Rassistische Parolen bei Feier auf Sylt Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung
In einem Sylter Lokal haben feiernde junge Menschen rassistische Parolen gesungen. Das Lokal "Pony" distanzierte sich von den Besuchern und erteilte ihnen Hausverbot. Das Video des Vorfalls verbreitet sich seit Donnerstag in den sozialen Netzwerken.
In den sozialen Netzwerken kursiert ein Video, in dem junge Menschen vor dem Club "Pony" auf Sylt rassistische Parolen grölen. In der nur wenige Sekunden langen Aufnahme, die sich seit gestern verbreitet, schreien junge Männer und Frauen zur Melodie des Party-Hits "L’amour Toujours" von Gigi D'Agostino "Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen". Ein Mann scheint mit seinen Fingern auf der Oberlippe einen Hitlerbart anzudeuten. Zahlreiche Partygäste fühlen sich von den Vorgängen augenscheinlich wenig gestört.
Heinold und Waack entsetzt über rassistische Äußerungen
Schleswig-Holsteins stellvertretende Ministerpräsidentin Monika Heinold (Grüne) zeigte sich am Freitag entsetzt über das Video. "Es ist zwingend notwendig, dass unser Staat handelt, dass aufgeklärt wird und dass es Konsequenzen gibt", sagte sie. Neben dem Handeln des Rechtsstaats müssten Politikerinnen und Politiker sehr deutlich machen, dass hier Grenzen überschritten wurden. "Es darf nicht sein, das Deutschland wieder so weit nach rechts abdriftet, dass wir wieder in alte Zeiten zurückkommen, wo Rassismus, Hass und Ausgrenzung herrschen", so Heinold.
Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) bezeichnete das Video ebenfalls als entsetzlich. Es sei ein gesamtgesellschaftliches Problem, gegen das man gemeinsam angehen müsse. "Wir sind dabei, herauszufinden, welche Personen da zu sehen sind", sagte Sütterlin-Waack. Es werde die richtigen strafrechtlichen Konsequenzen geben.
Bildungsministerin Prien: "Wohlstandsverwahrlosung?"
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sagte gegenüber NDR Schleswig-Holstein, die Bilder und die klar ausländerfeindlichen Äußerungen seien widerlich. "Man fragt sich wirklich, was geht in den Hirnen von solchen jungen Menschen um, denen es ja gut geht und die alle Vorteile der freiheitlichen Gesellschaftsordnung genießen", so Prien. Die Elternhäuser, aber auch die Schulen müssten sich fragen, was sie falsch gemacht hätten. Es sei klar ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Sie sei froh, dass der Club sich klar distanziert und ein Hausverbot ausgesprochen habe.
Prien teilte das Video ebenfalls auf der Plattform X und kommentiert es kurz und knapp mit "Wohlstandsverwahrlosung?"
Hinweis zum Video: Die Originalquelle ist nicht feststellbar, das Video aber authentisch.
FDP: Stärkere Aufklärung und Sensibilisierung
FDP-Fraktionsvorsitzender Christopher Vogt sprach von abstoßenden Szenen. "Wir verurteilen dieses rassistische und wohlstandsverwahrloste Verhalten auf das Schärfste", sagte er. Leider seien solche Situationen kein Einzelfall mehr. Der Rechtsstaat müsse konsequent reagieren - das allein reiche aber nicht. "Wir müssen auch darüber sprechen, inwieweit wir beispielsweise im Bereich der Bildung noch stärker für diese Themen sensibilisieren und Aufklärung betreiben müssen. Hass, Hetze und Ausländerfeindlichkeit dürfen bei uns keinen Platz haben", so Vogt.
SPD: Parolen sind keine harmlosen Suff-Aktionen
SPD-Politiker Niclas Dürbrook zeigte sich "einigermaßen fassungslos" und betonte: "Das sind keine harmlosen Suff-Aktionen, sondern Fälle für den Staatsanwalt. Solche Parolen haben in Schleswig-Holstein nichts verloren." Auch er verwies darauf, dass es keine Einzelfälle mehr seien. "Das scheint mir absolut milieuübergreifend zu sein und zeigt leider auch, wie besorgniserregend weit das in unserer Gesellschaft verbreitet ist", sagte er. Besonders beschäftige ihn, welche Gefühle solche Aktionen bei Menschen mit Migrationshintergrund auslösen könnten.
Hitlergruß gezeigt? Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung
Die Polizei Schleswig-Holstein beschäftigt sich bereits mit dem viral gehenden Video und den rassistischen Parolen. Auf der Plattform X schreibt die Landespolizei: "Zurzeit kursiert in den Sozialen Medien ein Video von Feiernden auf Sylt. Dieses Video ist uns bekannt und wird hinsichtlich strafrechtlich relevanter Inhalte geprüft. Wir bedanken uns für die zahlreichen Hinweise, die wir an die zuständige Stelle weitergeleitet haben."
Nach Angaben der Polizei Flensburg ermittelt der Staatsschutz wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Die Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Polizei richten sich demnach gegen "die Personen, die auf dem Video offensichtlich die genannten Äußerungen mitsingen bzw. Kennzeichen tätigen", hieß es in einer Mitteilung. Zudem liegt laut Polizei der Verdacht vor, dass durch eine Person der sogenannte Hitlergruß gezeigt wird. Ersten Hinweisen zu beteiligten Personen werde nachgegangen. Es sei auch nicht auszuschließen, dass weitere Tatverdächtige hinzukommen, die nicht im Video zu sehen sind.
Lokalbetreiber distanzieren sich von Rassismus
Die Betreiber des Lokals äußerten sich in einer Story auf Instagram schockiert: "Hätten wir von dem Vorfall gewusst, hätten wir die betreffenden Gäste selbstverständlich des Hauses verwiesen. Es gibt keinen Platz für Rassismus!!!". Sie kündigten Hausverbote und Anzeigen gegen die betreffenden Personen an, da ihnen die Namen der Beteiligten zugespielt worden seien.
Zahlreiche Redaktionen im Netz
Seitdem das Video im Netz kursiert, haben es zahlreiche Politiker, Influencer und Prominente verbreitet und kommentiert. Neben der SPD-Politikerin Sawsan Chebli, fragte ZDF-Moderator Jan Böhmermann auf der Plattform X: "Wer und wo sind diese Leute?". Die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali schrieb auf X: "Mit Hitlerbärtchen und Schampus, aber ohne "Ausländer" #Sylt 2024".
TikTok-Trend seit längerem bekannt
Es hat bereits mehrfach Videos solcher Gesänge zu dem Partyhit in Norddeutschland gegeben. Die Singenden sprangen damit mutmaßlich einem TikTok-Trend auf, der seinen Ursprung im 315-Einwohner-Dorf Bergholz in Mecklenburg-Vorpommern hat. In einem TikTok-Video von dort grölt eine Gruppe Männer, darunter mutmaßlich auch der Sohn des Bürgermeisters: "Ausländer raus, Deutschland den Deutschen, Ausländer raus". Die Zeitung "Katapult MV" aus Mecklenburg-Vorpommern hatte vergangenen Oktober darüber berichtet.
Auch in Pahlen (Kreis Dithmarschen) und Schenefeld (Kreis Steinburg) sollen Party-Gäste in die rechten Parolen eingestiegen sein, als der Song "L'Amour Toujours" in Diskotheken lief. Die SPD hat angekündigt, für den kommenden Innen- und Rechtsausschuss einen Berichtsantrag zum Stand des Ermittlungsverfahren zu stellen.
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NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 24.05.2024 | 10:00 Uhr