Schleswig-Holstein Mr. Unbekannt: Wer ist der Investor am Klinikum Bad Bramstedt?
Seit Montag ist klar: Die IGP medical GmbH aus Norderstedt übernimmt das zuvor insolvente Klinikum Bad Bramstedt. Hinter dem Unternehmen steht der Investor Stephan Engels - für viele ein Unbekannter.
"Die haben schon auf der Bühne getanzt", erinnert sich Physiotherapeut Andreas Lüdtke an den Dezember 2023. Das Klinikum Bad Bramstedt sei aus der Insolvenz gerettet, verkündete die Klinikleitung damals. Den Akutbereich werde das Friedrich-Ebert-Krankenhaus (FEK) aus Neumünster übernehmen, den Rehabereich ein Investor aus Bonn, die IGP med. Eine Investorenvereinbarung war unterschrieben. "Wir wurden schon in der Familie des FEK begrüßt", so Lüdtke. "Und nur 14 Tage später stand alles wieder auf Null."
Gerüchte machten die Runde, dass der eigentlich doch schon fest scheinende Deal noch platzen könnte. Nach langem Hin und Her im Juli dann tatsächlich die Gewissheit: Das FEK zieht sich aus den Verhandlungen zurück, die Insolvenz geht weiter.
Das war für viele Kollegen nochmal ein richtiger Tritt in den Mors."
— Andreas Lüdtke, Physiotherapeut am Klinikum Bad Bramstedt
Lange Insolvenz schürt Angst
Und auch Andreas Lüdtke selbst geht die lange Zeit der Insolvenz nahe. Schon seit der Corona-Pandemie vor rund vier Jahren befindet sich das Klinikum in finanzieller Schieflage, vor 17 Monaten begannen ein Schutzschirm- und kurz darauf das Insolvenzverfahren. "Die Angst ist immer mehr geworden", erzählt Lüdtke.
Da hängen ja Existenzen dran. Ich bin alleine, da macht man sich schon Gedanken."
— Andreas Lüdtke, Physiotherapeut am Klinikum Bad Bramstedt
Für ihn ist das Klinikum mehr als nur ein Arbeitgeber. Diesen Monat feiert er 30-jähriges Jubiläum in Bad Bramstedt. "Das ist Familie für mich. Mit den Kollegen ist man alt geworden", sagt er und kurz bricht ihm die Stimme weg.
IGP med und IGP medical - was ist der Unterschied?
Seit Montag (14.10.) gibt es aber endlich etwas mehr Klarheit. Denn kurz nach dem Aus vom FEK und der IGPmed ist ein neuer Investor aufgetaucht. Wobei der so neu eigentlich gar nicht ist: Das Unternehmen heißt IGP medical, kommt dieses Mal aus Norderstedt. Und nicht nur der Name ist dem des vorherigen Interessenten sehr ähnlich. Der Geschäftsführer ist in beiden Fällen derselbe, Stephan Engels aus Bonn.
Diesen Monat feiert Andreas Lüdtke Jubiläum: Seit genau 30 Jahren arbeitet er im Klinikum Bad Bramstedt. Das Klinikum sei zu seiner Familie geworden, sagt er.
Der Mutterkonzern seines Unternehmens IGP med aus Bonn, die IGP Advantag AG, ist in der Zwischenzeit selbst insolvent gegangen. Nun hat er einen zweiten Übernahmeversuch gestartet - mit dem neu gegründeten Unternehmen IGP medical und einer neuen Partnerin an seiner Seite, Yenna Haack aus Norderstedt. Und diesmal hat die Übernahme geklappt, an besagtem 14. Oktober haben die Mehrheit der Gläubiger und das Amtsgericht Neumünster dem vorgelegten Insolvenzplan zugestimmt.
Investor: Für Mitarbeiter und Experten ein Unbekannter
Die Unsicherheit bei Andreas Lüdtke ist aber geblieben. "Den kennt keiner", sagt er. "Wir wissen überhaupt nicht, was er mit uns und dem Klinikum vorhat." Das überrascht, denn im Interview mit NDR Schleswig-Holstein betonte Investor Stephan Engels das enge Miteinander mit den Angestellten. Doch auch im Gespräch mit mehreren weiteren Mitarbeitern bestätigt sich das Bild: Stephan Engels ist für die Angestellten bisher ein Phantom. Und auch aus dem Betriebsrat heißt es, dass es bis auf ein kurzes Gespräch im Zuge des ersten Übernahmeversuchs noch keinen nennenswerten Austausch mit Engels gegeben habe.
Auf der Website seines Unternehmens beschreibt er sich selbst als "eine bemerkenswerte Persönlichkeit in der Welt der internationalen Investitionen und der Gesundheitswirtschaft [mit] einem scharfen Gespür für lukrative Anlagemöglichkeiten und einem unkonventionellen Ansatz in der Medizin". Nach eigenen Angaben hat er zunächst als Neurochirurg gearbeitet, war danach in der Immobilienbranche aktiv und als Berater für Neubauten von Kliniken. Anfragen bei etlichen Experten aus dem Bereich der Gesundheitsökonomie blieben aber erfolglos. Niemand von ihnen kennt Stephan Engels.
Pläne für Bad Bramstedt: Das Vorbild in Steinfurt wurde nie gebaut
Im Interview mit NDR Schleswig-Holstein gibt er jedoch Einblicke in seine Pläne mit der Klinik in Bad Bramstedt. Er möchte die bestehenden Akut- und Rehabereiche stärken und alle Arbeitsplätze erhalten. Außerdem plant er die Modernisierung und Umstrukturierung hin zu einem sogenannten Gesundheitscampus mit intersektoraler Gesundheitsversorgung. Seine Vision: Eine enge Verzahnung und räumliche Nähe zwischen den bestehenden Angeboten des Klinikums mit zusätzlichen Angeboten in der Pflege, betreutem Wohnen oder Seniorenwohnen. Zielgruppe sei die "zunehmend pflegebedürftige Boomer-Generation".
In Bad Bramstedt tritt Stephan Engels nach eigener Aussage zum ersten Mal als Investor auf. Er plant, das Klinikum zu einem Gesundheitscampus weiterzuentwickeln.
Ein ganz ähnliches Projekt wollte er nach NDR Recherchen auch in Steinfurt in Nordrhein-Westfalen umsetzen. Die alten Gebäude auf dem Gelände in Steinfurt wurden 2021 abgerissen. Seitdem ist dort aber nicht mehr viel passiert, das Gelände liegt immer noch brach. Der ursprüngliche angekündigte Fertigstellungstermin 2025 ist längst nicht mehr erreichbar. Und Medienberichten zufolge ist das eigentlich als Herzstück der Anlage geplante Rehazentrum mittlerweile nicht mehr Teil der Planung.
Zum ersten Mal Investor
Angesprochen auf dieses und weitere fehlgeschlagene Projekte, droht Stephan Engels nach unserem Interview, die Kamera umzutreten. Er sieht sich durch die kritischen Fragen in ein falsches Licht gerückt. Bei den angesprochenen Projekten habe er immer nur als Berater fungiert. "Und jetzt bin ich zum ersten Mal Investor", erklärt er. Bei Physiotherapeut Andreas Lüdtke sorgt das nur bedingt für ein sichereres Gefühl.
Im ersten Moment hat man Bauchschmerzen. Das ist halt Risiko, nech?"
— Andreas Lüdtke, Physiotherapeut am Klinikum Bad Bramstedt
Mitarbeiter hoffen auf Ruhe und Klarheit
Stephan Engels hat für die kommenden Tage Gespräche mit den Mitarbeitenden angekündigt. Andreas Lüdtke und viele seiner Kollegen hoffen, dass sie dort endlich Antworten auf ihre drängendsten Fragen erhalten. Zu ihrer Zukunft. Und zu der der Klinik, die für Andreas Lüdtke und einige weitere Mitarbeiter, mit denen wir gesprochen haben, mehr ist als nur ein Arbeitgeber. Denn nach mehr als vier Jahren der Unsicherheit wollen sie eigentlich vor allem endlich wieder in Ruhe arbeiten.
Dieses Thema im Programm:
16.10.2024 | 19:30 Uhr