Reaktionen auf das Maßnahmenpaket Spahn signalisiert Ampelkoalition Unterstützung
Die Ampelregierung bekommt für ihr bis zu 200 Milliarden Euro schweres Hilfspaket Unterstützung von der Opposition. Scholz verteidigt den neuen Plan und verweist auf eine "akute Krise". Finanzminister Lindner spricht vom "Energie-Krieg".
Mit Blick auf die geplante Gaspreisbremse hat der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Jens Spahn der Ampelkoalition Unterstützung bei ihrem Vorhaben signalisiert, "die Preise zu senken und die Versorgung zu sichern". Die Union gehe konstruktiv an die neuen Vorschläge, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Zugleich kritisierte er, dass noch zu viele Fragen offen seien, um zu bewerten, wie effektiv der geplante Abwehrschirm sein könne und ab wann er überhaupt stehe. "Noch sind die markigen Worte nicht mit Taten gefüllt", erklärte Spahn.
"Ausgestaltung wird herausfordernd"
Mit einem "Abwehrschirm" von 200 Milliarden Euro will die Bundesregierung Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in der Energiekrise vor untragbaren Kosten schützen. Geplant ist insbesondere eine Gaspreisbremse. Die Details sollen von einer Kommission bis Mitte Oktober erarbeitet werden.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, die die Kommission leitet, sagte im ZDF "heute journal up:date": "Die Ausgestaltung wird jetzt herausfordernd, aber wir werden sicherlich sehr, sehr schnell, innerhalb von Tagen, Wochen, durchaus schon Vorschläge auf den Tisch legen". Man müsse sich klarmachen, "dass sich die Gaspreise verfünf-, versechs-, versiebenfachen, mit denen die Haushalte konfrontiert sind" so Grimm. Es gehe bei dem Hilfspaket um eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger. Denn es sei abzusehen, dass die Energiekrise nicht so schnell vorbei sein werde.
Bund der Steuerzahler kritisiert Finanzierung
Der Bund der Steuerzahler Deutschland kritisierte unterdessen die Finanzierung des neuen Hilfspakets. "Mit dieser vermeintlichen Lösung kommen enorme Kosten auf den Bund und damit die Steuerzahler zu. Dabei sind viele wichtige Details ungeklärt, auch die Wirkung bleibt fraglich", sagte Präsident Reiner Holznagel den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Durch die Finanzierung über den sogenannten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) müssten künftige Generationen für die heutigen Maßnahmen zahlen. Ein "radikales Sparprogramm" im Kernhaushalt bleibe aus. Die 200 Milliarden Euro sollen nicht aus dem regulären Bundeshaushalt kommen, sondern aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds.
Der Präsident des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller, kritisierte die Art der Finanzierung des Pakets. "Sondervermögen schaffen Intransparenz. Sie vernebeln Haushaltswahrheit und -klarheit", sagte er dem Nachrichtenportal "Politico". Sondervermögen seien meist mit Krediten finanzierte Ausgabeermächtigungen. "Das heißt, wenn Geld aus Sondervermögen abgerufen wird, dann muss sich der Staat verschulden. Letztlich sind Sondervermögen, auch wenn sie nicht so heißen, Bundesschulden."
Scholz verteidigt Hilfspaket: "Akute Krise"
Bundeskanzler Scholz verteidigte das neue milliardenschwere Hilfspaket und die dafür erforderliche Schuldenaufnahme. "Das ist eine akute Krise, da muss man akut handeln", sagte Scholz im "heute-journal" des ZDF. "Die Preise sind zu hoch und müssen runter." Die dafür nötige zusätzliche Schuldenaufnahme sei vertretbar. "Da wir immer gut gewirtschaftet haben, (…) können wir das machen, was wir in solchen Situationen schon öfter gemacht haben: In der Krisensituation Kredite aufnehmen", sagte der Kanzler.
Den Vorwurf, dass nun ein weiterer Schattenhaushalt wie schon beim Sondervermögen für die Bundeswehr eingerichtet werde, wies Scholz zurück: "Das sind keine Schattenhaushalte. Das ist alles sehr überschaubar."
Dass mit der Entlastung der Bürger falsche Signale gesendet würden, verwarf Scholz. Vielmehr sei es "zynisch" zu überlegen, dass hohe Preise die Menschen zum Energiesparen bewegen könnten.
Lindner: "Wir sind im Energie-Krieg"
Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte in den ARD-tagesthemen, "durch die bisher nicht aufgeklärten Sabotageakte" an den Pipelines Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee habe sich die Lage verschärft. "Wir sind im Energie-Krieg. Gas ist eine Waffe." Es werde durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin gerade das bedroht, "was die Menschen sich über Jahrzehnte aufgebaut haben, unsere wirtschaftliche Struktur", sagte Linder weiter.
Lindner betonte: "Da setzen wir uns jetzt mit einem Abwehrschirm zur Wehr." Dieser müsse "über die nächsten Jahre mit Schulden auf dem Kapitalmarkt" finanziert werden, sagte der Finanzminister. In dieser Ausnahmesituation müssten auch "wirtschaftliche und finanzpolitische Ausnahmeinstrumente" genutzt werden. Langfristig sei aber die Einhaltung der Schuldenbremse sein Ziel.
Zum Thema Energieerzeugung in Deutschland erklärte der Finanzminister, er wünsche sich, "dass alle Kernkraftwerke ans Netz kommen". "Wir brauchen jetzt eine All-In-Strategie", erklärte Lindner. "Wir müssen alles, was wir haben in die Waagschale werfen" und ergänzte, es sei keine Zeit für ideologische Festlegungen in der Energiepolitik.