Regierung vor Koalitionsausschuss Große Aufgaben, große Kontroversen
Vor dem Koalitionsausschuss am Sonntag bringen sich SPD, Grüne und FDP in Stellung. Streitthemen sind unter anderem der Haushalt, die Ausgestaltung des Klimaschutzes - aber auch die Art und Weise, wie gestritten wird.
Vor dem Treffen des Koalitionsausschusses am Sonntag streiten vor allem Grüne und FDP weiter über den künftigen Regierungskurs: Grünen-Chefin Ricarda Lang erneuerte die Kritik ihrer Partei an den Ampelpartnern und warf ihnen eine Blockadehaltung bei einzelnen Themen vor.
Über den richtigen Weg kann man reden. Was nicht geht, ist einfach alles zu blockieren.
Djir-Sarai für "Haushaltsdisziplin"
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai rief die Regierungspartner dagegen zur "Haushaltsdisziplin" auf. "Wir müssen uns auf die Vorhaben konzentrieren, die Innovationen befördern und Wachstum schaffen." Konkret bedeute dies, auf eine solide Haushaltspolitik zu pochen, sagte Djir-Sarai. "Die Schuldenbremse muss eingehalten werden und die Ausgaben des Staates müssen priorisiert werden."
Zudem dürften die Bürgerinnen und Bürger nicht weiter belastet werden. "Das gilt für Steuererhöhungen, überbordende Bürokratie, das übereilte Verbot von Öl- und Gasheizungen oder auch das Aus für den Verbrennungsmotor", fügte er mit Blick auf einige der Streitthemen hinzu.
Offiziell betonen alle Seiten: Der Haushalt spielt in diesem Koalitionsausschuss keine Rolle. Viele der strittigen Themen haben allerdings auch mit Geld zu tun.
Djir-Sarai für behutsameren Kurs beim Klimaschutz
Außerdem sprach sich Djir-Sarai für einen behutsameren Kurs beim Klimaschutz aus. "Klimaschutz kann nur gelingen, wenn er sich an den Erfordernissen und der Lebensrealität der Bürgerinnen und Bürger orientiert."
Zu diesem Aspekt sagte Lang den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: "Alle demokratischen Parteien haben sich dem Ziel verschrieben, dass wir 2045 klimaneutral werden. Wenn es dann aber konkret wird, ducken sich plötzlich alle weg." Dies ginge so nicht.
"In Zukunft darf es wieder weniger ruckeln"
Zum Zustand der Koalition sagte Grünen-Chefin Lang: "In einer Regierung ruckelt es auch mal. In Zukunft darf es gerne wieder weniger ruckeln." Es sei jetzt an der Zeit, Lösungen zu finden. Auf die Frage, ob dies bereits am Sonntag gelingen könnte, wollte sich Lang nicht festlegen. Sie machte aber klar, dass ihre Partei anders als die FDP dem Straßenbau weiterhin keine Priorität einräumen wolle.
Auch Djir-Sarai forderte von die Regierungsparteien Einheit: "Die Koalition muss wieder deutlich machen, dass sie an einem Strang zieht", sagte er der "Rheinischen Post".
Die SPD warf den Koalitionspartnern FDP und Grünen unterdessen vor, anstatt auf das Suchen von Lösungen abseits der Öffentlichkeit auf unnütze Profilierung zu setzen. "Selbstdarstellung hilft niemandem", sagte Fraktionschef Rolf Mützenich der "Süddeutschen Zeitung".
Habeck für mehr Kompromissbereitschaft
Vizekanzler Rober Habeck (Grüne) hatte die Zusammenarbeit der Ampel zuletzt in den tagesthemen bitter bewertet - und eine Kompromissbereitschaft aller Ampelpartner gefordert. "Alle kommen aus unterschiedlichen politischen Vorstellungen", sagte er den Sendern RTL/ntv. "Und wenn man sich auf die konzentriert, also auf die Erwartungen, die Parteifreunde, die eigenen Freundeskreise, vielleicht die eigenen Medien-Freunde haben, dann kriegt man eben nicht das gemeinsame Werk hin", fügte er hinzu. Also müssten alle etwas gewinnen. "Und das bedeutet, alle müssen auch was geben. Das ist das Geheimnis von Kompromissen."
Nouripour: Weniger Streit auf offener Bühne
Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour rief im ZDF-Morgenmagazin dazu auf, weniger "auf offener Bühne" zu streiten. Streit sei zwar wichtig, aber müsse nicht so öffentlich ausgetragen werden. Habecks Kritik könne er gut verstehen - "das musste einfach mal raus", sagte Nouripour.
Für das Treffen am Sonntag wünsche er sich, dass die teilnehmenden Parteien darauf schauen, "was gut für das Land ist". Man müsse nicht alles immer mit einer "Farbe" versehen, ergänzte Nouripour. Der Grünen-Vorsitzende zeigte sich zuversichtlich, dass der Koalitionsausschuss dazu beitragen könne, Lösungen in den zentralen Streitthemen zu finden.
Bereits vor einem Jahr war die Koalition mit ganz unterschiedlichen Vorstellungen in einen Koalitionsausschuss gegangen. Damals ging es um Entlastungen wegen der hohen Energiepreise. Am Ende einigte sich die Koalition auf Punkte, bei denen jede Partei einen Erfolg für sich verbuchen konnte - vom 9-Euro-Ticket bis zum Tankrabatt.
Treffen am Sonntag
SPD, Grüne und FDP wollen sich am Sonntag zu einem Koalitionsausschuss treffen, um zentrale Streitthemen anzugehen. Dazu zählen unter anderem der Haushalt und die Prioritäten für das kommende Jahr. Vor allem Grüne und FDP streiten seit Wochen über zentrale Vorhaben wie die Kindergrundsicherung.
Zudem gibt es aus zahlreichen Ressorts zusätzliche Finanzforderungen für die Haushaltsplanung, die sich auf bis zu 70 Milliarden Euro summieren. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will aber wie in diesem Jahr weiter die Schuldenbremse einhalten. Er musste wegen des Konflikts den für Mitte März geplanten Kabinettsbeschluss zu den Haushaltseckpunkten 2024 und zum Finanzplan bis 2027 verschieben.