Kampf gegen Coronavirus Welche Masken bieten welchen Schutz?
Atemschutzmaske, OP-Maske oder genähter Mundschutz - die Unterschiede bei Masken und dem Schutz, den sie bieten, sind groß. Manche könnten sogar ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln, meinen Experten.
Viel wird in diesen Tagen über Gesichtsmasken zum Schutz vor dem Coronavirus diskutiert. Doch Maske ist nicht gleich Maske - die Unterschiede sind groß: Atemschutzmasken sind aus gehärtetem Papier oder Stoffen und mehrlagig, sie haben Filter und sitzen mit etwas Abstand über Mund und Nase, liegen dabei an den Wangen eng an. Nur diese Masken sind für biologische Bedrohungen wie das SARS-CoV-2-Virus zertifziert, nur sie schützen sowohl vor Ansteckung als auch vor einer Verbreitung der Viren. Man nennt sie "Filtering Facepiece", abgekürzt FFP und teilt sie in Schutzklassen ein. Nur Atemschutzmasken mit Schutzklasse FFP2 oder FFP3 sind für medizinisches Personal im Umgang mit dem Coronavirus zertifiziert.
Aber: Hochwertige Masken dieser hohen Schutzklassen haben Ventile, die die Atemluft des Trägers nach außen entlassen. Ist der Träger infiziert, würden so auch Viren von ihm ausgestoßen. Zudem ist die Schutzwirkung dieser Masken nicht unbegrenzt, sie müssen also in regelmäßigen Abständen gewechselt werden.
Weil ihre sichere Verwendung also anspruchsvoll ist und vor allem, weil bei diesen Profi-Masken ein Engpass droht, sollten sie bis auf Weiteres nur medizinischem Personal vorbehalten sein.
Weitaus verbreiteter - vor allem in Asien - sind Mund-Nasen-Schutzmasken (MNS), auch OP-Masken genannt. Sie sind aus mehrere Lagen Stoff, wobei eine davon eine Filterwirkung haben und die äußere Schicht flüssigkeitsabweisend sein muss. Die Filterwirkung entsteht, wenn das spezielle Material durch die Reibung an den beiden anliegenden Schichten statisch aufgeladen wird. Sowohl diese Aufladung als auch der flüssigkeitsabweisende Schutz würden beim Waschen verloren gehen, weshalb in der EU nur Wegwerfprodukte zugelassen sind. Weil aber beide Maskentypen gerade Mangelware sind, hat das Robert Koch Institut am 13. März eine Mehrfachverwendung empfohlen.
Bieten genähte Stoffmasken Schutz?
Abgesehen von diesen zertifizierten Masken gibt es auch reine Stoffmasken, die sich Bürger selbst nähen oder die von verzweifelten Krankenhäusern bei deutschen Textilherstellern in Auftrag gegeben werden. Es gibt keine wissenschaftlichen Aussagen zu ihrem Nutzen, aber durchaus abweichende Einschätzungen: Der Berliner Virologe Christian Drosten meint, solche Masken könnten unter Umständen helfen, die Ausbreitung der Viren zu verlangsamen. Wer die Viren in sich trägt und hustet, schleudert dann weniger davon in die Öffentlichkeit. Zudem können Stoffmasken für die Allgemeinheit helfen, einen Mangel an professioneller Schutzausstattung im medizinischen Bereich zu vermeiden.
Die Geschäftsfrau Ming Gutsche ist seit 1996 mit Ihrer Firma DACH GmbH in Rastatt auf den europäischen Medizinmarkt spezialisiert. Sie entwirft zum Teil selbst "Persönliche Schutzkleidung" (PSA), die sie bis zuletzt in China fertigen ließ. Von Stoffmasken ohne Zertifikat hält sie nichts: "Sie sind völlig ungeeignet. Solche Produkte haben überhaupt keine Filterwirkung." Sie seien sogar gefährlich, "denn wer eine solche Maske aufzieht, fühlt sich womöglich geschützt, aber tatsächlich schützen sie gar nicht. Vielleicht schützen sie vor Kälte, aber definitiv nicht vor Viren."
Tatsächlich schreiben die EU-Normen vor, dass die Mund-Nasen-Schutzmaske "aus einer Filterschicht besteht, die zwischen Stoffschichten eingebettet, mit diesen fest verbunden oder in diese eingepasst ist." (EN 14683:2019+AC:2019) Die meisten Schnittmuster, die nun kursieren, aber auch das Produkt, das der schwäbische Textilunternehmen Wolfgang Grupp auf der Homepage seiner Firma Trigema anbietet, sehen nur zwei Schichten vor und weisen vor allem keine spezielle Filterschicht auf.
Das schreibt Trigema auch so auf der eigenen Webseite: "Keine Zertifizierung - nicht medizinisch oder anderweitig geprüft." Aber die Firma schreibt auch: "In der aktuellen Corona-Krise wird dringend Schutzbekleidung benötigt. Trigema hat seine Produktion daher umgestellt, um ab sofort dem Mundschutz-Mangel entgegenzuwirken.
Experten sehen die Gefahr, dass Menschen glauben, solche Masken könnten sie schützen. Solche Masken "entsprechen weder den Bestimmungen als Medizinprodukt noch den arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen als persönliche Schutzausrüstung", stellt Christian Kühn klar. Der selbstständige Sachverständige für das Gesundheitswesen aus Schleswig-Holstein warnt vor Behelfsmasken: "Bei biologischen Gefahrenlagen und Viren der Gefahrenklasse 3, wozu das Coronavirus derzeit zählt, sind wegen der Filtrierleistung und der kleinen Gesamtleckageraten mindestens Masken der Schutzstufe drei einzusetzen. Hiervon sind Stofftücher meilenweit entfernt."
Mundschutzmasken werden beim Bekleidungshersteller Trigema hergestellt.
Nur statisch aufgeladene Filterschicht wirkt
Die Filtrierleistung von zertifizierten MNS-Masken entsteht durch die statische Aufladung der mittleren Gewebeschicht - eine Eigenschaft, die selbstgebastelte oder auch in Textilfabriken genähte, einfache Stoffmasken nicht aufweisen können. Die "Gesamtleckageraten", die die Norm erwähnt, betreffen das Eindringen von Viren von der Seite und erklären, warum auch zertifzierter Mund-Nasen-Schutz in der Coronakrise nur die zweite Wahl sein kann: Nur dicht abschließende Atemschutzmasken der Schutzstufe zwei und drei würden wirkliche Sicherheit geben, sagt der Sachverständige Kühn.
Kühn ist auch Experte für Arbeitsschutz. Die Presseberichte über Kliniken, die nun in großer Stückzahl bei deutschen Textilunternehmen die - aus seiner Sicht untauglichen - Masken bestellen, sieht er mit großer Sorge: "Sicherlich steht hier die Idee, aktiv aus der Not heraushelfen zu wollen, im Vordergrund."
Fehlende Reserven
Die jetzige Knappheit an echter Schutzausrüstung - seien es Atem- oder Mund-Nasen-Schutzmasken, lastet Kühn der Politik an. Die Bundesregierung und die Länder hätten die eigenen Pandemiepläne und Empfehlungen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe nicht befolgt. Sie hätten keine entsprechenden Reserven an persönlicher Schutzausrüstung für die Einrichtungen der kritischen Infrastruktur - etwa Kliniken und Rettungswesen - vorgehalten.
Laut Kühn habe der Fachbereich Rettungsdienste des Verbandes für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit "bereits Anfang Februar" das Bundesgesundheitsministerium davor gewarnt, dass in vielen Rettungsdiensten die persönliche Schutzausrüstung zu Ende geht.