Tiergarten-Mord Diplomaten zu eilig ausgewiesen?
Im Zusammenhang mit dem Tiergarten-Mord hat die Bundesregierung offenbar erst russische Diplomaten ausgewiesen und dann um Rechtshilfe gebeten. Das bestätigte die Regierung auf Anfrage der Linkspartei.
Die Berliner Staatsanwaltschaft hat das erste justizielle Rechtshilfeersuchen erst am 6. Dezember der russischen Generalstaatsanwaltschaft übersandt. Das geht aus einer schriftlichen Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen hervor, die dem ARD-Hauptstadtstudio exklusiv vorliegt. Ein zweites Rechtshilfeersuchen ist demnach am 10. Dezember übersandt worden.
Schon Tage zuvor, nämlich am 4. Dezember, hatte die Bundesrepublik zwei russische Diplomaten ausgewiesen, da die russische Seite die Zusammenarbeit bei der Aufklärung des Mordes verzögert und erschwert habe.
Eine Frage der Glaubwürdigkeit
Dagdelen erklärte dazu: "Die Bundesregierung hat gegenüber der Öffentlichkeit als Grund für die Ausweisung den Eindruck erweckt, dass die russische Justiz nicht adäquat kooperiere. Es erschüttert nun die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung, dass deutsche Behörden erst Monate nach dem Mord und sogar auch noch nach der Ausweisung der russischen Diplomaten offizielle Rechtshilfeersuchen an die russische Seite stellten."
Der Mord an einem 40-jährigen Georgier im Kleinen Tiergarten in Berlin geschah am 23. August, er wurde zum Politikum zwischen Deutschland und Russland. Schon bald stand der Verdacht der möglichen Mitwirkung russischer Dienste am Verbrechen im Raum.
Wer hat wann Informationen zum Tiergarten-Mord eingeholt?
Bundesregierung: Mehrfach Anfragen gestellt
Das Auswärtige Amt verwies dem ARD-Hauptstadtstudio gegenüber auf die Aussage von Regierungssprecher Steffen Seibert, dass deutsche Dienste, unter anderem das Bundeskriminalamt mehrfach Erkenntnisanfragen und Ersuchen an Moskau gestellt hätten. Dabei hätten sie jedoch keine ausreichende Rückmeldung erhalten. Dies begründe die Ausweisung der russischen Diplomaten.
Sevim Dagdelen kritisiert, die Bundesregierung habe nicht umgehend den offiziellen Weg der Rechtshilfe gewählt.
Justizielle Rechtshilfeersuchen allerdings scheint es laut der schriftlichen Anfrage bis zum 6. Dezember nicht gegeben zu haben, die Staatsanwaltschaft Berlin war bis zur Übernahme des Falls durch den Generalbundesanwalt wenige Tage zuvor die zuständige Ermittlungsbehörde. Dagdelen hält das für empörend: "Es ist bemerkenswert, dass die Bundesregierung hier vor allem auf eine funktionierende Kooperation von deutschem und russischen Geheimdiensten hoffte, statt umgehend den offiziellen Weg der Rechtshilfe zu gehen", sagte sie.
Die Bundesanwaltschaft wollte sich mit Verweis auf laufende Ermittlungen dazu nicht äußern.