Symbolbild: Essensausgabe in einer Schule. (Quelle: dpa/Jens Büttner)

Berlin Kein Essen geliefert: Berliner Schulen melden massive Probleme mit neuem Caterer

Stand: 05.09.2024 15:49 Uhr

Mehrere Schulen haben seit Beginn des neuen Schuljahres einen neuen Anbieter für die Versorgung mit Schulessen. Doch es hakt vielerorts - Essen wird teilweise zu spät geliefert, nicht ausreichend oder es fehlt gänzlich.

  • große Probleme mit Schulessen in Berlin nach den Ferien
  • teils wird Essen nicht ausgeliefert
  • im Sommer hatte ein neuer Caterer den Auftrag zur Belieferung der Schulen bekommen
  • Bezirke drohen mit rechtlichen Schritten

Mehrere Berliner Schulen haben zum Start des neuen Schuljahres massive Probleme mit dem Mittagessen gemeldet. Den rbb erreichten Beschwerden über das Cateringunternehmen "40 seconds": In vielen Fällen sei gar kein Essen oder nur ein Teil der Bestellung geliefert worden, in anderen Fällen habe die Qualität nicht gestimmt.
 
So teilten unter anderem das Primo-Levi-Gymnasium in Pankow, das Heinz-Berggruen-Gymnasium in Charlottenburg-Wilmersdorf und die Modersohn-Grundschule in Friedrichshain-Kreuzberg auf rbb-Nachfrage am Mittwoch mit, dass sie am Montag und Dienstag zu spät oder gar nicht beliefert wurden. Nach Angaben der Schulen soll es unter anderem Probleme mit der Kühlkette gegeben haben oder es habe Personal gefehlt.

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"Die Performance des Caterers ist inakzeptabel"

In Neukölln wurden laut Bezirksamt fünf Schulen gar nicht mit Essen beliefert, an anderen Schulen sei das Essen bis zu zwei Stunden zu spät gekommen, so dass keine Kinder mehr anwesend waren. "In weiteren Fällen fehlten hunderte Portionen", so eine Sprecherin, "und in einem Fall wurde das Essen durch die Schule nicht angenommen, da das Gemüse schimmelte". Zudem habe Personal gefehlt, sowie Technik und Reinigungsmaterial. Der Caterer habe bis Montag Zeit bekommen, die Probleme abzustellen, so die Sprecherin weiter, zudem prüfe man rechtliche Schritte "bis hin zur fristlosen Kündigung". Das Bezirksamt Reinickendorf teilte auf rbb-Nachfrage mit, dass sechs der neun durch "40 seconds" belieferten Grundschulen im Bezirk Beschwerden eingereicht hätten.
 
Auch in Spandau, wo "40 seconds" sechs Schulen beliefert, gab es zum Teil die selben gravierenden Probleme. "Rechnungen werden für nicht erfolgte Lieferungen nicht bezahlt", stellte eine Sprecherin des Bezirks Pankow klar. Auch hier wird bereits eine Kündigung des Vertrages mit "40 seconds" in Erwägung gezogen. Auch die Senatsverwaltung für Bildung teilte dem rbb mit, man nehme die Situation sehr ernst und prüfe die Vorwürfe. "Die derzeitige Performance des Caterers entspricht in vielen Fällen nicht den Verträgen und ist nicht akzeptabel", sagte der Schulstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Andy Hehmke, dem rbb.

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"Ich ging bereits vor den Ferien davon aus, dass diese Firma das neue Aufkommen nicht bewältigen kann", so der Schulleiter des Primo-Levi-Gymnasiums, Uwe Schramm. "Leider wurde meine Vermutung bestätigt." Das Unternehmen, das in Berlin neben dem Cateringbetrieb auch zwei Restaurants und eine Bar betreibt, hatte den Zuschlag für die Versorgung von 108 Schulen mit insgesamt rund 50.000 Schülerinnen und Schülern erhalten.
 
Die Grünen forderten den Senat auf, die Beschwerden mit Hilfe der Qualitätskontrolle für das Schulessen aufzuarbeiten. "Wenn Essen aktuell nicht geliefert wird, müssen die Schulen die Möglichkeit bekommen, den Kindern anderweitig Essen anzubieten, ohne dass dadurch Mehrkosten für die Schulen entstehen", so die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Silke Gebel.
 
Bildungsstaatssekretäre Torsten Kühne (CDU) kritisierte die Probleme als inakzeptabel. Er selbst werde am Freitag mit der Geschäftsführung sprechen, sagte Kühne im Bildungsausschuss des Abgeordnetenhauses am Donnerstag. Zudem sagte er den Bezirken für weitere Schritte rechtliche Unterstützung zu.
 
Probleme mit dem neuen Caterer habe es bereits zum Start des Auftrags am 1. August gegeben, diese seien aber von dem Unternehmen behoben worden. Das Unternehmen sei bereits im Cateringgeschäft tätig, so Kühne, auch an Schulen, und habe versichert, "massiv investiert" zu haben. "Insofern gehen wir davon aus, dass es Anlaufschwierigkeiten sind, die schnellstmöglich jetzt korrigiert werden müssen." Sollte dies nicht geschehen, so Kühne, könne das zur Kündigung des Vertrages führen.

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Auftragsvergabe erst während der Ferienzeit

Der Chef des Catering-Unternehmens, Thorsten Schermall, teilte in einer Stellungnahme auf der Webseite von "40 seconds" mit, dass der Zuschlag für die Essenslieferung vieler Schulen "erst während der Ferienzeit", erfolgt sei. Die späte Beauftragung sei auch darauf zurückzuführen, dass "einige Mitbewerber versucht haben, mit den gegebenen rechtlichen Möglichkeiten die finalen Vergaben herauszuzögern". Schermall warf den Konkurrenzunternehmen vor, die Auftragsvergabe damit absichtlich in die Länge gezogen zu haben. "Dadurch bedingt konnten wir erst kurzfristig reagieren." Auf eine rbb-Anfrage hat sich das Unternehmen bislang nicht gemeldet.
 
Staatssekretär Kühne bestärkte "40 seconds" in der Kritik. Die Vorgänger-Unternehmen hätten an einzelnen Standorten versucht, dem neuen Caterer "möglichst viele Steine in den Weg zu legen". So hätten einige Unternehmen ihren Auszug aus Schulen oder Kitas "bis zur letzten Sekunde rausgezögert", teilweise mehr Ausstattung mitgenommen als vereinbart und die Abwerbung von Personal behindert. Der Auftrag sei sehr lukrativ. "Es wird mit allen Mitteln gekämpft, mit juristischen aber auch mit nicht-juristischen."

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.09.2024, 13:20 Uhr