Flüchtlingsbehörde BAMF drohen bei IT offenbar drastische Einschnitte
Die derzeit hohe Zahl von Asylbewerbern bringt die Flüchtlingsbehörde an die Belastungsgrenze. Ausgerechnet jetzt bedrohen Sparpläne die Arbeitsfähigkeit.
Der wichtigsten Flüchtlingsbehörde der Republik, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), drohen offenbar drastische Einschnitte im wichtigen IT-Bereich. Nach Informationen von WDR und NDR könnte die Kündigung von etwa 350 externen Kräften die Folge sein.
Den Informationen zufolge sahen die Haushaltsplanungen der Bundesregierung für das kommende Jahr zuletzt nur rund 40 Millionen Euro für Aufträge und Dienstleistungen im Bereich Informationstechnik vor - angemeldet durchs BAMF sind jedoch mehr als 120 Millionen Euro. In den vergangenen Jahren sollen die Ausgaben für IT-Dienstleistungen jeweils bei mehr als 100 Millionen Euro gelegen haben.
Gegenüber dem übergeordneten Bundesinnenministerium soll aus dem BAMF deutlich gemacht worden sein, dass durch derartige Einsparungen "nicht nur die Zukunftsfähigkeit, sondern auch der reguläre Dienstbetrieb im Jahr 2024 gefährdet wäre", wie es in einer internen Vorlage heißt. "Schwere, zum Teil auch unplanbare Auswirkungen auf das IT-Leistungsniveau des BAMF wären die Folgen." Allgemein über Einsparpläne hatte zuerst die "Bild"-Zeitung berichtet.
Mögliche Annäherung bei der IT-Finanzierung
Das Bundesamt wollte sich auf Anfrage angesichts der noch laufenden Aufstellung des Haushalts nicht äußern. Eine endgültige Entscheidung soll in der Nacht auf Freitag in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses fallen. Nach Informationen von WDR und NDR zeichnete sich zuletzt eine mögliche Annäherung bei der IT-Finanzierung beim Bundesamt ab. Details dazu sind unbekannt.
Die Sparpläne treffen das Bundesamt ausgerechnet in einer Zeit mit den höchsten Asylzugangszahlen seit Jahren. Die Behörde mit Hauptsitz in Nürnberg ist zentral für die Bewältigung, weil sie für die Prüfung der Asylanträge zuständig ist. In einem Schreiben an Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte BAMF-Präsident Hans-Eckhard Sommer Anfang November prognostiziert, dass "bis zum Ende des Jahres mit einem Asylzugang von 350.000 oder sogar darüber hinaus gerechnet werden" müsse.
Mit Blick auf die geplanten Einsparungen im IT-Bereich schrieb Sommer, dass der "Dienstbetrieb und die Erfüllung der Kernaufgaben" des Bundesamts "gefährdet" sei. Das BAMF müsste für die Erfüllung vieler seiner Aufgaben "wieder zu Papierlösungen oder Excel-Listen zurückgehen".
Eine Recherche von WDR und NDR hatte bereits im Oktober gezeigt, dass das Bundesamt aufgrund der hohen Zugangszahlen an seine Belastungsgrenze gestoßen war. Der laufende Betrieb des BAMF wurde demnach vor allem durch Umschichtungen des Personals in den Asylbereich sichergestellt.
Im Zuge der Migrationskrise in den Jahren 2015 und 2016 hatte das BAMF die Digitalisierung des Registrierungs- und Asylprozesses massiv vorangetrieben. Dabei wurden auch neue Methoden wie das Auslesen von Mobiltelefonen oder die digitale Dialektanalyse ausprobiert. Sie würden voraussichtlich von möglichen Einsparungen betroffen sein. Auswirkungen könnte es auch für das digitale Assistenzsystem für Sicherheitsmeldungen oder das digitale Sicherheitsüberprüfungsverfahren geben.
Angesichts der hohen Arbeitsbelastung des BAMF tauschen sich Innenministerium und Bundesamt bereits länger darüber aus, wie Prozesse im Asylverfahren beschleunigt werden können. Im Sommer hatten sich die beiden Häuser schließlich auf eine Reihe von Maßnahmen geeinigt. Ende Oktober hatte die BAMF-Vizepräsidentin den Start der verschlankten Verfahren schließlich verkündet. Die Mail liegt WDR und NDR vor.
Die Verfahren sollen demnach effizienter werden, ohne Qualität oder Integrität der Verfahren selbst zu gefährden - sie betreffen allerdings auch sicherheitsrelevante Bereiche: So sollen Migranten seltener als bislang nach ihren Reisewegen befragt werden. Die Prüfung von vorgelegten Dokumenten soll sich auf das "aussagekräftigste Dokument" sowie das "älteste Dokument" beschränken. Weitere Kontrollen soll es nur geben, wenn Zweifel an der Identität aufkommen.
BAMF: Sicherheit wird gewährleistet
In einer Stellungnahme hat sich das BAMF gegen den Vorwurf gewehrt, weniger Wert auf Sicherheit zu legen: "Das Bundesamt versteht sich selbst als Sicherheitsbehörde und gewährleistet in enger Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden auch weiterhin die Sicherheit im Asylverfahren", erklärte das BAMF. Die Behörde verwies exemplarisch darauf, dass Abfragen aus europäischen Systemen weiterhin regelmäßig stattfinden - nur nicht mehr, wenn die letzte Abfrage weniger als 14 Tage zurückliegt.
Das Bundesinnenministerium wies Bedenken zurück: "Es handelt sich bei den seitens des Bundesamts in Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium erfolgten Maßnahmen zur Bewältigung der aktuellen Asyllage um gut abgewogene und sehr spezifizierte Maßnahmen, die Effizienzgewinne in der Bearbeitung freisetzen, ohne zu Sicherheitsverlusten zu führen", erklärte ein Sprecher.