Nach Böhmermann-Sendung Bessere Bekämpfung von Hass im Netz gefordert
Mehrere Politiker sehen nach den Recherchen des "ZDF Magazin Royale" Nachholbedarf bei der Bekämpfung von Hasskommentaren im Internet. Polizei und Justiz hätten in dem Bereich "massive Defizite", so FDP-Politiker Kuhle.
Nach einem Bericht im "ZDF Magazin Royale" mit dem Satiriker Jan Böhmermann über schleppende oder ausgebliebene Ermittlungen zu Hasskommentaren im Internet fordern Politiker eine bessere Bekämpfung von Hass im Netz. "So kann es nicht weiter gehen", schrieb etwa der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, auf Twitter. Polizei und Justiz in Deutschland hätten bei der Strafverfolgung im Internet "massive Defizite".
Die Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina forderte einen "bundesweiten, staatlichen Online-Dienst für die Anzeige solcher Straftaten". Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz twitterte, dass die Recherche ein Thema der nächsten Innenministerkonferenz werden müsse. "Alle Landtage sollten sich damit beschäftigen und von den Landesregierungen Verbesserungen einfordern." Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag, Lukas Kilian, sprach sich für einen "Tatort Internet" aus.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser forderte eine bessere Schulung von Polizisten und ein konsequenteres Vorgehen auf Länderebene. Eine Konsequenz der Recherchen müsse sein, dass die Ermittlungsbehörden vor Ort, die Polizeidienststellen, geschult würden. "Dass sie gut damit umgehen können, weil das harte Vorgehen ist wahnsinnig wichtig", sagte Faeser im Bericht aus Berlin. Die Ministerin verwies auf "Hassaufrufe" und Morddrohungen im Messengerdienst Telegram durch Gegner der Corona-Politik. "Wir haben den Ermittlungsdruck dort massiv erhöht", sagte Faeser. Das Bundeskriminalamt habe in Dutzenden Fällen, in denen es um Mordaufrufe ging, Löschersuchen durchgesetzt. "Das müssen wir jetzt auch schaffen in allen Bundesländern." Dafür sei "noch mehr Aufklärung erforderlich".
Anzeigen wegen Hassbotschaften
Das "ZDF Magazin Royale" hatte im August vergangenen Jahres versucht, in allen 16 Bundesländern sieben mutmaßlich strafbare Hassbotschaften aus dem Internet zur Anzeige zu bringen. Sie richteten sich unter anderem gegen Juden und Flüchtlinge, zeigten NS-Symbole oder drohten auch offen mit Gewalt. Während etwa in Hessen dem Magazin zufolge schnell reagiert und die Anzeigen an den Staatsschutz weitergegeben wurden, forderte ein Polizist in Magdeburg eine Mitarbeiterin des Magazins auf, die Botschaften dem Betreiber der Websites zu melden und schickte die Frau weg.
Im Falle einer Hakenkreuzdarstellung gaben mehrere Landesbehörden noch vor einigen Wochen an, sie hätten den Täter nicht ermitteln können. Dagegen konnte die Polizei in Baden-Württemberg den Täter finden, der dem Magazin zufolge vom Amtsgericht Aalen bereits zu einer Geldstrafe verurteilt wurde.
Polizist in Bremen in Innendienst versetzt
Die Polizei in Magdeburg in Sachsen-Anhalt teilte mit, dass sie "umgehend Ermittlungen zur Sache" aufgenommen habe. Unter anderem sei gegen einen Polizeibeamten ein Verfahren wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt eingeleitet worden. Nach bisherigen Erkenntnissen sei "die Entgegennahme einer Strafanzeige seinerzeit unterblieben".
In Bremen erklärte die Polizei, dass sie durch eine Medienanfrage auf den möglichen Verstoß eines Polizisten aufmerksam geworden sei, Strafanzeige erstattet und ein Disziplinarverfahren eingeleitet habe. Der betreffende Beamte soll eine Anzeige zwar aufgenommen, aber erst zwei Monate später im Bearbeitungssystem erfasst haben. Er sei aus dem direkten Bürgerkontakt abgezogen und in den Innendienst versetzt worden, hieß es weiter.
Auch in Sachsen habe die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Unbekannt wegen einer möglichen Strafvereitelung im Amt aufgenommen, berichtete bereits die ZDF-Sendung. Die Polizei in Mainz erklärte, dass sie grundsätzlich alle Hinweise ernst nehme, "egal auf welchem Weg sie uns erreichen". Sie werde "die Kritik und vielen Hinweise dieser Sendung in unsere Überprüfung zur Optimierung einfließen lassen".