Petersberger Klimadialog "Können die Klimakrise nicht aufschieben"
Deutschland und Ägypten haben erneut mehr Anstrengungen im Kampf gegen die Klimakrise gefordert. Die Anpassung dürfe nicht wichtiger werden als die Prävention. Nichtregierungsorganisationen zeigten sich enttäuscht von den Ergebnissen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihr ägyptischer Kollege Sameh Schukri haben zusätzliche weltweite Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel gefordert. "Wir sind nicht auf dem 1,5-Grad-Pfad", sagte Baerbock am zweiten Tag des sogenannten Petersberger Klimadialogs in Berlin.
"Wir können die Klimakrise nicht aufschieben", fügte sie mit Blick auf Dürre in Afrika und die Hitzewelle in Europa hinzu. "Deshalb können wir den Kampf nicht aufschieben, weil andere Krisen wichtiger erscheinen."
Anpassung ist teurer als Prävention
Sie sprach sich dagegen aus, die Anstrengungen zur Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes zugunsten von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel zurückzufahren. Denn dann würden auch die Kosten für die Anpassung "ins Unermessliche wachsen".
Baerbock betonte, Deutschland werde "keinen Zentimeter von unseren Klimazielen abweichen - im Gegenteil wir werden noch schneller aussteigen". Die Bundesregierung stehe "felsenfest zum Ziel der Klimaneutralität bis 2045".
"Niemanden zurücklassen"
"Wir dürfen keinen Rückschlag erleiden wegen der gefährlichen geopolitischen Lage", betonte auch Schukri mit Hinweis auf die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Baerbock sagte er, es sei wichtig, Streitpunkte bei Klimafragen zu identifizieren, an denen in den kommenden Monaten weiter gearbeitet werden müsse. Ziel müsse es sein, die internationalen Klimaziele "am Leben zu erhalten" und gleichzeitig "niemanden zurückzulassen".
Ägypten organisiert im November die internationale Klimakonferenz (COP27) und war deshalb Co-Gastgeber des Petersberger Klimadialogs. Ein Scheitern der Klimakonferenz sei für sein Land "keine Option", sagte er.
Enttäuschung bei NGOs
Nichtregierungsorganisationen zeigten sich vor dem zweiten und letzten Tag des Petersberger Klimadialogs enttäuscht. "Wir hatten uns mehr Initiative erhofft", sagte Greenpeace-Klimaexperte Bastian Neuwirth dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Auch die Umweltschutzorganisation BUND hatte sich mehr von dem Treffen versprochen. "Der Petersberger Klimadialog bleibt hinter den Erwartungen zurück, jetzt schon Meilensteine für die Klimaverhandlungen im November zu setzen", sagte der Vorsitzende Olaf Bandt den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Die Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz hätte seiner Ansicht nach mit konkreten finanziellen Zusagen demonstrieren können, dass sie es mit dem Kampf gegen die Klimakrise ernst meine. So könnte sie auch der Verantwortung gegenüber den besonders betroffenen Ländern des Globalen Südens gerecht werden.
Welthungerhilfe begrüßt Konzept der Bundesregierung
Die Bundesregierung stellte ein Konzept für einen Schutzschirm gegen Risiken und Schäden in Entwicklungsländern vor. Der Vorschlag zielt auf Regelungen für Frühwarn-Systeme in besonders anfälligen Ländern, Vorsorgepläne und schnelle Finanzierungssysteme im Falle von Schadensereignissen.
Die Welthungerhilfe begrüßte das Konzept - es müsse aber den "verwundbarsten Ländern" zugute kommen, sagte Klimareferent Michael Kühn den Funke-Zeitungen. Für bereits entstandene und nicht mehr vermeidbare Schäden müsse es aber eine finanzielle Ausgleichsregelung geben, forderte Kühn.
6,6 Milliarden Euro Schaden pro Jahr
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte die Klimakrise als das mittlerweile größte Sicherheitsproblem für alle Menschen auf der Erde bezeichnet.
Allein in Deutschland hat der vom Menschen gemachte Klimawandel seit 2000 durchschnittlich Schäden in Höhe von 6,6 Milliarden Euro pro Jahr verursacht, wie eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz beauftragte Studie ergab.