Sachsen-Anhalt Landtag diskutiert über Rückkauf des KZ-Stollens Langenstein-Zwieberge
Der mögliche Rückkauf einer Bunkeranlage im Landkreis Harz könnte für das Land teuer werden. Seit Donnerstag ist öffentlich: Der Kaufpreis soll acht Millionen Euro betragen. Grund für Pläne, das ehemalige KZ Langenstein-Zwieberge zurückzukaufen, ist Kritik an den Plänen des jetzigen Besitzers.
Abgeordnete des Landtages von Sachsen-Anhalt haben sich am Donnerstag mit dem früheren Konzentrationslager Langenstein-Zwieberge beschäftigt. Im Petitionsausschuss ging es konkret um die Zukunft der Stollenanlage im Landkreis Harz. Dabei wurde bekannt, dass Investor Peter Jugl acht Millionen Euro als Verkaufspreis für die Anlage verlangt.
Zuletzt hatte er im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT den konkreten Kaufpreis nicht nennen wollen. Die geschätzte Kaufsumme für die Stollenanlage liegt nach Informationen des Fördervereins, der Gedenkstätte und der Landesregierung jedoch nur zwischen 1,3 und 2,5 Millionen Euro.
Unterschriften für Erhalt der Gedenkstätte
Eine Sammelpetition mit 1.086 Unterschriften macht sich dafür stark, die Gedenkstätte in öffentlicher Hand zu erhalten. Besucher sollten demnach auch einen freien Zugang haben. Die menschenverachtende Zwangsarbeit im ehemaligen KZ-Außenlager Langenstein-Zwieberge müsse sichtbarer gemacht werden, so die Unterzeichner der Petition.
KZ Langenstein-Zwieberge: Mehr als 2.000 Menschen getötet
Mehr als 2.000 Menschen starben im KZ Langenstein-Zwieberge, einem Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald. Das Areal wurde von den Nazis für den unterirdischen Flugzeugbau errichtet. 7.000 Juden, Widerstandskämpfer und politisch Verfolgte wurden hier zur Arbeit gezwungen. Bereits zu DDR-Zeiten wurde das Gelände umfangreich umgebaut und als unterirdisches Lager der NVA – Nationalen Volksarmee – genutzt. 120 Meter des 13 Kilometer großen Stollens sind für den heutigen Förderverein und die Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge zugänglich. Überlebende forderten bereits in einer Petition 2018, dass dieser Bereich als "Kreis der Erinnerung" der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte. Wie viel dieser Ausbau kosten würde, ist unklar.
Dafür schlagen sie vor, den Rundgang in den Stollen zu erweitern. Von der Landesregierung erwarten sie ein klares Bekenntnis, die Gedenkstätte zu erhalten. Außerdem fordern sie das Land auf, die Gedenkarbeit finanziell zu unterstützen.
Der Investor will im Stollen des Lagers Luxuswohnungen errichten. Im Bild: Gedenkstättenleiter Gero Fedtke
Hanka Rosenkranz vom Förderverein Langenstein-Zwieberge äußerte sich enttäuscht über die bisher fehlenden Fortschritte. "Verhandlungstechnisch sind wir sogar einen Schritt zurückgegangen“, sagte sie MDR SACHSEN-ANHALT. Besonders problematisch sei, dass es bisher keine vertragliche Garantie für die tägliche Nutzung der Stollen für die Gedenkarbeit gebe.
Der Investor hatte gegenüber der Gedenkstätte angekündigt, künftig den Zugang über einen kostenpflichtigen Vertrag möglich zu machen. Rosenkranz betonte, dass die Stollenanlage in öffentlicher Hand bleiben müsse, um die historische Arbeit fortzuführen. "Der Stollen ist das Herzstück der Gedenkstätte und wird für die pädagogische Arbeit gebraucht“, so Rosenkranz.
Kritik an Investor Jugl und seinem Projekt
Der Investor Peter Jugl plant demnach, die Stollenanlage in ein Luxusprojekt für Superreiche zu verwandeln, mit unterirdischen Krankenstationen, Restaurants, Einkaufszentren und Luxusappartements. Kritiker erklärten, dass damit die historische Bedeutung des Ortes in den Hintergrund gedrängt werde. Für Unverständnis sorgte vor allem die Aussage des Investors, "kein KZ gekauft“ zu haben und damit Stollen und Lager zu trennen.
Für Rosenkranz zeigt dies, dass Jugl die Geschichte des Ortes nicht verstehe. "Es macht mich sprachlos und wütend, wenn ich sehe, dass mit einem Ort, an dem unsägliches Leid geschehen ist, so zynisch umgegangen wird“, erklärte sie.
Verantwortung des Landes
Vor dem Hintergrund der geforderten acht Millionen Euro wächst der Druck auf die Landesregierung, die Verantwortung für den Erhalt der Gedenkstätte zu übernehmen. "Das Land hat in den letzten 30 Jahren mehrfach die Chance verpasst, den Stollen zu übernehmen“, kritisierte Rosenkranz. Sie fordert, dass die Landesregierung alle Möglichkeiten prüft, um den Stollen zurückzukaufen und damit die Gedenkarbeit zu sichern. "Es muss ein Schlussstrich gezogen werden. Der Stollen gehört in öffentliche Hand“.
MDR (Lars Frohmüller, Katharina Gebauer, Norma Düsekow)