Ulrike Grosse-Röthig, Bodo Ramelow und Christian Schaft auf der Bühne beim Parteitag der Thüringer Linken am 23.11.2024

Thüringen Thüringer Linke fordert Gespräche mit Brombeer-Koalition zur Mehrheitsbildung im Landtag

Stand: 23.11.2024 20:37 Uhr

Auf dem Parteitag der Thüringer Linken haben die 111 Delegierten am Samstag über die neue Rolle als Oppositionspartei gesprochen. Unter anderem forderten sie von den Parteien der Brombeer-Koalition Gesprächsbereitschaft, um Mehrheiten im Landtag organisieren zu können. Noch vor der Ministerpräsidentenwahl soll es deshalb ein Treffen mit dem Thüringer CDU-Chef Mario Voigt geben. Auch der Bundestagswahlkampf wurde auf dem Parteitag zum Thema gemacht.

Von MDR THÜRINGEN

Die Thüringen Linke hat auf ihrem Parteitag in Weimar Gesprächsbereitschaft von den Parteien der Brombeer-Koalition gefordert. "Wenn die Brombeere nicht mit der AfD zusammenarbeiten will, wird sie Mehrheiten von uns brauchen", sagte der Linke-Landesvorsitzende Christian Schaft. Die Linke sei das "demokratische Zünglein an der Waage", auf das es ankommen werde.

Es ist nicht an uns, den ersten Schritt zu machen. Ulrike Grosse-Röthig | Linke-Landesvorsitzende Thüringen

Schaft verwies darauf, dass die künftige Koalition aus CDU, BSW und SPD keine eigene Mehrheit im Landtag habe. Der designierte Ministerpräsident Mario Voigt müsse erklären, wie Mehrheiten dann zustande kommen sollen. Der Linke-Chef verlangte noch vor der Ministerpräsidentenwahl ein Treffen mit CDU-Landeschef Voigt. Dieser hatte am Freitag bereits Gespräche angekündigt, lehnt eine feste Vereinbarung mit der Linken aber bisher ab.

Voigt selbst erwartet eine schwierige Ministerpräsidentenwahl und rechnet erst im dritten Wahlgang mit einem Erfolg. In den Tagesthemen im Ersten zeigte er sich zuversichtlich, dass er dann die nötigen Stimmen erhalten werde. Das geplante Regierungsbündnis aus CDU, SPD und BSW hat eine Stimme weniger als die erforderliche Mehrheit. Bei der Ministerpräsidentenwahl braucht es im ersten und zweiten Wahlgang eine absolute Mehrheit für eine erfolgreiche Wahl. Im dritten Wahlgang ist gewählt, wer die meisten Stimmen erhält.

Warum eigentlich "Brombeer-Koalition?"

Ende August schrieb der Parteienforscher Karl-Rudolf Korte einen Gastbeitrag in der "Zeit" und mutmaßte in der Überschrift: "Vielleicht wird's ja eine Brombeer-Koalition." Höchstwahrscheinlich war das die Geburtsstunde des Begriffs. Spätestens seit der Thüringer Landtagswahl am 1. September hat er sich als Bezeichnung für eine mögliche Regierung aus CDU, BSW und SPD etabliert. Die Farben der Parteien (Rot, Lila, Schwarz) zielen auf die Frucht in ihren unterschiedlichen Reifegraden ab.

Linke will Austausch - Maier sieht SPD als "Brückenbauer"

Aus Sicht der Linken sprach sich Schaft für eine Art Stabilitätspakt aus und sagte, Bodo Ramelow habe den Begriff des "Fairness-Abkommens" eingebracht. "Ich will, dass wir über solche Vereinbarungen konkret diskutieren, wenn es die Brombeere ernst meint", sagte Schaft. Alle vier Parteien müssten sich zusammensetzen. Dazu gehöre auch, sich über Themen und Schnittmengen auszutauschen. "Alles, was festgehalten wird, ist besser als das, was nicht festgehalten wird."

Dabei gehe die Linke in dieser Sache nicht aktiv auf CDU und BSW zu. "Es ist nicht an uns, den ersten Schritt zu machen", sagte die Landesvorsitzende Ulrike Grosse-Röthig. Es sei die Brombeer-Koalition, die Mehrheiten brauche.

Christian Schaft und Ulrike Grosse-Röthig sitzen auf einer roten Couch

Christian Schaft und Ulrike Grosse-Röthig sind die beiden Landesvorsitzenden der Linken in Thüringen.

Ihr Co-Vorsitzender Schaft betonte aber, die Einladung sei aus seiner Sicht öffentlich ausgesprochen. Bisher habe es nur ein Gespräch mit SPD-Chef Georg Maier gegeben. Die Sozialdemokraten, die seit 2014 zusammen mit der Linken regiert haben, sieht Maier früheren Aussagen zufolge als eine Art Brückenbauer.

Auch Thüringens noch geschäftsführender Ministerpräsident Bodo Ramelow sprach in seiner Rede vor den 111 Delegierten über die neue Rolle seiner Partei im Landtag als Opposition. Er sagte, die zwölf Stimmen der Landtagsabgeordneten der Linksfraktion gebe es nur zusammen, nicht einzeln.

"Mission Silberlocke": Ramelow wirbt für Bundestagskandidatur

Ein weiteres zentrales Thema auf dem Parteitag war die vorgezogene Bundestagswahl. Bodo Ramelow warb für seine "Mission Silberlocke", mit der er für den Bundestag kandidieren will. Daran beteiligen sich auch die langjährigen Linken-Politiker Gregor Gysi und Dietmar Bartsch.

Bei der "Mission Silberlocke" geht es um den Einzug in den Bundestag über Direktmandate, aber auch um das Erreichen der Fünf-Prozent-Hürde, wie der Linke-Bundesvorsitzende Jan van Aken auf dem Parteitag sagte.

Bodo Ramelow am Rednerpult auf dem Parteitag der Thüringer Linken am 23.11.2024

Bodo Ramelow will für den Bundestag kandidieren.

Bundesparteichef sieht "positiven Trend"

Nach Einschätzung des neuen Bundesvorsitzenden der Linken, Jan van Aken, ist die Linke trotz schwacher Landtagswahlergebnisse in Ostdeutschland auf dem Weg aus der Krise. "Es ist so viel Leben in dieser Partei", sagte van Akten auf dem Landesparteitag in Weimar. Mehr als 13.000 neue Mitglieder seien in den vergangenen zwölf Monaten bundesweit aufgenommen worden. Allein seit dem Ampel-Aus seien fast 4.000 Menschen in die Partei eingetreten.

Auf dem Parteitag in Weimar sagte der Parteichef, dass er das Profil der Linken vor allem als Partei für soziale Gerechtigkeit und Solidarität in der Gesellschaft sieht. Er sei sicher, dass die Linke wieder in den Bundestag komme.

Neuwahl der Landesvorsitzenden verschoben

Die Neuwahl des Thüringer Landesvorsitzenden wurde auf die nächste reguläre Wahl des Landesvorstandes vertagt. Grund dafür sei die vorgezogene Bundestagswahl. Ursprünglich wollte die Linke auf ihrem Landesparteitag über den zukünftigen Weg der Partei in Thüringen und die Wahlniederlage bei der Landtagswahl diskutieren.

Die Partei hatte im Vergleich zu 2019 fast 18 Prozentpunkte verloren. Nun sitzt sie nach zehn Jahren in der Landesregierung mit zwölf Abgeordneten als viertstärkste Fraktion in der Opposition.

MDR (caf/cfr)/dpa