Nach der Wahl von der Leyens Glückwünsche, Kritik, Erwartungen
Kanzlerin Merkel hat eine "neue Partnerin in Brüssel", die SPD hält es weiter für richtig, sich nicht für von der Leyen ausgesprochen zu haben: Glückwünsche und mahnende Worte gibt es für die künftige EU-Kommissionschefin.
Spitzenpolitiker in Berlin haben der neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Wahlsieg gratuliert. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete sie als "überzeugte und überzeugende Europäerin". Von der Leyen werde mit großem Elan die Herausforderungen angehen, "vor denen wir als Europäische Union stehen".
Merkel erklärte, sie verliere zwar eine langjährige Ministerin, gewinne aber eine neue Partnerin in Brüssel: "Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit." Mit von der Leyen gebe es zum ersten Mal eine Frau an der Spitze der Kommission "und nach über 50 Jahren auch wieder eine Deutsche an der Spitze der europäischen Exekutive".
"Ministerin verloren, neue Partnerin in Brüssel gewonnen", sagte Kanzlerin Merkel zur Wahl von der Leyens.
Maas lobt Bekenntnis zu solidarischem Europa
Auch die SPD gratulierte von der Leyen zur Wahl, obwohl die deutschen SPD-Europaabgeordneten angekündigt hatten, gegen sie zu stimmen. Bundesaußenminister Heiko Maas erklärte, von der Leyen habe in ihrer Rede für eine vereinte und starke EU geworben. Daran wolle man nun gemeinsam arbeiten. Maas lobte, von der Leyen habe sich zu einem sozialen und solidarischen Europa bekannt.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach von großen Herausforderungen für von der Leyen. Diese könne man nur als geeintes, souveränes und solidarisches Europa lösen. "Deshalb ist es gut, dass die künftige Kommissionspräsidentin zentrale Vorhaben aufgegriffen hat." Als Beispiele nannte er eine faire Besteuerung von Unternehmen und eine starke Klimapolitik.
Schäfer-Gümbel verteidigt Ablehnung
Der kommissarische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel verteidigte die Ablehnung der SPD von der Leyens bei der Wahl zur EU-Kommissionspräsidentin. Die SPD habe es nicht für klug gehalten, das Spitzenkandidatenprinzip, "eines der zentralen Versprechen" vor der Wahl, "einfach beiseite zu schieben", sagte er im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF.
In der Partei sei eine deutliche Mehrheit der Auffassung gewesen, "dass es nicht klug ist, weil es uns auf der langen Linie, spätestens bei der Europawahl, einholen wird", sagte Schäfer-Gümbel.
Brinkhaus kritisiert SPD
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) übte Kritik an der Haltung der SPD. "Das muss die SPD erstmal erklären", sagte er im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. "Wir haben das erste Mal seit über 50 Jahren wieder eine Deutsche, wir haben eine Frau, wir haben eine glühende Europäerin jetzt auf dem Posten sitzen", sagte Brinkhaus über von der Leyen. "Insofern ist das sehr, sehr schwierig für die SPD zu erklären, warum ausgerechnet die deutsche SPD jetzt sagt, Ursula von der Leyen wollen wir nicht."
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer schloss in ihrer Kritik auch die Grünen mit ein. Im EU-Parlament habe es eine deutliche Mehrheit bei Liberalen und Sozialdemokraten gegeben. Umso seltsamer und befremdlicher sei die Tatsache, dass die erste Deutsche an der Kommissionsspitze seit mehr als 50 Jahren nicht von SPD- und Grünen-Abgeordneten unterstützt worden sei.
Kritik von den Grünen
Die Grünen gratulierten von der Leyen und übten zugleich Kritik: Dass die CDU-Politikerin erst kurz vor ihrer Wahl zentrale Themen zur Sprache gebracht habe, zeige, "wie kontraproduktiv die Hau-Ruck-Aktion des Rates gegen das Europäische Parlament war", erklärten die Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck.