Eine Pflegerin führt einen Senioren am Arm (Symbolbild).

Baden-Württemberg Betrug mit Pflegeleistungen in Millionenhöhe: Prozess in Mannheim

Stand: 21.10.2024 17:04 Uhr

Etwa zwei Millionen Euro soll eine Bande erbeutet haben, die laut Anklage Pflegeleistungen mit Krankenkassen falsch abgerechnet hat. In Mannheim geht der Prozess nun zu Ende.

Der Chef eines Pflegedienstes soll gemeinsam mit pflegebedürftigen Personen für einen Betrug in Millionenhöhe verantwortlich sein. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er Pflegeleistungen falsch abgerechnet hat. Die Staatsanwaltschaft am Mannheimer Landgericht spricht von mehr als 240 Fällen. Am Montag gab es die Plädoyers. Am Donnerstag wird am Landgericht Mannheim das Urteil erwartet.

Hilfskräfte als Fachpersonal abgerechnet?

Der Chef einer Firma für Alten- und Krankenpflege in Mannheim-Neckarau, die bis 2019 vor allem für die häusliche Pflege von Menschen mit Behinderungen zuständig war, wird banden- und gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen. Der 72 Jährige soll mehrere Jahre lang mit den Krankenkassen und der Arbeitsagentur zu Unrecht Geld abgerechnet haben. Die entsprechenden Leistungen seien so nicht erbracht worden. Unter anderem habe die Firma Hilfskräfte bei der Abrechnung als Fachpersonal angegeben. Ein zweiter Geschäftsführer und Pflegedienstleiter soll laut Staatsanwaltschaft untergetaucht sein.

Die beiden Männer sollen in einem weiteren Mannheimer Unternehmen gleichberechtigte Partner gewesen sein. Dort sollten Menschen mit Behinderungen ins Arbeitsleben integriert werden. Auch dort soll falsch abgerechnet und betrogen worden sein.

Angeklagter bestreitet Risiko für Patienten

Der 72-jährige Hauptangeklagte betonte beim Prozessauftakt, dass die Versorgung der Patienten gewährleistet gewesen sei. Die Krankenkassen würden die Leistungen allerdings nur zahlen, wenn sie nachweislich von Fachpersonal durchgeführt wurden. In dem Pflegedienst in Mannheim-Neckarau sollen laut Staatsanwaltschaft zu dem Zeitpunkt aber gar keine examinierten Fachkräfte angestellt gewesen sein. Der Angeklagte betonte bei der Verhandlung, dass nur durch die Versorgung von Hilfs- statt Fachkräften die notwendige 24-Stunden-Betreuung vieler Pflegebedürftiger gewährleistet werden konnte.

Die Anklage geht auch davon aus, dass Menschen beim Pflegedienst eingestellt wurden, die dort gar nicht wirklich arbeiteten. Darunter sollen auch Patienten und Angehörige gewesen sein. Sie sollen beispielsweise unrechtmäßig Krankengeld und Arbeitssaustattung bekommen haben. Auch andere Patienten und Angehörige sollen von dem Betrug gewusst haben. Das Verfahren gegen ein Ehepaar, dass zu Beginn der Prozesses mitangeklagt war, ist gegen eine Geldstrafe eingestellt worden.

Staatsanwaltschaft spricht von krimineller Energie des Angeklagten

Am Montag haben die Verteidigung sowie die Staatsanwaltschaft ihre Plädoyers vorgetragen. Die Staatsanwaltschaft fordert ein Strafmaß von drei Jahren und sechs Monaten. Sie begründete dies mit der "kriminellen Energie" des Angeklagten. So handele es sich bei den falschen Leistungsnachweisen um keine Einzelfälle, sondern um ein eingespieltes System. Zu Gute hielt sie dem 72-Jährigen, dass er bereits früh ein Geständnis abgelegt hatte. Auch sei während den Verhandlungen deutlich geworden, dass der Pflegedienst nicht gegründet worden sei, um zu betrügen.

Die Verteidigung machte zum Strafmaß keine Angaben. Auch sie gab zu bedenken, dass der Angeklagte früh zu einer Aussage bereit war und wies auf das Alter des Angeklagten hin. Des Weiteren geht die Verteidigung davon aus, dass den Krankenkassen kein Schaden entstanden sei, da sie das Geld zu keinem Zeitpunkt zurückgefordert hätten. Ein Urteil wird am Donnerstag am Landgericht Mannheim erwartet.

Sendung am Mo., 21.10.2024 6:30 Uhr, Regionalnachrichten SWR Studio Mannheim

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