Ein Waschbär zieht durch einen Garten. (Themenbild)

Niedersachsen Waschbären werden zur Plage - Spezialteam stellt jetzt Fallen auf

Stand: 13.09.2024 21:09 Uhr

Der Landkreis Northeim hat mit einer wachsenden Waschbären-Population zu kämpfen. Ein neu gebildetes Spezialteam der Jägerschaft Northeim setzt nun auf Fallen, um die Verbreitung einzudämmen.

Von Doretta Farnbacher

Im Landkreis Northeim gibt es immer mehr Waschbären, die zunehmend für Probleme sorgen. Die Tiere dringen in Gärten ein, durchwühlen Mülltonnen, hinterlassen erhebliche Schäden an Hauswänden. Besonders betroffen sind Haus- und Gartenbesitzer, deren Grundstücke in der Nähe von Wäldern oder Grünflächen liegen - wie etwa am Sultmer, am Wieter und rund um die Wallanlagen in Northeim. "Wir bekommen immer mehr Anfragen von Menschen, die über Waschbärenschäden in Haus und Garten berichten", sagt Ralf-Günter Rahnert, Vorsitzender der Jägerschaft Northeim. Allein im Jagdjahr 2023/2024 wurden von der Jägerschaft Northeim 658 Waschbären erlegt, im gesamten Landkreis waren es sogar 1.793 Tiere. Damit zählt der Landkreis Northeim zu den Regionen mit der höchsten Jagdstrecke in Niedersachsen, nur Göttingen liegt mit 2.661 erlegten Tieren noch darüber.

Teich leer, Fassaden beschädigt: Waschbären werden zur Plage

Das Problem: Bei der Suche nach Futter oder einem Schlafplatz richten die Tiere große Schäden an. Sie zerstören Hauswände und Dächer, verwüsten Gartenlauben, fischen sogar ganze Gartenteiche leer. So auch bei Marius Honroth: Mithilfe einer Nachtsichtkamera konnte er mehrfach festhalten, wie Waschbären die Fische aus seinem Teich fangen. "Sie schwimmen sogar durch den Teich, um an die Fische zu gelangen", berichtet er. Durch die Waschbären sei die Population seiner Goldfische, Goldorfen und Kois in den vergangenen Wochen deutlich zurückgegangen. Zudem würde die Familie nachts immer wieder vom Lärm der Tiere geweckt werden.

Zwei Waschbären wurden von einer Nachkamera fotografiert.

Waschbären richten in Gärten und an Häusern große Schäden an.

"Einsatzgruppe Waschbär" soll helfen

Um den Betroffenen zu helfen, hat die Jägerschaft Northeim nun die "Einsatzgruppe Waschbär" ins Leben gerufen. "Die Gruppe besteht aus zwei Koordinatoren, sechs Einsatzleitern und rund 30 Jägern", so Rahnert. Ihre erste Maßnahme: eine Hotline, über die Haus- und Gartenbesitzer Schäden melden können. In den vergangenen Wochen seien hierüber zahlreiche Beschwerden eingegangen, heißt es. Ein Bedarf, den die Jägerschaft kaum stemmen könne. Eingreifen kann das Team vorerst nur bei besonders schweren Fällen. Bei diesen stellt die Gruppe speziell konzipierte Lebendfallen auf. Diese sollen die Waschbären anlocken und einfangen, bei anderen Tieren wie Igeln oder Katzen allerdings nicht auslösen.

Armin Komander, Koordinator des Jagdteams (links) und Ralf-Günter Rahnert, Vorsitzender der Jägerschaft Northeim (rechts), stellen eine Falle gegen Waschbären auf.

Die "Einsatzgruppe Waschbär" stellt Fallen auf, die Waschbären anlocken sollen.

Per App informiert: Waschbären-Jagd mit modernster Technik

Die insgesamt sechs Fallen wurden vom Landkreis Northeim finanziert und werden wechselweise bei Betroffenen aufgestellt. Jede Falle verfügt über einen Magnetauslöser - und ist über eine App mit den Mobiltelefonen der Einsatzgruppe verbunden. Sobald ein Waschbär in die Falle geht, wird das Team benachrichtigt und kann schnell handeln. Trotzdem muss jede Falle täglich vor Ort kontrolliert werden - so schreibt es das Tierschutzgesetz vor. Ein großer Aufwand, den die Mitglieder der Einsatzgruppe ehrenamtlich betreiben.

Eine App, die das Auslösen von Waschbären-Fallen meldet.

Die App meldet das Auslösen von Waschbären-Fallen.

Strenge Vorgaben für die Jagd von Waschbären

Tappt ein Waschbär in eine Falle, wird er von den Mitgliedern der Einsatzgruppe abgeholt und tiergerecht erlegt. Da das Abgeben von Schüssen in Wohngebieten verboten ist, werden die Tiere im Wald erschossen. Der Fang und das Erlegen der Waschbären erfolgt dabei den Angaben zufolge streng nach gesetzlichen Vorgaben und unter Berücksichtigung des Tier- und Artenschutzes.

Balanceakt zwischen Artenschutz und Jagdrecht

Waschbären gelten als invasive Art - ihre Population steht deshalb besonders im Blick der Naturschützer. Denn die Tiere bedrohen die heimische Tierwelt, sie plündern Vogelnester, greifen Amphibien-Bestände an und gefährden so die lokale Artenvielfalt. Trotzdem muss die Jagd auf Waschbären sorgsam und verantwortungsvoll durchgeführt werden. Besonders wichtig sei die Berücksichtigung der Brut- und Setzzeit, so Armin Komander, Koordinator des Jagdteams: "Wir müssen sicherstellen, dass keine Muttertiere mit Jungen getötet werden, um zu vermeiden, dass die Jungtiere verhungern". Eine Jagd sei deshalb nur bis Ende März möglich, dann beginne die Schonzeit.

Waschbären finden in Deutschland optimale Lebensbedingungen

Langfristig wird im Landkreis Northeim mit einem weiteren Anstieg der Waschbären-Population gerechnet. "Bereits heute gibt es in naturnahen Gebieten bis zu sechs Waschbären pro Quadratkilometer, in städtischen Bereichen bis zu 100. Und jedes Jahr wird die Zahl größer", so Komander. In Deutschland würden die Tiere optimale Lebensbedingungen vorfinden. Natürliche Feinde gebe es nicht, dafür aber reichlich Nahrung und Schutzraum. Besonders in struktur- und gewässerreichen Gebieten könnten sich die Waschbären daher schnell vermehren. 

Waschbären als langfristige Herausforderung

Um eine stetige Verschlimmerung der Lage zu verhindern, sei eine Jagd unumgänglich. "Es ist wichtig, dass wir jetzt handeln", so Rahnert. Dabei könne jeder Bewohner helfen. "Keine Nahrung im Freien liegen lassen, Müll stets wegräumen, Gartenteiche abdecken und Regenrinnen ummanteln."  Auch das Auslegen von scharfen Gewürzen, ätherischen Ölen oder Hundehaaren könne dabei helfen, die Waschbären fernzuhalten.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 13.09.2024 | 19:30 Uhr