Fragen und Antworten Warum gibt es Zusatzbeiträge?
Die Krankenkassen brauchen mehr Geld. Mit neuen Zusatzbeiträgen wollen sie es sich jetzt von den Versicherten holen. tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die geplanten Zusatzbeiträge: Warum werden sie erhoben und wer muss wie viel bezahlen?
Die Krankenkassen brauchen mehr Geld. Mit neuen "Zusatzbeiträgen" wollen es sich die Kassen jetzt von den Versicherten holen. tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die geplanten Zusatzbeiträge: Warum werden sie erhoben und wer muss wie viel bezahlen?
Warum gibt es Zusatzbeiträge?
Die angekündigten Zusatzbeiträge sind ein Nebenprodukt des unter der Großen Koalition im Jahr 2007 eingeführten Gesundheitsfonds. Dieser bescherte den Krankenkassen erstmals einen einheitlichen Beitragssatz. Dieser lag zunächst bei 15,5 Prozent, wurde jedoch im Rahmen des Konjukturpakets II auf 14,9 Prozent gesenkt.
Die Krankenkassen bekommen ihre Zuweisungen direkt aus dem Fonds. Kommt eine Kasse mit dem ihr zugeteilten Geld nicht aus, darf sie sich das fehlende Geld direkt von ihren Versicherten holen - per Zusatzbeitrag. Im gegenteiligen Fall dürfen Kassen Prämien an ihre Mitglieder ausschütten. Dies soll in Zeiten des Einheitssatzes einen Wettbewerb unter den Kassen ermöglichen.
Wer muss Zusatzbeiträge bezahlen?
Neben der DAK haben sieben weitere Kassen angekündigt, einen Zusatzbeitrag zu erheben. Nach Informationen der Stiftung Warentest wollen in diesem Jahr mehr als 50 Kassen auf Zusatzbeiträge verzichten. Die Vorstandschefin des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung, Doris Pfeiffer, rechnet allerdings damit, dass Zusatzbeiträge dann im kommenden Jahr für fast alle gesetzlich Versicherten fällig werden.
Andere Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass bereits zur Jahresmitte 2010 jedes zweite der rund 51 Millionen Kassenmitglieder betroffen sein wird. Zusammen mit den beitragsfrei Mitversicherten gibt es insgesamt rund 70 Millionen Versicherte. Generell gilt aber: Es zahlt nur das Kassenmitglied, nicht aber der mitversicherte Partner oder mitversicherte Kinder.
Gibt es Ausnahmen?
Versicherte, die Sozialhilfe oder Grundsicherung erhalten, weil ihre Rente gering ist, zahlen den Zusatzbeitrag nicht selbst. In diesen Fällen übernimmt das Amt die Kosten. Auch für Langzeitarbeitslose wird der Zusatzbeitrag "in Härtefällen" von der Bundesagentur für Arbeit übernommen. Details dazu müssen laut Gesundheitsministerium allerdings noch geklärt werden.
Ab wann müssen Versicherte zahlen?
Die DAK hat beispielsweise den Zusatzbeitrag ab dem 1. Februar beschlossen. Wie ein DAK-Sprecher mitteilte, werde der Beitrag sechs Wochen nach diesem Stichtag, also am 15. März, fällig. Die entsprechenden Bescheide würden bereits an die Versicherten verschickt.
Der Zusatzbeitrag muss nicht monatlich erhoben werden, sondern kann auch erst im Nachhinein fällig werden. So verfuhr beispielsweise die Gemeinsame Betriebskrankenkasse Köln (GBK) im vergangenen Jahr: Sie informierte ihre Mitglieder im Juli über den Zusatzbeitrag, erhob ihn allerdings erstmals Ende September für das gesamte zurückliegende Quartal.
Wie und wann müssen die Kassen informieren?
Krankenkassen müssen per Bescheid oder in ihrer Mitgliederzeitschrift den Zusatzbeitrag, seine Höhe und die genauen Zahlungsmodalitäten mitteilen. Spätestens einen Monat vor der ersten Fälligkeit muss die Kasse jedoch ihre Mitglieder auf den neuen Beitrag und das bestehende Sonderkündigungsrecht hinweisen.
Wie wird der Beitrag bezahlt?
Die DAK schlägt ihren Versicherten vor, den Beitrag direkt per Einzugsermächtigung zu bezahlen.
Was passiert, wenn die Zahlung verweigert wird?
Dann kommt auf den Versicherten ein Mahnverfahren zu. Reagieren säumige Versicherte nicht, drohen ihnen weitere Sanktionen bis hin zur Pfändung. Ihren Versicherungsschutz verlieren sie allerdings nicht. Ist der Versicherte mit seinen Zahlungen mehr als zwei Monate im Rückstand, kann die Kasse den Versicherungssschutz bis auf eine Notversorgung einschränken.
Wie hoch können Zusatzbeiträge ausfallen?
Bis zur Schwelle von acht Euro können die Extra-Beiträge ohne Einkommensprüfung erhoben werden. Soll der Zusatzbeitrag höher ausfallen, müssen die Kassen erst einmal kontrollieren, wie hoch das Einkommen der Versicherten ist. Dafür ist ein großer Verwaltungsaufwand notwendig. Die Obergrenze des Zusatzbeitrags liegt bei einem Prozent des Brutto-Monatseinkommens. Das Maximum liegt bei 37,50 Euro im Monat oder 450 Euro im Jahr.
Lohnt sich ein Wechsel der Krankenkasse?
Verbraucherschützer warnen vor überstürzten Entscheidungen. Auch die neue Kasse könne später einen Zusatzbeitrag erheben. Wolfram-Arnim Candidus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten, rät davon ab, wegen der Zusatzbeiträge die Kasse zu wechseln. Ob und wie lange man durch den Wechsel besser wegkomme, wisse man nicht.
Wechsel der Kasse - aber wie?
Erhebt eine Krankenkasse einen Zusatzbeitrag, haben Versicherte ein Sonderkündigungsrecht. Für die Kündigung reicht ein einfaches Kündigungsschreiben an die Versicherung aus. Binnen zwei Wochen muss die Kasse dann eine Bestätigung des Schreibens schicken, die dann bei der neuen Kasse eingereicht werden muss. Zum Abschluss der Kündigung braucht dann die alte Kasse noch eine Mitgliedsbestätigung der neuen Kasse.
Braucht es Zusatzbeiträge, weil die Kassen schlecht wirtschaften?
Doris Pfeiffer, Vorstandschefin des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung, sagte im Deutschlandfunk, dass die Zusatzbeiträge nicht wegen Managementfehlern erhoben würden. Vielmehr seien die Kosten für Ärzte, Krankenhäuser und Arzneimittel immer weiter gestiegen, während die Einnahmen zurückgingen. "Das ist ein Problem, das alle Kassen haben", betonte sie.
Nach jüngsten Prognosen fehlen den gesetzlichen Kassen in diesem Jahr rund vier Milliarden Euro. Angesichts der Wirtschaftskrise müsse es auch im Gesundheitswesen Einschnitte geben, sagte die Verbandschefin.
Zusammengestellt von Andreas Wallbillich für tagesschau.de