlicher Darmausgang. Aber auch am Körper versteckte Gegenstände - etwa Sprengstoffpakete oder nichtmetallische Waffen wie Keramikmesser - zeichnen sich ab, da sie die natürliche Wärmestrahlung abschirmen.

Die bisher auf deutschen Flughäfen eingesetzten Detektoren sprechen lediglich auf Gegenstände aus Metall an. Sprengstoffpakete und ähnliches können nur beim Abtasten des Passagiers durch das Sicherheitspersonal gefunden werden.

Wie können die Persönlichkeitsrechte geschützt werden?

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums sollen die Scanner nur eingeführt werden, wenn die Wahrung der Persönlichkeitsrechte sichergestellt werden kann. Dazu führe die Bundespolizei derzeit Labortests durch, bei denen eine "automatische Detektion" geprüft wird. Diese soll die Darstellung von Körperkonturen verzichtbar machen.

Der Scanner zeigt demnach lediglich ein "OK" an, wenn der Passagier keine Gegenstände am Körper trägt. Sollten versteckte Gegenstände aufgespürt werden, soll dies lediglich an einer stilisierten Person signalisiert werden. In diesem Fall wäre eine "manuelle Nachkontrolle" durch das Sicherheitspersonal nötig. Alle vom Scanner erhobenen Daten werden laut Bundesinnenministerium sofort nach der Kontrolle gelöscht.

Der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, sieht die Persönlichkeitsrechte dagegen auch durch die Scanner ohne direkte körperliche Darstellung gefährdet. Im NDR kritisierte er, dass dennoch Gesundheitsinformationen - ein Herzschrittmacher, ein künstlicher Darmausgang oder andere Dinge - offen gelegt werden. Das könnte für einen betroffenen Passagier "sehr, sehr peinlich sein".

Nackt- oder Körperscanner?

Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende, Wolfgang Bosbach (CDU), sprach sich indes für den Einsatz der neuartigen Scangeräte aus. Dem MDR sagte er, es gehe "nicht um das Thema Nacktscanner; die will und braucht keiner." Die Technik für die so genannten Körperscanner sei schon viel weiter, die neuen Geräte zeigten den Körper nicht einmal mehr in Umrissen.

In der öffentlichen Diskussion werden allerdings die Begriffe Nacktscanner und Körperscanner weitgehend synonym verwendet.

Gibt es gesundheitliche Risiken?

Da Terahertz-Strahlen erst seit wenigen Jahren überhaupt erfasst werden können, sind mögliche gesundheitliche Risiken durch die derzeit in der Erprobung befindlichen Scanner unzureichend erforscht. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat deshalb noch keine abschließende Bewertung abgegeben.

Grundsätzlich ist die Eindringtiefe der Terahertz-Wellen laut BfS gering. Tiefer liegende Organe würden deshalb praktisch nicht von der Strahlung erreicht. Allerdings sei die Eindringtiefe ausreichend, um die Zellen der Haut und das periphere Blutkreislauf zu erreichen. Das BfS, das nicht direkt in den Entwicklungsprozess eingebunden ist, empfiehlt derzeit die Verwendung von passiven statt aktiven Terahertz-Systemen.

Eindeutig ist dagegen die Bewertung der Röntgenscanner: Da diese ionisierende Strahlung die Zellen des menschlichen Körpers direkt schädigen kann, gebe es keine sichere Schwelle, "unterhalb derer kein gesundheitliches Risiko mehr bestehen würde". Daher lehnt das BfS den Einsatz von Röntgenstrahlen im Bereich der Sicherheitstechnik ab.

Wann könnten Geräte in Deutschland den Betrieb aufnehmen?

Derzeit testet die Bundespolizei in Kooperation mit dem Hersteller die Geräte im Labor. Nach Einschätzung Bosbachs kann Mitte 2010 mit Versuchen auf deutschen Flughäfen begonnen werden. Wenn alles glatt laufe, könne bereits einige Monate später der Normalbetrieb beginnen, so Bosbach gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Eine politische Entscheidung über die Körperscanner ist noch nicht gefallen, derzeit mehren sich aber insbesondere in der CDU die Stimmen, die Geräte einzuführen.

Gänzlich anders war die Stimmung vor rund einem Jahr, als die Europäische Union den Einsatz derartiger Geräte vorschlug: Politiker aller Parteien sprachen über den "Unfug" und beklagten eine Überschreitung der Schamgrenzen. Allerdings ging es damals noch um die Nacktscanner, die ein sehr viel detaillierteres Bild des Passagiers ausspielen.

Wo werden bisher welche Scanner eingesetzt?

In einigen Staaten werden diese Geräte bereits eingesetzt oder getestet. Die USA sind aber das einzige Land, in dem Nacktscanner bereits seit Jahren im größeren Maßstab verwendet wurden: Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurden 40 Scanner an 19 Flughäfen aufgestellt. 150 weitere Geräte wurden bereits angeschafft und sollen bald den Betrieb aufnehmen, in diesem Jahr plant die Behörde für Transportsicherheit den Kauf von 300 weiteren Einheiten.

In Moskau sind die Geräte seit 2007 regulär im Einsatz. Auch in Australien und in der Schweiz werden Passagiere von Scannern durchleuchtet - aber nur auf wenigen Flughäfen und auf einigen Strecken.

Die Niederlande, Großbritannien, Nigeria und Italien haben nach dem vereitelten Anschlag am 1. Weihnachtstag eine schnelle Einführung der Scannertechnologie angekündigt.

Nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière kooperieren die Niederlande und Deutschland in der Entwicklung neuer Geräte.