Hessen Pro-Palästina-Demo in Kassel: Aktivisten skandieren umstrittene Parolen
Dass pro-palästinensische Aktivisten in Kassel mit dem Wort "Intifada" zu einer Kundgebung aufgerufen hatten, sorgte für Empörung. Letztlich ist die Demo friedlich verlaufen. Teilnehmer skandierten allerdings umstrittene Parolen.
Die umstrittene Pro-Palästina-Demo auf dem Campus der Uni Kassel ist am Donnerstag nach Polizeiangaben friedlich abgelaufen. Demnach nahmen rund 200 Aktivistinnen und Aktivisten teil. Auch 65 Gegendemonstrantinnen und -demonstranten versammelten sich auf dem Gelände.
Zusammenstöße oder größere Zwischenfälle gab es laut Polizei nicht. Allerdings wurden umstrittene Parolen gerufen. Das Yousef-Shaban-Bündnis veranstaltete die Demo.
Damit wollte die Gruppe unter anderem an den Kasseler Studenten Yousef Shaban erinnern, der am 24. Oktober 2023 in Gaza ums Leben gekommen war. "Er war mehr als nur eine Zahl in einer Statistik", teilte das Bündnis am Donnerstag mit: "Er war ein Sohn, ein Vater, Ehemann, ein Freund und ein Kommilitone."
Parolen gleich zum Start
Kurz nach Beginn der Demo riefen Sprecher die Parole "From the river to the sea, Palestine will be free" ins Mikrofon (übersetzt: "Vom Fluss bis zum Meer, Palästina wird frei sein"). Teilnehmer wiederholten sie.
Die Parole wird immer wieder bei Pro-Palästina-Demos skandiert. Für die einen spricht die Parole Israel das Existenzrecht ab, für die anderen ist es eine freie Meinungsäußerung. Ob sie strafbar ist, kommt nach bisheriger Rechtsprechung auf den Kontext an. Im Fall der Kasseler Demo vom Donnerstag sah die zuständige Staatsanwaltschaft keine strafrechtliche Relevanz.
Auch "Yallah, Yallah, Intifada" wurde bei der Pro-Palästina-Demo auf dem Kasseler Campus sowohl von Rednern als auch von Teilnehmern gerufen. Das Wort Intifada hatte im Zusammenhang mit der Demo schon vorab für Wirbel gesorgt.
Wirbel nach Ankündigung
Die Ankündigung der Zusammenkunft auf Instagram hatte das studentische Yousef-Shaban-Bündnis mit einem Foto verknüpft, das das Wort Intifada auf eine Hörsaal-Tafel geschrieben zeigte. Mittlerweile ist der Post gelöscht.
Kririk kam daraufhin aus der Landesregierung: Innenminister Roman Poseck (CDU) forderte ein weitergehendes Handeln der Uni-Leitung. Kunstminister Timon Gremmels (SPD) sagte der Zeitung HNA, der Begriff Intifada stehe "für puren Israelhass und ist mit unserer demokratischen und freiheitlichen Grundordnung unvereinbar".
Intifada bedeutet im Arabischen zunächst Aufstand/Erhebung, steht aber kontextuell auch für gezielte (Terror-)Angriffe auf Israelis.
Der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker (CDU) teilte mit Blick auf die Demo mit, das Bündnis Yousef Shaban sei zuvor mit der öffentlichen Relativierung und Verherrlichung antisemitischen Terrors und der Relativierung der NS-Verbrechen auf ihren Kundgebungen sowie mit der aggressiven Einschüchterung politischer Gegner aufgefallen. Der Protest in Kassel missbrauche den Tod eines jungen Mannes, um extremistische Positionen zu verbreiten.
Die Kasseler Uni-Leitung ermahnte vor der Veranstaltung die Teilnehmer. "Wir fordern die Demonstrierenden nachdrücklich auf, ihre Positionen friedlich und im Respekt vor Andersdenkenden deutlich zu machen", sagte Uni-Präsidentin Ute Clement am Donnerstagvormittag.
Uni betont Meinungsfreiheit
Die Uni Kassel betonte zugleich, sie sei für Verbote oder Auflagen bezüglich der Demo nicht zuständig, weil das Campusgelände juristisch als öffentlicher Raum bewertet werde. Somit sei das Ordnungsamt der Stadt zuständig. Dieses habe keinen Anlass gesehen, die Kundgebung zu untersagen.
"Die Hochschulleitung akzeptiert das Recht auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung in Form friedlicher Proteste", teilte die Uni mit. Alle Universitätsmitglieder sollten sich allerdings auf dem Campus sicher fühlen.
Bündnis sieht sich "Hetze" ausgesetzt
Das Yousef-Shaban-Bündnis wehrte sich am Donnerstag gegen die öffentliche Kritik. "Was als respektvoller Akt des Gedenkens geplant ist, wird auf beschämende Weise von politischer Hetze überschattet", teilten die Veranstalter mit.
"Einzelne Handlungen von unbekannten Personen" seien aufgegriffen und dazu genutzt worden, "die gesamte Gedenkveranstaltung irreführend als extremistisch darzustellen", hieß es in dem Statement weiter.
Veranstaltung im vergangenen Jahr abgebrochen
Bereits vor einem Jahr gab es eine Gedenkveranstaltung für Shaban. Diese brach Uni-Präsidentin Clement ab, weil es aus ihrer Sicht "zu einer politischen Kundgebung gekommen war".