Hessen Stadtallendorf kein Einzelfall: Warum es bei der Feuerwehr immer wieder brennt
Das Feuer in Stadtallendorf ist nicht der erste Brand in einem Feuerwehrhaus in Hessen. Oft bricht das Feuer im Fahrzeug aus. Was die Städte dagegen tun - und warum Stockstadt auf Brandmelder in jedem Einsatzfahrzeug setzt.
Brennende Feuerwehr-Fahrzeuge, eine ganze Halle in Flammen: Das verheerende Feuer in Stadtallendorf (Marburg-Biedenkopf) in der vergangenen Woche hat eine Diskussion ausgelöst, wie gut die Brandschützer eigentlich selbst vor Bränden geschützt sind.
Ursache für den Brand mit Millionenschaden war ein technischer Defekt an einem der Feuerwehrfahrzeuge, das in der Halle geparkt war.
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Warum es bei der Feuerwehr brennen kann
Das Feuer in der Feuerwache in Stadtallendorf ist kein Einzellfall, immer wieder kommt es zu Zwischenfällen in Feuerwachen und -häusern. Die Gründe dafür sind vielfältig. In den Fahrzeugen etwa wird immer mehr Elektronik verbaut, bei der Brandbekämpfung kommen immer mehr Akkus zum Einsatz.
Neufahrzeuge sind bereits vorab mit allen nötigen elektronischen Geräten ausgestattet, ältere Feuerwehrautos werden häufig nachgerüstet. Hinzu kommt, dass Feuerwachen, Feuerwehrhäuser und Hallen oft keine Brandmeldeanlage haben. In Hessen sind diese Brandmeldeanlagen gesetzlich nicht vorgeschrieben.
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Einige Feuerwehrhäuser sind mit solchen Warnmeldeanlagen ausgestattet. Das hat eine Umfrage des hr bei den Berufsfeuerwehren und den Landkreisen gezeigt.
So viele Feuerwehren gibt es in Hessen
In Hessen gibt es sieben Berufsfeuerwehren - in Frankfurt, Wiesbaden, Kassel, Offenbach, Hanau, Gießen und Darmstadt. Daneben gibt es in den 21 hessischen Landkreisen mehr als 2.430 Orts- und Stadtteilfeuerwehren mit rund 80.000 ehrenamtlichen Einsatzkräften.
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Schwachpunkt: Feuerwehrhäuser
Die meisten Stützpunkte der Berufsfeuerwehren in Städten wie beispielsweise Kassel, Gießen und Offenbach verfügen über eine Brandmeldeanlage. In Hanau seien bereits zwei der insgesamt sieben Standorte mit einer Brandmeldeanlage ausgestattet, teilte die Stadt mit. Für die übrigen fünf habe man einen Einbau der Anlagen bereits vor dem Fall in Stadtallendorf geplant.
In Frankfurt verfügt ein Großteil der zwölf Feuer- und Rettungswachen über eine Brandmeldeanlage. Standorte ohne eine entsprechende Anlage würden im Zuge von Neu- und Umbauten ausgestattet, bestätigte ein Stadtsprecher.
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In Darmstadt gibt es derzeit nur im Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr Arheilgen eine flächendeckende Brandüberwachung. Laut Sprecher ist die Feuerwache der Berufsfeuerwehr teilweise überwacht, eine Erweiterung hat der Magistrat bereits beschlossen.
Auch kleinere Freiwillige Feuerwehren haben Brandwarnanlagen. So sind beispielsweise im Landkreis Darmstadt-Dieburg ein Drittel der 74 Standorte damit ausgestattet.
Im Hochtaunuskreis haben acht der insgesamt 65 Feuerwehren eine Brandmeldeanlage, andere werden mit Rauchwarnmeldern überwacht.
Im Kreis Groß-Gerau sind bereits rund 40 Prozent der Feuerwehrhäuser gesichert. "Wenn eine Kommune Interesse an ihren Gebäuden hat, dann baut sie eine Anlage ein", sagt der zuständige Kreisbrandinspektor Friedrich Schmidt.
Stadtallendorf "markanter Ausnahmefall"
Eine Brandmeldeanlage schütze nicht immer vor einem Schaden, sagt Erwin Baumann, Direktor der Landesfeuerwehrschule in Kassel. Zwar löse die Anlage bei Rauchentwicklung sofort aus, helfe aber bei einem Feuer in einem Fahrzeug wie in Stadtallendorf nicht unbedingt weiter.
Der Rauch breite sich zunächst im Auto aus, so Baumann. Irgendwann sei die Intensität so hoch, dass die Scheiben brechen und Rauch austritt. Den Brand in Stadtallendorf hält Baumann für einen "besonders markanten Ausnahmefall".
Brände und Beinahe-Brandereignisse in Feuerwehrhäusern
Doch die Stadt im Kreis Marburg-Biedenkopf steht nicht alleine da. In den vergangenen fünf Jahren ist es in verschiedenen Feuerwehrhäusern zu Bränden oder Beinahe-Brandereignissen gekommen - nicht nur in Fahrzeugen.
So hat es im Landkreis Darmstadt Dieburg erst im Oktober 2024 im Sozialtrakt des Feuerwehrgerätehauses in Ober-Ramstadt gebrannt, außerdem konnte zwei Monate davor ein Schmorbrand der Elektroumverteilung im Weiterstädter Feuerwehrgerätehaus verhindert werden.
Auch in Kassel hatte die Brandmeldeanlage in jüngster Vergangenheit zweimal ausgelöst, wie ein Sprecher der Stadt mitteilte. Die Gründe für den Alarm waren ein überhitzter Atemluftkompressor und eine leichte Verrauchung durch ein angeschmolzenes Kunststoffteil beim Schweißen.
Der hr hat alle sieben Städte mit Berufsfeuerwehren angefragt, dazu die 21 hessischen Landkreise. Nicht alle haben darauf geantwortet. Auch, weil nicht der Kreis, sondern Städte und Gemeinden für den Brandschutz zuständig sind. Dazu besteht keine Meldepflicht über Brandereignisse beim Kreis. Somit bildet dieser Beitrag lediglich eine Stichprobe ab und ist nicht repräsentativ.
Schwachpunkt: Einsatzfahrzeuge
Neben Bränden in Feuerwehrhäusern kommt es immer wieder zu Vorfällen in den Einsatzfahrzeugen. So war es 2016 in einem Löschgruppenfahrzeug im Odenwaldkreis zu einem Kabelbrand im Mannschaftsraum gekommen. Der Kreis hatte das Fahrzeug nach dem Vorfall ausgemustert.
Im Kreis Bergstraße war zuletzt 2017 im Birkenauer Ortsteil Löhrbach ein Einsatzfahrzeug in Flammen aufgegangen. Damals war auch das Feuerwehrhaus in Mitleidenschaft gezogen worden, wie eine Sprecherin mitteilte.
Das Gerätehaus der Feuerwehr Stadtallendorf ist komplett ausgebrannt.
Erst 2023 hatte in Riedstadt (Groß-Gerau) ein Feuerwehrauto gebrannt. Die Flammen hatten sich in der ganzen Halle ausgebreitet. Hier hatte eine automatische Brandmeldeanlage einen Alarm ausgelöst. "Sonst wäre es noch schlimmer geworden", so Kreisbrandinspektor Schmidt.
Damals hatte der Brand drei Fahrzeuge irreparabel zerstört, die Feuerwehr musste in ein Provisorium ziehen, bis die Fahrzeughalle instand gesetzt war. Der Sachschaden betrug damals rund 200.000 Euro.
In Landkreis Marburg-Biedenkopf ist es laut Kreissprecher vor dem verheerenden Brand an der erst 2023 fertiggestellten Feuerwache in Stadtallendorf bereits dreimal seit 1989 zu Einsätzen wegen eines technischen Defekts an Ladeerhaltungen oder Fahrzeugen gekommen.
Feuerwehrleute stehen in Riedstadt neben dem verbrannten Einsatzfahrzeug.
Im Landkreis Darmstadt-Dieburg hat es in dem Zeitraum vier Beinahe-Ereignisse im Bereich der Kfz-Technik gegeben, wie ein Sprecher mitteilte. Als Grund nannte er "vorwiegend technische Defekte im Bereich der Ladung von elektrischen Betriebsmitteln, sowie der Stromversorgung der Einsatzfahrzeuge durch Bord- und Zusatzbatterien".
Regelmäßige Prüfungen
Feuerwehrhäuser werden alle fünf Jahre durch den Technischen Prüfdienst Hessen (TPH) überprüft. Dabei schauen Prüferinnen und Prüfer nicht nur auf Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in den Hallen und Sozialräumen, sondern auch auf die Einsatzfahrzeuge.
Neben Zustand und Insassenschutz werden hier beispielsweise Generatoren, Stromerzeuger oder Ladebordwand gecheckt. Im Hinblick auf portable Technik wie Handlampen berät der TPH die Feuerwehren, gerade was die Lagerung und Ladung von Akkus betrifft.
Rauchmelder für Fahrzeuginnenräume
Wie kann verhindert werden, dass ein Brand im Fahrzeuginnenraum eine Kettenreaktion wie in Stadtallendorf auslöst? Die Freiwillige Feuerwehr in Stockstadt am Rhein (Groß-Gerau) sichert ihre Einsatzfahrzeuge.
Hier setzt man seit 2020 auf handelsübliche, funkvernetzte Rauchwarnmelder in Einsatzfahrzeugen. Diese sind über Funk mit der Gefahrenmeldeanlage vernetzt. Bricht in einem der in der Halle parkenden Fahrzeuge ein Brand aus, werden Einsatzkräfte über SMS und das System alarmiert.
Man habe sich bewusst für diese Lösung entschieden, erklärte der stellvertretende Gemeindebrandinspektor Jonas Hahn, um möglichst früh eine Ausbreitung wie in Stadtallendorf zu verhindern. Außerhalb des Feuerwehrhauses hätten Einsatzkräfte die Fahrzeuge im Blick, so Hahn.
Gefahrenmeldeanlage statt Brandwarnanlage
Im Gebäude in Stockstadt ist eine Gefahrenmeldeanlage mit Rauchmeldern verbaut. Diese habe die gleiche Funktion wie eine Brandmeldeanlage, erklärte der Gemeindebrandinspektor. Der Vorteil sei weniger Bürokratie - und im Vergleich geringe Kosten. Je nach Größe des Gebäudes benötige man lediglich 5.000 bis 8.000 Euro. In Zeiten knapper Kassen könne sich eine Kommune das eher leisten.
Über den Brand in Stadtallendorf will Hahn nicht urteilen. Doch der Fall zeige, wie wichtig es sei, über Brandschutz in Feuerwehrhäusern und -fahrzeugen nachzudenken, so Hahn. Die Feuerwehr sei eine kritische Infrastruktur, die man bestmöglich schützen müsse.
Er hofft, dass jetzt verstärkt über die Sicherheit in Feuerwehren neu diskutiert wird, ob nicht mindestens eine Gefahrenmeldeanlage verbaut werden muss - auch von gesetzlicher Seite. Das letzte Licht, das ausgehen sollte, sei bei Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, so Hahn. "Danach kommt keiner mehr."
Feuer in Stadtallendorf bei der Feuerwehr