Lars Harms (SSW), schleswig-holsteinischer Landtagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender, posiert vor dem Landtag.

Schleswig-Holstein SSW-Urgestein Lars Harms verlässt den Landtag

Stand: 19.10.2024 15:40 Uhr

Der Fraktionschef des Südschleswigschen Wählerverbands (SSW), Lars Harms, hat am Sonnabend bekanntgegeben, dass er sein Landtagsmandat niederlegen und sich aus dem politischen Geschehen zurückziehen wird.

Von Anna Grusnick

Optimistisch, verbindlich und verlässlich - so lässt sich das Wirken von Lars Harms im Schleswig-Holsteinischen Landtag beschreiben. Seit 25 Jahren prägt er die Landespolitik, setzt sich vor allem für die Belange von Minderheiten ein und sucht die gemeinsamen Linien zwischen den unterschiedlichen Parteien. Doch damit ist bald Schluss: nach 25 Jahren im Landtag in Kiel will Lars Harms seinen Platz räumen. Er plant seinen Abschied aus der Politik für den 6. Januar 2025. Er sagte, er habe seinen Dienst für das Land erbracht - nun seien andere dran.

Parlamentarier aus Leidenschaft

Harms ist ein Politiker mit Wirkkraft, dem es aber nie darum ging, im Mittelpunkt zu stehen, sondern um die Sache. Ein Ministerposten kam für ihn auch deshalb nie infrage - sein Platz ist das Parlament. "Fraktionsvorsitzender im Landtag, was Genialeres kann es gar nicht geben." Es gibt kaum einen Politiker, der im Laufe der Jahre so viele Reden im Kieler Landeshaus gehalten hat, wie er. Und, es gibt nur wenige, die über alle Parteigrenzen hinweg ein so hohes Ansehen genießen. Das liegt daran, dass Lars Harms kompromissfähig ist, nach Lösungen sucht, gefundene Entscheidungen mitträgt und vertritt. So stimmt er auch aus der Opposition heraus Vorhaben der schwarz-grünen Regierung zu, wenn er diese für richtig hält.

Im Jahr 2000 wurde Harms zum ersten Mal in den Landtag gewählt. In seiner politischen Arbeit für die Minderheitenpolitik gilt er als Schwergewicht und blickt auch selbst zufrieden zurück: Man habe in den 25 Jahren viel Gutes für die Minderheiten und für alle Menschen im Land erreichen können, so Harms, und er nennt als Beispiele das Friesischgesetz und die Verankerung der finanziellen Gleichstellung von Schulen der dänischen Minderheit in der Landesverfassung.

Jüngere sollen den "Laden rocken"

Nun macht er Platz. Er sei kein Mensch, der an seinem Stuhl kleben bleibe, bis jemand den alten Mann aus dem Plenarsaal trage, so der 59-Jährige Nordfriese. "Ich höre selbstbestimmt auf, und das fühlt sich richtig an." Mit Christian Dirschauer und Sybilla Nitsch stünden jüngere Politiker bereit, die übernehmen können. "Ich bin überhaupt nicht im Zweifel, dass die den Laden genauso erfolgreich rocken können." Für ihn selbst rückt Michael Schunck nach.

Fußballspiele statt Landeshaus

Nach einem Vierteljahrhundert im Parlament hat Harms keine Sorge vor Langeweile. Er freue sich auf mehr Zeit mit seiner Lebenspartnerin, wolle mehr Kochen, mehr Fußballspiele besuchen und seine über die Jahre angehäufte Vinyl-Plattensammlung anhören. Harms ist HSV-Fan. Da sei er öfter mal, sagt er. Nun plant er aber häufiger Fußballspiele in den Stadien zu erleben. Er wolle auch zu anderen Traditionsvereinen quer durchs Land, so Harms: "Also 1860 München, Kickers Offenbach, Rot-Weiß Essen, all die guten alten Clubs. Ich möchte dort hinfahren und ein schönes Spiel sehen. Egal gegen wen." Davon träume er bereits lange.

Historisches Ergebnis bei der Landtagswahl 2022

Bei der Landtagswahl 2022 erreichte der SSW mit Lars Harms als Spitzenkandidaten sein historisch bestes Ergebnis mit 5,7 Prozent. Seitdem sitzen 4 Abgeordnete im Landtag, um die Interessen der Minderheiten zu vertreten. Bereits damals habe er den Entschluss gefasst, zur Mitte der Legislatur zu gehen, so Harms. Ein Grund für den Erfolg seiner Partei ist es, dass es keine Ideologie im Hintergrund gebe, sondern nur das Bekenntnis zu einer der beiden Minderheiten der Friesen und der Dänen. "Für so einen Schnackertyp wie mich, der gerne mit den Leuten sabbelt, ist das natürlich ideal."

Politiker aller Parteien bedauern Rückzug

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) würdigte die Verdienste von Lars Harms, der eine prägende Rolle innegehabt habe. Mit ihm ziehe sich eine starke Stimme für die Minderheiten in Schleswig-Holstein aus der Landespolitik zurück. Günther sagte, Harms sei "ein unheimlich fairer, verlässlicher Gesprächspartner, der zu seinem Wort steht, ein versierter Finanzpolitiker, der sich immer konstruktiv in die Haushaltsgespräche eingebracht hat und ein Mensch, der ehrlich und geradeaus ist, Werte hat und sie auch konsequent vertritt." Er bedauere den Rückzug politisch, menschlich und persönlich sehr, so Günther.

FDP-Fraktionschef Christopher Vogt, der in der Opposition eng mit Lars Harms zusammenarbeit, nennt den Rückzug bedauerlich, aber verständlich. Harms habe in den letzten 25 Jahren für seine Partei unheimlich viel geleistet und die politische Kultur in Schleswig-Holstein positiv geprägt. "Seine humorvolle Art und friesische Gelassenheit werden dem Landtag fehlen." Als einen wichtigen Kämpfer für die Minderheiten im Land und für Menschen mit geringem Einkommen bezeichnet Lasse Petersdotter, der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Lars Harms. "Ich habe großen Respekt vor dem Lebenswerk von Lars Harms und dem konsequenten Schritt jetzt selbstbestimmt aus der Politik auszuscheiden."

Oppositionsführerin Serpil Midyatli (SPD) denkt vor allem an die gemeinsame Zeit der Küstenkoalition, in der SPD, Grüne und SSW gemeinsam regierten. Da habe man gemeinsam viel geschafft. "Lars Harms hat tatsächlich nicht nur für die friesische und dänische Minderheit das Land mitgeprägt, sondern auch mit sehr vielen konstruktiven Vorschlägen das Land vorangebracht." Für seine Zukunft wünsche sie Lars Harms viel Glück, so Midyatli.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 19.10.2024 | 19:30 Uhr