Kein Verstoß gegen Parteiordnung Schröder darf SPD-Mitglied bleiben
Altkanzler Schröder hat mit seinen Russland-Kontakten nach Ansicht der Schiedskommission nicht gegen die Parteiordnung verstoßen. Der Beschluss kann angefochten werden. Zunächst darf Schröder aber SPD-Mitglied bleiben.
Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder hat mit seinem Engagement für russische Staatskonzerne nicht gegen die Parteiordnung der SPD verstoßen. Die zuständige Kommission sieht keine Grundlage für eine Rüge oder gar einen Parteiausschluss.
"Die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover hat festgestellt, dass sich der Antragsgegner Gerhard Schröder eines Verstoßes gegen die Parteiordnung nicht schuldig gemacht hat, da ihm kein Verstoß nachzuweisen ist", hieß es zur Begründung der Kommission in erster Instanz.
Gegen die Entscheidung kann binnen zwei Wochen Berufung eingelegt werden. Diese müsste zunächst schriftlich eingelegt und dann binnen eines Monats schriftlich begründet werden.
17 Anträge auf Verfahren gegen Schröder
Gleich 17 SPD-Gliederungen hatten das Parteiordnungsverfahren gegen Schröder beantragt, hinzu kamen weitere Anträge, die den formalen Vorgaben nicht entsprachen. Die Schiedskommission in Hannover hatte das Verfahren Mitte Juli parteiöffentlich, aber unter Ausschluss der Medien verhandelt. Schröder selbst war zu dem Termin weder persönlich erschienen noch hatte er einen Anwalt geschickt.
Die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover ist für das Verfahren zuständig, weil Schröder Mitglied des dazugehörenden SPD-Ortsvereins Oststadt-Zoo ist. Es sind jedoch noch bis zu zwei weitere Instanzen möglich: beim SPD-Bezirk Hannover sowie bei der SPD-Bundesschiedskommission.
Kritik an Schröders Engagement in Russland
Schröder steht seit langem wegen seiner Nähe zu Russland in der Kritik. Er gilt als enger Freund von Russlands Präsident Wladimir Putin und war über Jahre für russische Energiekonzerne aktiv. Er arbeitet seit Ende seiner Amtszeit 2005 als Aufsichtsratsvorsitzender für die Nord Stream AG, die mit Pipelines durch die Ostsee russisches Gas nach Westeuropa bringt.
Die SPD-Spitze hatte Schröder seit Kriegsausbruch gedrängt, seine Posten bei russischen Energieunternehmen abzugeben. Im Mai hatte Schröder dann seinen Posten im Aufsichtsrat des russischen Energiekonzerns Rosneft aufgegeben und eine Nominierung für einen Sitz im Aufsichtsrat des russischen Gasriesen Gazprom abgelehnt.
Der Haushaltausschuss des Bundestages hatte beschlossen, das Büro des 78-Jährigen mit zuletzt vier Beschäftigten abzuwickeln, weil er keine Verpflichtungen mehr als Altkanzler für Deutschland wahrnehme.
Esken: "Schröder agiert nicht als Ex-Kanzler"
Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken hatte Schröder wegen dessen Äußerungen zum Ukraine-Krieg bereits im April nahegelegt, aus der Partei auszutreten.
Auch hatte Esken Schröder für dessen jüngste Äußerungen über eine angebliche Verhandlungsbereitschaft von Präsident Putin im Ukraine-Krieg scharf kritisiert. "Gerhard Schröder agiert nicht als Ex-Kanzler, sondern als Geschäftsmann, und so sollten wir seine Äußerungen auch interpretieren", sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Mit allem, was er tut und sagt, handelt er im eigenen Interesse und in dem seiner Geschäftspartner."
Russland-Reise des Altkanzlers
Nach Angaben des Kreml war Schröder Ende Juli in der russischen Hauptstadt Moskau. Mit Blick auf Russlands Angriff auf die Ukraine erklärte Schröder zwar, es liege in der Verantwortung der russischen Regierung, den Krieg zu beenden. Allerdings dürften die Verbindungen zu Russland nicht komplett gekappt werden. Im Juli erklärte der Altkanzler zudem, er wolle seinen Draht zu Putin weiter aufrechterhalten und glaube nicht an eine militärische Lösung in der Ukraine.
Im Anschluss an die Reise nach Moskau gab Schröder dem Magazin "Stern" sowie den Sendern RTL und ntv ein Interview, in dem er mit Blick auf den Ukraine-Krieg sagte: "Die gute Nachricht heißt: Der Kreml will eine Verhandlungslösung." Schröders Äußerungen in dem Interview stießen in Deutschland parteiübergreifend, aber auch international, auf massive Kritik.
Klingbeil: Schröder ist in der SPD politisch isoliert
SPD-Co-Chef Lars Klingbeil äußerte sich zunächst zurückhaltend zum vorläufigen Scheitern des Parteiordnungsverfahrens gegen Schröder. "Die Schiedskommission in Hannover hat eine juristische Entscheidung getroffen", erklärte Klingbeil. Zugleich distanzierte er sich vom Altkanzler: "Für uns steht fest: Politisch ist Gerhard Schröder mit seinen Positionen in der SPD isoliert."
Am Rande der Verhandlung des Parteiordnungsverfahrens hatte der Geschäftsführer des SPD-Bezirks Hannover, Christoph Matterne, gesagt, dass es aber auch viele SPD-Mitglieder gebe, die sich mit Schröder solidarisierten. "Die sagen: Wenn Gerhard Schröder ausgeschlossen wird, dann ist für mich nach 40 Jahren auch Schluss", so Matterne.