Sachsen-Anhalt Nach rassistischen Gesängen in Leißling: Anklage gegen Jugendlichen
Rassistische Parolen, gesungen auf einen Partyhit: Solche Fälle gab es 2024 mehrfach in Deutschland, einige auch in Sachsen-Anhalt – unter anderem beim Volksfest "Eierbetteln" in Leißling. Durch ein Video des Vorfalls konnten Verdächtige ermittelt werden. Gegen einen von ihn wird nun Anklage erhoben.
Nach den rassistischen Gesängen bei einem Volksfest in Leißling im Burgenlandkreis erhebt die Staatsanwaltschaft Halle Anklage gegen einen Jugendlichen. Wie die Behörde MDR SACHSEN-ANHALT mitteilte, geht es um das Verwenden von Zeichen verfassungswidriger Organisationen bei dem Traditionsfest Ende Mai.
Jugendlicher soll Hitlergruß gezeigt haben
Drei Tatverdächtige haben Polizei und Staatsschutz nach den "Ausländer-Raus-Gesängen" in Leißling ermittelt. Anklage erhebt die Staatsanwaltschaft aber nur gegen einen der Beschuldigten. Dieser soll nicht nur gesungen, sondern auch den Hitlergruß gezeigt haben.
Grundsätzlich erfüllen rassistische Gesänge den Straftatbestand der Volksverhetzung – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Diese hat die Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben nicht gesehen und die Verfahren gegen die beiden anderen Verdächtigen eingestellt.
Amtsgericht Weißenfels wird verhandeln
Verhandelt werden soll vor einem Jugendrichter am Amtsgericht Weißenfels. Einen Termin für den Prozess gibt es noch nicht. Bei den Ermittlungen hatte ein Video von anderen Gästen in dem Festzelt geholfen. Politiker aus Stadt, Landkreis und dem Land verurteilten die Vorgänge scharf.
Der Vorfall ereignete sich Ende Mai beim traditionellen Volksfest "Eierbetteln". Kurz zuvor hatte sich ein Video von der Insel Sylt verbreitet. Zum Pfingstfest wurden dort zum selben 20 Jahre alten Disco-Hit – "L'Amour Toujours" von Gigi D'Agostino – rassistische Parolen gesungen. Der Fall sorgte deutschlandweit für Aufsehen und wurde zum Symbol dafür, wie Rechtsextreme die Popkultur für ihre Zwecke einsetzen.
Hintergrund: Jugendstrafrecht und rechtsextreme Symbole
Für junge Menschen wird Jugendstrafrecht angewandt. Es gilt für Täter von 14 bis 17 Jahren. Für junge Erwachsene, die in ihrer Entwicklung verzögert und Jugendlichen vergleichbar sind, kann ein Gericht auch im Alter bis 20 das Jugendstrafrecht anwenden. Dort steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Es sieht zunächst Weisungen oder Auflagen vor, die erzieherisch wirken sollen. Das können gemeinnützige Arbeit oder ein sozialer Trainingskurs sein.
Diese Sanktionen kommen auch bei Propagandadelikten infrage, insbesondere wenn der Jugendliche erstmals straffällig wird. Das Strafgesetzbuch definiert diese in §86 und §86a. Volksverhetzung wird in §130 beschrieben. Von den dort genannten Haftstrafen von bis zu drei Jahren, bei Volksverhetzung von bis zu fünf Jahren, wird im Jugendstrafrecht aber abgewichen. Denn eine abschreckende Wirkung durch das Urteil auf andere Täter findet hier keine Anwendung.
Das Jugendstrafrecht setzt auf Erziehung statt Abschreckung.
dpa, MDR (Attila Dabrowski, André Plaul)