Zuwendung von Ex-FPÖ-Funktionär AfD nimmt millionenschwere Plakatspende an
Die AfD hat die millionenschwere Plakatspende eines ehemaligen FPÖ-Funktionärs angenommen. Erste Plakate sollen bereits veröffentlicht sein. Der Spender soll nach Recherchen von NDR und WDR auch eine umstrittene Schweizer Werbeagentur kontaktiert haben.
Es geht um die wohl höchste Parteispende in der Geschichte der AfD: eine Zuwendung im Wert von 2.349.906,62 Euro. Schon bald sollen 6.395 Plakate überall in Deutschland zusätzlich zur offiziellen Kampagne für die AfD werben. Erste Plakate sollen heute schon veröffentlicht worden sein.
NDR und WDR hatten am Sonntag zuerst über die Spende berichtet. Bei dem Spender handelt es sich um den Vorarlberger Ex-FPÖ-Landesgeschäftsführer Gerhard Dingler.
Der Bundesvorstand der AfD hat nach Informationen von WDR und NDR heute entschieden, die Spende anzunehmen und die Annahme der Spende sowie den Namen des Gönners an die Bundestagsverwaltung gemeldet. Das bestätigte die Bundestagsverwaltung. "Auf der Grundlage dessen, was hier bekannt ist (Parteispende des österreichischen Staatsbürgers Gerhard Dingler) liegt kein Anhaltspunkt für eine mögliche Unzulässigkeit dieser Spendenannahme vor."
Dingler: "Sorge um fehlende Sicherheit in Deutschland"
Dennoch wirft der Vorgang Fragen auf - etwa, warum ein Österreicher ohne ersichtliche Beziehungen zur deutschen Bundespolitik und der deutschen AfD eine millionenteure Wahlwerbung spendiert.
Fragen, ob er der tatsächliche Spender sei und ob er für die Finanzierung der kompletten Kampagne sein eigenes Geld verwendet hat, beantwortet Dingler am Telefon. Die Spende stamme aus seinem Privatvermögen. Er verwies auf eine Erklärung, in der er seine Sorge um eine Eskalation des Ukraine-Kriegs, fehlende Sicherheit in Deutschland und eine falsche Energiepolitik als Grund für die Spende nennt.
Deshalb habe er sich entschlossen, die AfD "trotz einiger Aussagen, mit denen ich nicht übereinstimme, mit einer Plakataktion zu unterstützen." Dingler unterschreibt seine Einlassungen mit "Club der Freunde und Förderer von Frieden und Sicherheit". Der Club, sagt er, sei in Gründung mit Freunden aus Wirtschaft und Politik. Daraus könnte eine langfristige Unterstützung für Deutschland und die AfD werden, so Dingler.
Spender kontaktierte umstrittene Werbeangentur
Nach Informationen von WDR und NDR suchte Dingler offenbar ursprünglich erfahrene Unterstützung bei der Umsetzung seines Vorhabens. So bestätigte Alexander Segert, Chef einer umstrittenen Schweizer Werbeagentur namens GOAL AG, dass sich Dingler an ihn gewandt habe. Die GOAL AG war bereits für verschiedene rechte und rechtspopulistische Parteien in ganz Europa in der Vergangenheit tätig gewesen - auch für Dinglers ehemaligen FPÖ-Landesverband.
Segert sagte WDR und NDR auf Anfrage, dass er Dingler aus einem Wahlkampf der FPÖ im Jahr 2009 kenne. "Er hat mich vor einiger Zeit auch angefragt, ob die GOAL AG eine Wahlkampagne für ihn entwerfen könnte." Segert habe diesen Auftrag abgelehnt, da die GOAL AG nicht mehr im Ausland tätig sei. Er habe dem Mann "jedoch einige Kontakte empfohlen, um seine Idee zu realisieren". Ob es sich dabei zum Beispiel um ein Werbemittelunternehmen aus Nordrhein-Westfalen handelt, das die jetzige Werbekampagne im Spenderauftrag organisieren soll, sagte er nicht.
Skandal um frühere Parteispenden
Die GOAL AG und die AfD haben eine gemeinsame Vergangenheit. In neun Wahlkämpfen von 2016 bis letztmals 2018 soll die GOAL AG im Auftrag eines AfD-Unterstützervereins und dessen anonym gebliebenen Finanziers groß angelegte Werbeaktionen zugunsten der AfD organisiert haben - für die gesamte Partei und für einzelne Funktionäre.
Die GOAL AG soll damals für den Verein, der zunächst nur eine Briefkastenadresse unterhielt, unter anderem Slogans und Plakate entworfen, Rechnungen bezahlt und die Post angenommen haben. Für die AfD wurde diese mutmaßlich viele Millionen Euro teure Unterstützung zu einem Skandal, in Teilen zu einer Parteispendenaffäre: Immer wieder gab es den Verdacht, dass es wahlkampfbezogene Absprachen zwischen den Initiatoren der angeblich unabhängigen Werbekampagne und der Partei gegeben habe. Dann hätte die AfD die Werbeaktion als Parteispende melden müssen - so, wie die AfD es nun bei der neuerlichen Großkampagne vor der Bundestagswahl offenbar gemacht hat.
Ermittlungsverfahren gegen die AfD
Die AfD hatte aber solche Absprachen bezüglich früherer Kampagnen stets bestritten. Die Zuwendungen hatte sie damals nicht als Parteispenden behandelt und deshalb auch nicht gemeldet oder als Einnahmen der Partei verbucht. Einzelne Zuwendungen aus dieser Kampagne wurden später nachgemeldet. Bis heute läuft zu dem Komplex ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Berlin gegen ehemalige Funktionäre der AfD.