Sachsen-Anhalt Bezahlkarte für Asylbewerber: Scharfe Kritik an der Umsetzung
In Sachsen-Anhalt wird die Bezahlkarte für Geflüchtete bald flächendeckend zum Einsatz kommen. Seit Dienstag sollen fast 10.000 Stück an die Kreise und Städte ausgeliefert werden. Im Anschluss werden die Bezahlkarten in Kürze an Asylbewerber verteilt. Das Ziel laut Innenministerium: unerlaubte Migration reduzieren. Doch an der Umsetzung gibt es Kritik.
- Die Bezahlkarten für Asylbewerber werden nun an die Kommunen in Sachsen-Anhalt verschickt.
- Noch diesen Monat sollen die Karten an Asylbewerber ausgegeben werden.
- Innenministerin Tamara Zieschang sieht in der Bezahlkarte ein wichtiges Instrument, um "irreguläre Migration zu reduzieren".
In Sachsen-Anhalt wird seit Dienstag die Bezahlkarte für Asylbewerber flächendeckend eingeführt. Zunächst würden die Karten nun an die Landkreise und kreisfreien Städte verschickt, teilte das Innenministerium auf Nachfrage mit. Diese hätten vorerst 9.450 Bezahlkarten beim Dienstleister Secupay bestellt. Darüber hatte zunächst die Volksstimme (€) berichtet.
Die Ausgabe an Leistungs-Berechtigte solle noch im November starten. Die Umstellung auf die Bezahlkarte werde allerdings erst nach und nach erfolgen und könne einige Monate in Anspruch nehmen, heißt es.
Zieschang: "Deutliche Absage an Schleuser und Schlepper"
Mit dem Bezahlkarten-System würden bisherige Geldleistungen weitgehend ersetzt. Die monatlichen, staatlichen Zahlungen an Asylbewerber sollen stattdessen künftig als Guthaben auf eine Karte mit Debit-Funktion aufgeladen werden. Mit dieser können die Geflüchteten elektronisch in Geschäften und bei Dienstleistern bezahlen.
Überweisungen ins Ausland und Online-Zahlungen seien ausgeschlossen. Bargeld können die Leistungs-Berechtigten nur noch bis zu einer Höhe von 50 Euro mit der Karte abheben. "Dies ist eine deutliche Absage an Schleuser und Schlepper. Die Bezahlkarte ist ein Baustein neben anderen, um irreguläre Migration zu reduzieren", so Innenministerin Tamara Zieschang (CDU).
Alleinstehene Asylbewerber haben derzeit Anspruch auf insgesamt 460 Euro im Monat, zum 1. Januar 2025 sinkt der Wert auf 441 Euro pro Monat. In Erstaufnahmeeinrichtungen erhalten Geflüchtete davon derzeit höchstens 204 Euro als "Taschengeld". Hinzu kommen Sonderleistungen bei Krankheit oder Schwangerschaft. Asylbewerber erhalten damit rund 18 Prozent weniger Sozialhilfe als Deutsche und Flüchtlinge aus der Ukraine. Sobald sie als Geflüchtete anerkannt werden, erhalten die Betroffenen das volle Bürgergeld, wenn sie bedürftig sind. Dazu kommen bei einer Wohnung Hilfen für Miete und Heizung sowie eine eingeschränkte Krankenversorgung.
Kritik: Bezahlkarte sei diskriminierend
Kritiker halten die Bezahlkarte dagegen für diskriminierend und verweisen auf zusätzliche Verwaltungskosten zu Lasten der Kommunen und Steuerzahler – statt das Geld in Integration zu stecken.
Die Sprecherin des Flüchtlingsrats Sachsen-Anhalt, Martina Fuchs, erklärte: "Die Ressourcen, die für diese Schikane aufgewendet werden müssen, wären viel besser in sozialpolitischen Maßnahmen angelegt." Eine Bezahlkarte könne sinnvoll sein – wenn sie diskriminierungsfrei und ohne Einschränkungen umgesetzt werde. Die einfachste Lösung wäre eine normale Girokarte, so Fuchs.
Flüchtlingsrat ruft zu Tauschbörsen auf – Zieschang verärgert
Auf seiner Website ruft der Verein mit einer Anleitung dazu auf, Umtauschbörsen zu initiieren. Betroffene sollten mit der Bezahlkarte Gutscheine in Lebensmittelläden kaufen und im Anschluss mit anderen Menschen den Geldwert gegen Bargeld tauschen können, heißt es dort.
Innenministerin Tamara Zieschang sagte dazu am Mittwoch, sie finde die Pressemitteilung des Flüchtlingsrates befremdlich. Mit Blick auf solche Umtauschbörsen betonte die CDU-Politikerin: "Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung und auch der Landtag von Sachsen-Anhalt keine Projekte unterstützt, die womöglich in diese Richtung gehen."
Innenministerin Tamara Zieschang
Wie der Flüchtlingsrat bei Projekten vom Land gefördert wird
Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt wird nach Angaben von Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) an drei Stellen projektbezogen gefördert. Der Verein fordere nicht zu einer Straftat oder zu einem rechtswidrigen Handeln auf, sagte die SPD-Politikerin. Einen Bezug zu Fördermitteln herzustellen, nur weil der Umgang mit der Bezahlkarte nicht passe, sei falsch, so Grimm-Benne.
dpa, MDR (Daniel Salpius, Marius Rudolph, Kalina Bunk)