
Baden-Württemberg Wecken und Stürmen: So war der Schmotzige und die Weiberfasnet
Erst wurden die Leute mit Lärm aus dem Bett geholt, dann stürmten die Närrinnen und Narren die Rathäuser. Die Schulen waren geschlossen, und zum Frühstück gab's auch mal Erbsensuppe.
Närrinnen und Narren im Sturm - im Sturm auf die Rathäuser. So macht man das vielerorts in der Schwäbisch-Alemannischen Fasnet. Die Bürgermeister werden entmachtet und müssen den Rathausschlüssel aushändigen.
Die Michele aus Hartheim übernehmen Meßstetten
Vor langer Zeit gab es in Meßstetten-Hartheim (Zollernalbkreis) einen Maus-Michel. Ein Hartheimer Bürger, der Mausefallen verkaufte und viel Schabernack im Kopf hatte. Nach ihm ist die Narrenzunft benannt, die am späten Vormittag Richtung Rathaus zog und natürlich dem Schultes die Macht abnahm.
Kleine Narren stürmen das Rathaus von Teningen
In Teningen im Kreis Emmendingen ist Bürgermeister Heinz-Rudolf Hagenacker von kleinen Närrinnen und Narren abgesetzt worden. Zwei Kindergärten stürmten das Rathaus und übernahmen die Macht am Schmutzigen Donnerstag. Mit großen Getöse zogen die Kinder einmal durch das Rathaus, inklusive Polonaise im Ratssaal, in dem normalerweise der Gemeinderat tagt. Als Beweis dafür, dass der Bürgermeister "nicht geizig ist", gab es am Ende Süßigkeiten für die neuen Machthaber.

Kleine Narren in Ringelkostümen übernehmen die Macht im Teninger Rathaus (Kreis Emmendingen). Bürgermeister Heinz-Rudolf Hagenacker ergibt sich.
Der bis Aschermittwoch entmachtete Hagenacker zeigte sich erleichtert über den närrischen Kinder-Putsch. In einer ersten Stellungnahme kündigte er aber auch an, dass er in den nächsten fünf Tagen viel von den neuen Rathauschefs erwarte: "sanierte Finanzen und alles in Ordnung", so der Wunsch des Teninger Bürgermeisters.
Der Salm überschreitet Grenzen in Laufenburg
In Laufenburg hat die Städtlefastnacht mit der Salmanlandung begonnen. Die Fischerei hat eine lange Tradition auf beiden Seiten des Rheins. Der Laufenburger Lachs ist weit über die Landesgrenzen bekannt. Deshalb kommen die Narronen der Narro-Altfischerzunft Laufenburg auch aus zwei Ländern - aus dem badischen und dem Schweizerischen Laufenburg. Der Salm (altes Wort für Lachs) wird immer am Dritten Faissen auf deutscher Seite von der Tschättermusik der Narrenzunft empfangen und über die Laufenbrücke in einem Netz in die Schweiz getragen.
Rathaussturm der besonderen Art in Staufen
In Staufen (Breisgau-Hochschwarzwald) haben sich die Schelme etwas Besonderes einfallen lassen, um den Bürgermeister aus dem Rathaus zu holen. Sie erklärten die Fauststadt zum neuen Wintersportzentrum im Schwarzwald, sie ließen es schneien, servierten Schwarzwälder Kirsch und sie installierten sogar eine richtige Wintersport-Gondel. All das angeblich um Bürgermeister Michael Benitz zum Oberbürgermeister zu befördern – eigentlich wollten die Schelme ihn aber wohl nur noch einmal aus dem Rathaus locken, bevor er nach 24 Jahren eh geht. Am Ende tappte Benitz tatsächlich in die Falle und die Schelme übernahmen das Rathaus.
60 Narren bei Bachnabfahrt in Eberhardzell
In Eberhardzell (Kreis Biberach) haben Närrinnen und Narren am Donnerstagnachmittag an der traditionellen Bachnabfahrt teilgenommen. Etwa zehn Themen-Boote fuhren auf der Umlach in die Ortsmitte von Eberhardzell. Jedes Boot hatte ein eigenes, aktuelles Thema, wie etwa den Ärztemangel in der Region oder die Bankenfusionen.

Zehn Boote mit sechs Närrinnen und Narren fuhren am Donnerstagnachmittag bei der traditionellen Bachnabfahrt auf der Umlach durch Eberhardzell (Kreis Biberach).
Strohmann in Sigmaringendorf
Viel Roggenstroh wurde im Sommer in Sigmaringendorf (Kreis Sigmaringen) geschnitten. Extra mit der Sense, damit es schön lang bleibt. Einem jungen Mann wurde dieses Stroh am Schmotzigen eineinhalb Stunden lang an den Leib gebunden, von unten nach oben, und jetzt dürfte ihm ziemlich warm darunter sein. Der Strohmann der Ledigengesellschaft wurde durch den Ort getrieben. Man musste ihn allerdings dabei festhalten, weil das Stroh so schwer ist und das das Balancieren schwierig macht.

Sieht gewichtig aus und ist auch richtig schwer: das Stroh-Kostüm des Strohbären in Sigmaringendorf.
Überraschender Besuch im SWR-Studio
Und auch das gibt es: närrische Weiber kommen spontan ins SWR-Studio Tübingen und verbreiten gute Laune in den Studios und in der Redaktion. Na klar: schließlich ist am Schmotzigen die Weiberfasnet! Was zum Schlecken und zum Anstoßen haben sie da gelassen, bloß Krawatten konnten sie keine mehr abschneiden – keiner der Männer trägt eine. Der Stimmung hat das nicht geschadet, und die kleine Gruppe aus dem Ammertal ist munter weitergezogen.
Ohrenbetäubendes Narrenwecken in Konstanz
Trompeten, Trommeln, Rätschen und Sirenen - schon vor dem Morgengrauen waren viele Narren nicht zu überhören. In Konstanz waren rund 50 Narrenzünfte seit 5:30 Uhr unterwegs und haben die Menschen in der Altstadt und den Stadtteilen geweckt. Mehrere tausend Hästräger zogen durch die Gassen. Die Stadt Konstanz gilt als Fastnachtshochburg in der Region Bodensee-Oberschwaben ab dem "Schmotzigen Dunschtig". Und weil dieser Tag so wichtig ist, beginnt er nicht - wie anderswo in Deutschland - um 11:11 Uhr, sondern morgens in aller Frühe.
Hilbenschlecker jucken durch Frohnstetten
In Frohnstetten (Kreis Sigmaringen) wird der Teich im Ortskern "Hilb" genannt. Die Häs- und Maskenträger dort nennen sich deshalb die Hilbenschlecker. Seit 6 Uhr sind die Narren unterwegs. Kein leichter Tag also für Morgen- und Fasnetsmuffel in Frohnstetten. Doch die Frohnstetter seien tolerant, haben die Narren am Morgen der SWR-Reporterin erzählt.
Auch das Hilbenschlecker-Lied wird gesungen. Dass es schneit, stört keinen. Schließlich ist der Puls hoch, denn mit dem Wecken fängt einer der besten Fasnetstage an.
Schulkinder ziehen mit den Katzenröllis durch Tiengen
Besonders laut sind ja Rätschen und deshalb beim Narrenwecken beliebt. Auch in Tiengen (Kreis Waldshut) ging es um 6:00 Uhr mit den Katzenröllis los.
Die Tiengener Zunft war mit rund 150 Grundschulkindern in der Innenstadt. Die Kinder kamen mit Kochlöffeln, Tröten und Trommeln. Mittlerweile haben die Narren das Zepter für die nächsten fünf Tage in der Hand. Zur Stärkung wurde nach dem lautstarken Wecken Erbsensuppe verteilt, bevor am Vormittag die Kindergärten und Schulen in Tiengen gestürmt wurden.
Schülerbefreiung auch in Konstanz
Auch in Konstanz haben die Schülerinnen und Schüler keinen Unterricht mehr, die Narren haben unter anderem das Humboldtgymnasium befreit.
Prinzenhochzeit in Immenstaad
In Immenstaad (Bodenseekreis) fand am Schmotzigen Dunschtig traditionell die Prinzenhochzeit der Narrenzunft Hennenschlitter statt: Dabei wurde im Narrendorf auf dem Rathausplatz das Prinzenpaar vermählt. Anschließend führte ein kleiner Umzug mit den Hochzeitsgästen durch den Ortskern.

Die Fastnachtsprinzessinnen der Narrenzunft Hennenschlitter aus Immenstaad
Sendung am Do., 27.2.2025 9:30 Uhr, SWR4 BW Studio Friedrichshafen