Zählung im Wattenmeer Bestand der Seehunde geht zurück - Ursache unklar
23.700 Seehunde wurden bei der aktuellen Zählung im Wattenmeer vor Dänemark, Deutschland und den Niederlanden erfasst. Das ist mehr als im Vorjahr - doch langfristig gesehen gehe der Bestand zurück, so Forscher. Die Gründe dafür sind unklar.
In der Nordsee leben derzeit weniger Seehunde als noch vor zehn Jahren. Forscher warnen vor einem drohenden "langfristigen Rückgang" der Spezies.
Wie das Gemeinsame Wattenmeersekretariat der Anrainerstaaten Deutschland, Niederlande und Dänemark in Wilhelmshaven mitteilte, wurden bei der aktuellen Sommerzählung etwa 23.700 Tiere im Wattenmeer erfasst. Das entspreche zwar einem Plus von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr, bleibe aber unter den Beständen der Zählungen in den Jahren 2012 bis 2020.
Im Zeitraum von 2003 bis 2012 habe der Bestand an Seehunden im Wattenmeer beständig zugenommen, hieß es vom Wattenmeersekretariat weiter. Bis 2020 sei die Zahl der Tiere dann relativ beständig geblieben, seitdem werden bei den Zählungen aber jedes Jahr weniger Tiere verzeichnet. Mittlerweile sei der Seehundbestand wieder kleiner als vor zehn Jahren.
Mehr Tiere in Deutschland, weniger in Dänemark
Allein im Vergleich der diesjährigen Sommerzählung zum Vorjahr gab es in den Regionen des Wattenmeeres Unterschiede bei der Entwicklung des Seehundbestandes. In Dänemark sank die Zahl der Tiere im Vorjahresvergleich um sechs Prozent, in den Niederlanden um zwei Prozent. Im deutschen Wattenmeer lebten dagegen mehr Seehunde als 2023: In Schleswig-Holstein stieg ihre Zahl um sieben Prozent, in Niedersachsen und Hamburg - zu dessen Gebiet auch die Insel Neuwerk in der Nordsee zählt - sogar um 14 Prozent. Auf Helgoland aber sank sie um 22 Prozent. Die Kolonie dort ist mit 56 Tieren aber nur klein.
Alarmierend ist dabei laut Wattenmeersekretariat, dass offenbar immer weniger Jungtiere geboren werden. Bei der jüngsten Zählung wurden insgesamt 8.230 Jungtiere erfasst, was einem Rückgang gegenüber 2023 um zwölf Prozent entspricht. Außer in Dänemark lag die Zahl überall niedriger als im Vorjahr.
Gründe für Rückgang unklar
Warum der Bestand an Seehunden mittlerweile das vierte Jahr in Folge zurückgegangen ist, können sich die Forscher bislang nicht genau erklären. Krankheiten oder großflächige Abwanderungsbewegungen werden als "Hauptfaktoren" aber ausgeschlossen. Laut Wattenmeersekretariat werden unter anderem Konkurrenz durch anderen Tiere um Nahrungsressourcen sowie "menschliche Aktivitäten" als mögliche Gründe diskutiert. Nun sei "weitere Forschung notwendig, um fundierte Maßnahmen zum Schutz der Seehundpopulation zu entwickeln".
Seehunde und die mit ihnen verwandten größeren Kegelrobben lebten früher in großer Zahl in Nord- und Ostsee, wurden jedoch im Lauf des vergangenen Jahrhunderts drastisch dezimiert. Durch intensive Schutzmaßnahmen begannen sich ihre Bestände seit den 1970er-Jahren langsam zu erholen. Das Wattenmeer erstreckt sich über eine Gesamtlänge von mehr als 500 Kilometern entlang der Nordseeküsten der Niederlande, Deutschlands sowie Dänemarks. Es ist seit 2009 UNESCO-Weltnaturerbe, die drei Anrainerstaaten schützen es gemeinsam.