Investmentbanker Ritchie Deutsche Bank-Vize nutzte Briefkastenfirma
Die Kanzlei Mossack Fonseca verhalf hunderttausenden Kunden zu Briefkastenfirmen. Nun ergeben Recherchen: Darunter ist auch der scheidende Vize-Chef der Deutschen Bank. Die Behörden seien informiert - unklar ist, wie lange schon.
Der scheidende Vize-Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Garth Ritchie, war Kunde der Skandalkanzlei Mossack Fonseca. Das geht aus dem Datenbestand der Anwaltskanzlei hervor, den Reporter von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" gemeinsam mit internationalen Partnern unter dem Schlagwort Panama Papers ausgewertet und veröffentlicht haben.
Demnach hat Ritchie über die Schweizer Bank Credit Suisse im Jahr 2009 eine Gesellschaft auf den Britischen Jungferninseln gründen lassen. Das britische Überseegebiet in der Karibik gilt als sehr verschwiegene Steueroase. Experten gehen davon aus, dass dort gegründete Firmen auch dazu verwendet werden, um Gelder, Immobilien oder anderen Besitz vor den zuständigen Steuerbehörden geheim zu halten.
Die Kanzlei Mossack Fonseca half bei der Gründung hunderttausender Briefkastenfirmen.
Firma immer noch aktiv
Die Firma mit dem Namen "Graysand Services Limited" ist bis heute aktiv. Sie hat ihren Firmensitz mittlerweile von den Britischen Jungferninseln nach Südafrika verlegt. Ausweislich des südafrikanischen Handelsregisters ist Ritchie noch immer als Direktor der Gesellschaft eingetragen. Die Firma wird mittlerweile von einem anderen Dienstleister verwaltet.
Ein Sprecher von Ritchie bestätigte auf Anfrage, dass der Banker die Gründung der Gesellschaft beim Schweizer Finanzdienstleister Credit Suisse in Auftrag gegeben habe. Dass er dadurch eine Geschäftsbeziehung mit Mossack Fonseca eingegangen war, will er bis zur Veröffentlichung der Panama Papers im April 2016 nicht gewusst haben.
"Keinerlei finanzielle Vorteile"
Die Gesellschaft sei für den Kauf einer Ferienimmobilie in Südafrika verwendet worden. Es sei "allgemein üblich", solche Firmen für den Kauf von Auslandsimmobilien einzusetzen, teilte sein Sprecher auf Anfrage mit. "Hierbei handelt es sich um einen rein administrativen Vorgang und Herr Ritchie hatte daraus keinerlei finanzielle Vorteile." Die Behörden seien über den Sachverhalt informiert. Zu der Frage, ob Ritchie die Firma schon bei der Gründung offengelegt habe oder erst nach Veröffentlichung der Panama Papers, wollte sich der Sprecher nicht äußern.
Aus den Unterlagen geht hervor, dass die Credit Suisse die Kanzlei Mossack Fonseca zunächst bei der Gründung im Jahr 2009 offenbar nicht über den Zweck der Briefkastenfirma informiert hat. Erst 2011, auf Nachfrage der panamaischen Anwaltskanzlei, heißt es knapp, die Firma halte eine Immobilie. Die Credit Suisse antwortete auf die Anfrage von NDR, WDR und SZ nur allgemein mit der Aussage, die Bank betreibe ihr Geschäft unter Einhaltung aller geltenden Gesetze, Regeln und Bestimmungen in den Ländern, in denen sie tätig sei.
Top-Verdiener bei der Deutschen Bank
Garth Ritchie arbeitet seit 1996 bei der Deutschen Bank und sitzt seit 2016 im Vorstand. Er leitet das Investment-Geschäft. Ende Juli tritt er als Vorstand zurück, wie die Bank Anfang des Monats bekannt gab. Nach eigener Aussage wird er die Bank bis November weiter beraten. Die Trennung erfolgte einvernehmlich.
Ausweislich des Geschäftsberichts der Deutschen Bank war Ritchie im Jahr 2018 der Top-Verdiener des Unternehmens. Demnach erhielt er eine Vergütung von 8,6 Millionen Euro. Ritchie galt zuletzt als angeschlagen, weil das Investment-Geschäft, das er verantwortet, hohe Verluste verbucht hat. Außerdem geriet er in den Fokus der Kölner Staatsanwaltschaft, die die Ermittlungen in Sachen Cum-Ex im Juni auf Ritchie und andere Mitarbeiter der Deutschen Bank ausgeweitet hat.
Briefkastenfirmen unter Verdacht
Im April 2016 veröffentlichten Medien aus aller Welt Recherchen zu dem Panama Papers, einem riesigen Datensatz interner Dokumente der Kanzlei Mossack Fonseca. Die Unterlagen waren der "Süddeutschen Zeitung" zugespielt worden, die sie unter anderem mit NDR und WDR gemeinsam ausgewertet hat. Koordiniert wurde die Recherche vom Internationalen Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ). An der Recherche waren mehr als 400 Reporterinnen und Reporter beteiligt.
Im November des vergangenen Jahres waren Geschäftsräume der Deutschen Bank in Frankfurt durchsucht worden, weil Ermittler offenbar mit Hilfe der Informationen aus den Panama Papers eine Tochtergesellschaft der Bank in den Fokus genommen hatten. Die Firma mit dem Namen Regula Limited, genau wie Ritchies Briefkastenfirma gegründet auf den Britischen Jungferninseln, soll Kunden der Bank als Vehikel für Steuerstraftaten gedient haben.