Brok und Brüssel Absprung verpasst
Die Karriere des dienstältesten EU-Politikers Elmar Brok steht vor dem Ende. Er hat den Absprung verpasst und stürzt sich nun selbst vom Sockel.
Elmar Brok hat den Zeitpunkt des selbstgewählten und damit würdigen Abschieds von der EU-Bühne endgültig verpasst. Eine Brüsseler Kultfigur, hoch geachtet - auch vom politischen Gegner - stürzt sich gerade selber vom Sockel.
Der ansonsten so gewiefte und kluge Taktiker Brok beschädigt sich selbst und den ihn unterstützenden NRW-Ministerpräsidenten noch dazu, wenn er sich jetzt allen Ernstes noch die Hintertür offenhält, die Demontage durch den Landesvorstand der NRW-CDU einfach zu ignorieren.
Talkshow-Dauergast findet keine Antwort
Wie ein trotziges Kind wirft er seinen Hut für die Europawahl auf der CDU-Landesdelegiertenkonferenz in den Ring. Um es sich selbst und allen zu beweisen und mit dann 73 Jahren nach der Europawahl im Mai vielleicht doch noch einmal dabei zu sein im neuen Europaparlament - bei den Kämpfen um den Fortbestand der Europäischen Union. Der letzte Zögling von Helmut Kohl betrachtet die EU auch als seins. Weil sie für ihn weit mehr ist als grenzfreies Reisen ohne Pass und weit mehr als Studieren mit Erasmus.
Für Brok ist sie eine Frage von Frieden und Krieg. Aber auch eine Frage des ganz persönlichen Überlebens. Weil er sich ein Leben ohne das Brüsseler, Straßburger und weltweite EU- Netzwerk gar nicht vorstellen kann. Auf die Frage‚ was er nach seinem Leben als Politiker und Talkshow-Dauergast machen will, findet er keine Antwort.
Nach wie vor ist Brok ein begehrter Gesprächspartner und Ratgeber, im Kanzleramt ebenso wie bei der Tea-Time mit den Brexit-Beratern von Theresa May. Den Brexit hat er als einer der wenigen in Brüssel vorausgesagt. Das Vereinigte Königreich kennt er gut, in Schottland hat er länger gelebt als David McAllister, sein Nachfolger als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament.
Umlagerter als andere Strippenzieher
Auch die Brüssel-Korrespondenten nähren die Brok-Illusion, unverzichtbar zu sein. Bei den Hintergrundgesprächen vor den Brexit-Sondergipfeln ist er umlagerter als jeder andere Brüsseler Strippenzieher.
Brok ist ein Meister des Sekundenschlafs und vor allem der Wachheit im entscheidenden Augenblick. Er kennt irgendwie alle und durchschaut so vieles klug. Doch wenn es um ihn selbst und seine Zukunft geht, ist er ratlos. Den Zeitpunkt des selbstgewählten und würdigen Abschieds von der EU-Bühne hat er jedenfalls verpasst.
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