Hessen Ironman: Patrick Lange peilt WM-Sieg im Wohnzimmer der Haie an
Patrick Lange will sich am Samstag auf Hawaii zum dritten Mal zum König der Triathleten küren. Doch bei der legendären Ironman WM in Kona warten starke Konkurrenten und gefährliche Raubtiere.
In den vergangenen Tagen herrschte dann doch so etwas wie Aufregung an der Küste von Hawaii. Immer mal wieder schaute ein kleines Dreieck aus dem Wasser des Pazifiks, das untrügliche Zeichen, dass unter der Oberfläche gerade ein Hai seinen Runden dreht. Das allein ist auf Hawaii nichts Außergewöhnliches, es wird aber genau dann zum Problem, wenn zeitgleich fast 3.000 Triathleten die Insel bevölkern – und natürlich täglich im Ozean schwimmen gehen. Ein beliebter Strand wurde deshalb vergangene Woche kurzzeitig gesperrt, Videoaufnahmen zeigen, wie ein Tigerhai im seichten Wasser nur fünf Meter von den Badegästen umherschwimmt. Und auch der eine oder andere Triathlet berichtet schon von Begegnungen.
Haie gehören zum Mythos Hawaii dazu
"Das ist eben die Natur", erzählt Patrick Lange – und der weiß, wovon er redet. Zweimal hat er die Ironman WM auf Hawaii schon gewonnen, am Samstag (18.25 Uhr) wird er zum insgesamt sechsten Mal an den Start gehen. Die erste Disziplin: Schwimmen im Pazifik. "Wir müssen uns immer bewusst sein, dass wir in das Wohnzimmer der Jungs und Mädels da unten steigen. Die wissen sofort, wo wir sind."
Eine wirkliche Gefahr erwartet aber niemand, schließlich ist es den Haien am Renntag zu viel Trubel, doch unter dem Strich ist es genau das, was den Ironman auf der Pazifikinsel so einzigartig macht: diese Verbindung zwischen Mensch und Natur, zwischen unermüdlichem Willen und unzähmbaren Bedingungen. Daraus speist sich der Mythos. "Die Insel ist so energiegeladen", sagt Lange.
Lange ist bereit für den dritten Titel
Die Ausgangslage für ihn ist ebenso bekannt wie gnadenlos: 3,86 Kilometer Schwimmen im welligen Pazifik, 180 Kilometer auf dem Rad durch die windige Lavawüste und zum Abschluss noch ein Marathon bei subtropischen Temperaturen. Wer sich hier zum Weltmeister krönen möchte, der muss einen perfekten Tag erwischen. Lange, der im nordhessischen Bad Wildungen geboren ist und mittlerweile in Salzburg wohnt, hat sich ganz klar seinen dritten Titel nach 2017 und 2018 zum Ziel gesetzt. "Ich glaube sehr daran", sagt Lange, und das sei bei diesem speziellen Wettkampf, bei dem die mentale Leistung eine übergroße Rolle spielt, "schon mal die halbe Miete".
Die Vorzeichen stehen allerdings nicht unbedingt gut für den 38-Jährigen. Lange hat eine durchwachsene Saison erwischt, auf seinen Sieg beim Ironman in Texas folgten im Sommer zwei Heimrennen zum Vergessen. Bei der Challenge in Roth bekam Lange beim Schwimmen einen Schlag auf die Rippen und musste später von starken Schmerzen geplagt aufgeben. Wenige Wochen später versiebte er bei der EM in Frankfurt erneut das Schwimmen, quälte sich anschließend durch den Rest der Strecke.
"Solche Tage muss man analysieren", erklärt Lange. "Das habe ich getan und für mich war die Lösung darin gefunden, dass ich einen großen Schritt getan habe." Er wechselte den Trainer. Statt Björn Geesmann, der ihn fünf Jahre lang betreute, steht ihm nun Ben Reszel zur Seite. Der Trainingsaufbau habe sich geändert, sei nun "viel spezifischer" geworden. "Ich bin gespannt, ob sich das gleich im ersten Rennen auszahlt."
Die Konkurrenz ist groß
Was die Sache mit dem Sieg erschwert, ist die vielleicht stärkste Konkurrenz, die es jemals bei einer Ironman WM gegeben hat. Mindestens eine Handvoll Athleten kommen für den Titel in Frage, wenn nicht sogar mehr. "Das wird das spannendste Rennen, das Hawaii je erlebt hat", ist sich Lange sicher. Sein Favorit: der Norweger Kristian Blummenfelt, der zuletzt in Frankfurt überraschend stark auftrumpfte. Aber auch die mächtigen Radfahrer wie Weltmeister Sam Laidlow aus Frankreich und den Dänen Magnus Ditlev hat Lange im Blick. Zehn Minuten dürfe er auf das Duo nach Schwimmen und Radfahren verlieren, dann könnte Langes Laufstärke ihn beim Marathon noch ganz nach vorne spülen. So der Plan.
Vielleicht kommt ihm ja seine Erfahrung zugute. Mit 38 Jahren ist der amtierende Vizeweltmeister mittlerweile der Routinier im Feld der Sieganwärter, aber deswegen soll noch lange nicht Schluss sein. Weil der Veranstalter die WM neuerdings zwischen Hawaii und dem französischen Nizza rotieren lässt, hält der Tross erst in zwei Jahren wieder im Pazifik. Lange sagt: "Ich möchte definitiv noch einmal zurück auf die Insel. Wenn der zwei Jahres Rhythmus bestehen bleibt, gehe ich davon aus, dass 2026 mein letztes Rennen auf Hawaii sein wird."
Das ist natürlich noch die ferne Zukunft. Nun steht erstmal der Wettkampf am Samstag vor der Tür, für den Lange zwei Wünsche hat. Zum einen natürlich den Sieg und zum anderen nette Begleiter beim Schwimmen. "Es ist schon vorgekommen, dass Delfine nebenher geschwommen sind", erzählt Lange. "Das wäre natürlich ein Traum. Denn wenn Delfine am Start sind, sind in der Regel Haie weit weg."