Winfried Kretschmann (Grüne) spricht beim Landesparteitag der Grünen.

Baden-Württemberg Kretschmann ist "verdammt froh, dass Cem es macht"

Stand: 08.12.2024 20:27 Uhr

Am zweiten Tag der Konferenz starten die Grünen in Reutlingen etwas verschlafen. Die Reden drehen sich um die Wirtschaftspolitik, Baden-Württemberg als Automobilland und Cem Özdemir.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) heimst den lautesten Applaus ein, wenn es nicht um ihn selber geht, sondern um Cem Özdemir. Seine Rede beschäftigt sich neben der Wirtschaftspolitik auch mit seinem eigenen politischen Erbe. Kretschmann betont mit einem selbstbewusst verschmitzten Lächeln: "Ich bin der erste grüne Ministerpräsident auf dem Planeten." Applaus in der Halle.

Der Ministerpräsident hat es schwer an diesem Sonntagmittag, bei den anwesenden Grünen-Mitgliedern wirklich Emotion hervorzulocken. Es wirkt, als müssten sich die Grünen selbst ein wenig erinnern, was sie eigentlich schon geschafft haben.

Kretschmann für Aussetzung von EU-Klimastrafen für Autobauer

"Ich habe nicht vor, zuzugucken"

Kretschmann kommt unausgesprochenen Zweifeln an seiner Person zuvor. Er werde in der Zeit bis zur voraussichtlichen Landtagswahl 2026 weiter Politik gestalten. "Ich habe nicht vor, zuzugucken. Ich habe vor zu regieren!", donnert er den Delegierten in Reutlingen entgegen. Das weckt die Delegierten auf. Lauter Applaus.

Kretschmann sagt, er sei überzeugt, dass Cem Özdemir der zweite grüne Ministerpräsident werden kann. "Ich bin verdammt froh, dass Cem es macht!" Cem ist allerdings am zweiten Tag der Grünen-Versammlung in Reutlingen gar nicht mehr da. Er hat am Vortag bei der Aufstellung der Liste zur Bundestagswahl gesprochen. Den Abwesenden lobt Kretschmann, Özdemir sei aus "echtem Ministerpräsidenten-Holz" geschnitzt. Er habe die nötige Erfahrung und wisse, wie man regiere. Er schwätze gerne mit den Leuten, weil er sie verstehen wolle, und er habe eine klare Haltung.

Kretschmann gegen Klima-Strafzahlungen für Autohersteller

Inhaltlich dreht sich Kretschmanns Rede viel um den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Den Autobauern drohen im kommenden Jahr milliardenschwere Klima-Strafzahlungen seitens der EU. Kretschmann erklärt, man könne den Unternehmen im Land keine Milliarden-Strafzahlungen aufbrummen, während andere Länder ihre Schlüsselindustrien massiv förderten.

Der Ministerpräsident spricht von "Kulturkämpfen über den Verbrennungsmotor". Er unterstützt seinen Parteifreund und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, dass sich dieser für die Aussetzung der Strafzahlungen einsetzen wolle.

Fremdeln zwischen Grüner Jugend und Grüner Partei

Tamara Stoll sorgt dann für einen Hallo-Wach-Moment auf dem Landesparteitag der Grünen. Die Landessprecherin der Grünen Jugend ist enttäuscht darüber, dass ihre Spitzenkandidatin für die Landesliste zur Bundestagswahl, Sarah Heim, es am Vortag nur auf Platz 23 geschafft hat. Sie kündigt an, dass es dazu parteiintern noch Gespräche geben werde.

Die eher links gelagerte Grüne Jugend fühlt sich von den "Realo-Grünen" in Baden-Württemberg nicht ernst genug genommen. Trotzdem signalisiert Stoll Unterstützung im kommenden Bundestagswahlkampf. Man werde gemeinsam an Türen klopfen und für die Grünen werben.

Auch die Unterstützung für Cem Özdemir ist auf Seiten der Grünen Jugend deutlich verhaltener. Das Kompliment, das man am häufigsten hört, ist: Mit Cem Özdemir hätten die Grünen halt die besten Chancen im Landtagswahlkampf 2026.

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