Von der Leyen Dublin-Reform und andere Zugeständnisse
Von der Leyen muss als künftige EU-Kommissionspräsidentin bald liefern. Und sie hat konkrete Vorstellungen: Sie will Dublin reformieren, dem verschuldeten Italien entgegenkommen und mehr Verständnis für Mittel- und Osteuropa.
Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen fordert, sich sachlich mit dem Thema Migration auseinanderzusetzen. "Schluss mit dem Fingerzeigen, sehr pragmatisch arbeiten, Lösungen finden, die nicht allzu weit weg sind, aber leicht zu erreichen sind", sagte sie in der "Bild"-Zeitung.
Dublins "zu einfache Gleichung" reformieren
"Wir müssen Dublin reformieren, um mehr Fairness und Lastenverteilung zu erreichen", meinte die CDU-Politikerin. Nach dem Dublin-Verfahren müssen Asylbewerber in dem Land registriert werden, in dem sie die Europäische Union betreten. "Ich habe nie wirklich verstanden, warum Dublin mit der einfachen Gleichung begann: Wo ein Migrant zuerst europäischen Boden betritt, muss er oder sie bleiben", so von der Leyen. "Wir können nur dann stabile Außengrenzen haben, wenn wir den Mitgliedstaaten, die aufgrund ihrer Position auf der Karte dem größten Druck ausgesetzt sind, genügend Hilfe leisten", sagte sie weiter.
Schutz der EU-Außengrenzen, aber auch Hilfe
"Unser politischer Ansatz sollte sich darauf konzentrieren, Menschen davon abzuhalten, überhaupt in diese Gummiboote zu steigen. Aber sobald sich Menschen auf die gefährliche Reise übers Mittelmeer begeben haben, sind wir verpflichtet zu helfen", erklärte sie in der "Welt". Laut der Zeitung fordert sie einen konsquenten Schutz der europäischen Außengrenzen und mehr Tempo beim Frontex-Ausbau. Leben zu retten sei immer eine Verpflichtung, aber Leben zu retten allein löse nicht das eigentliche Problem.
Auf die Forderung, dass alle EU-Staaten sich an der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen, wollte sich von der Leyen nicht festlegen. "Wir brauchen eine faire Lastenteilung - vielleicht auf unterschiedlichen Feldern durch unterschiedliche Länder", sagte sie. Eine EU-weite Verteilung von Flüchtlingen lehnen insbesondere die osteuropäischen Staaten ab.
Verständnis für Polen und Ungarn
Mit Blick auf die Staaten in Mittel- und Osteuropa warb sie um Verständnis - vor allem im Streit um die Rechtsstaatlichkeit in Polen und Ungarn. "Es ist wichtig, die Debatten zu versachlichen", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". In den betroffenen Ländern herrsche bei vielen das Gefühl, "nicht voll akzeptiert zu sein". Volle Rechtsstaatlichkeit sei zwar immer das Ziel, "aber keiner ist perfekt". Finanzielle Sanktionen kämen nur als das "allerallerletzte Mittel nach vielen Stufen, die vorher kommen" infrage.
Wegen mangelnder Rechtsstaatlichkeit hat die EU-Kommission bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen und Ungarn eingeleitet. Anlass sind umstrittene Justizreformen, welche die Unabhängigkeit der Justiz gefährden.
Zugeständnisse an Rom?
Einen gemäßigten Ton schlägt sie auch Richtung Italien an: Der Regierung in Rom stellt sie im Schuldenstreit mit der EU weitere Zugeständnisse in Aussicht. "Es gibt aus gutem Grund Regeln beim Stabilitäts- und Wachstumspakt. Die müssen eingehalten werden. Es gibt aber auch viel Flexibilität in dem Regelwerk, die man besser ausnutzen kann, um Wachstum über Investitionen zu ermöglichen", meinte von der Leyen. Italien ist nach dem langjährigen Krisenstaat Griechenland das am höchsten verschuldete EU-Mitglied.
Italien muss bis Mitte Oktober der EU-Kommission seinen Entwurf für den Haushalt 2020 vorlegen. Die Kommission, die gerade auf Sanktionen gegen Italien wegen seines Defizits verzichtet hat, will Zusagen, dass das Budget nicht gegen die EU-Fiskalregeln verstößt.