Sachsen-Anhalt Intel auf Eis: Magdeburg will mehr einbezogen werden
Intel will seine Chipfabrik in Magdeburg erst in zwei Jahren bauen. Ob das auch so kommt, weiß niemand genau. Für die Stadt Magdeburg liegt damit auch das größte Wirtschaftsprojekt ihrer Geschichte halb auf Eis – denn um die Chipfabrik sind weitere Ansiedlungen geplant. In einer aktuellen Stadtratsdebatte wurde klar: Vertrauen und Misstrauen spalten die Stadtvertreter. Oberbürgermeisterin Borris fordert, in jedem Fall mehr mitreden zu wollen.
Nach dem angekündigten Bau-Verzug für Intels Chipfabrik in Magdeburg gibt sich die Landeshauptstadt kämpferisch. In der Stadtratssitzung am Donnerstag sagte Oberbürgermeisterin Simone Borris, sie erwarte, dass Magdeburg bei den nächsten Schritten mit einbezogen werde. Das habe sie auch Ministerpräsident Haseloff gegenüber klargemacht. "Ich werde mir auch nicht gefallen lassen, dass man uns bei der Diskussion außen vor lassen möchte", so Borris wörtlich.
Meine Erwartung ist, und das habe ich dem Land gegenüber, dem Ministerpräsidenten, auch erklärt, dass wir als Stadt nach wie vor im Diskussionsprozess eine Rolle zu spielen haben. Simone Borris, Oberbürgermeisterin Magdeburgs (parteilos) |
Stadtrat gespalten beim Thema Hightec-Ansiedlung
Das Thema war auf Antrag der größten Stadtratsfraktion, der CDU/FDP, auf die Tagesordnung gesetzt worden – genau einen Monat nach Bekanntwerden der Pläne des kriselnden Chipkonzerns, der zunächst auf den heimatlichen US-Markt setzen will.
- CDU/FDP-Fraktionsvorsitzender Tim Rohne warnte in der Debatte davor, naiv zu sein. "Die Entscheidung Intels zur Verschiebung der Baumaßnahme kann natürlich in einem oder in zwei Jahren auch zu einer Absage führen." Das müsse jedem klar sein.
- Wenig optimistisch gab sich auch Ronny Kumpf von der AfD-Fraktion. Magdeburg sei im Fall Intel nie ein eigenständiger Player gewesen, so Kumpf. "Wir waren, sind und werden ein Spielball von Entscheidungen sein, die wir nicht treffen können."
- Aus Sicht der Fraktion SPD/Tierschutzallianz/Volt hat sich Magdeburgs Verwaltung aber als verlässlicher Partner von Intel erwiesen. Vorsitzender Wiebe forderte diese Verlässlichkeit nun auch von Intel. "Eine andauernde Hinhaltetaktik darf es nicht geben", so Wiebe.
- Madeleine Linke, Fraktionsvorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – future! Magdeburg, sprach von einer Atempause im Intel-Planungsprozess: "Dieser Aufschub ist auch eine Chance, unsere Stadt und unser Umland bestmöglich auf dieses Projekt vorzubereiten."
- "Es ist Zeit zu reagieren", forderte hingegen Stadtrat Noah Biswanger von der Fraktion Die Linke. Die weitere Erschließung des Eulenbergs durch Gewerbe, Logistik ausgenommen, sei wichtig – denn die Investitionskosten entstünden der Stadt ohnehin.
- Aus Sicht von Stephan Papenbreer von der Fraktion Tierschutzpartei bleibt Magdeburg interessant für Investoren. "350 Hektar zusammenhängende unverbaute Fläche mit perfekten Anbindungen und einem Frachthafen in der Nähe sind in ganz Europa eine Seltenheit", erklärte er.
- Dass Magdeburg beim verkauften Intel-Grundstück kein Mitspracherecht mehr habe, darauf verwies Roland Zander, Fraktionsvorsitzender der Fraktion Gartenpartei. Er konstatierte aber der Stadt: "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht."
Haben die Intel-Pläne für Magdeburg eine Zukunft? – Nicht alle glauben daran.
Intel gibt sich zwei Jahre Zeit
Mitte September, kurz vor dem erwarteten ersten Spatenstich für die geplante Chipfabrik, hatte Intel einen Stopp seiner Investitionen in Magdeburg sowie für das polnische Schwesterwerk verkündet. Konzernchef Pat Gelsinger stellte aber eine Verschiebung des 30 Milliarden teuren Werks in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt von rund zwei Jahren in Aussicht. Die Bundesregierung hatte für diese Ansiedlung 9,9 Milliarden Euro staatliche Hilfen in Aussicht gestellt. Sachsen-Anhalts Landespolitik ist optimistisch, dass sich der auf dem Halbleitermarkt zuletzt ins Hintertreffen geratene Konzern wieder fängt und seine Pläne später umsetzt. Um das von Intel erworbene Gelände im Süden Magdeburgs waren weitere Ansiedlungsflächen für Zulieferfirmen oder anderes Gewerbe geschaffen worden.
MDR (André Plaul)