Hongkong-Jubiläum Kein Grund zum Feiern
Die chinesische Staatsführung hat die Übergabe der einstigen britischen Kronkolonie Hongkong an China vor 25 Jahren groß gefeiert. Demos für mehr Demokratie gab es nicht. Das zeigt: Es gibt nichts zu feiern.
Verkehrte Welt, möchte man meinen: Ein Peking-treuer ehemaliger Polizist und Sicherheitschef wird als neuer Regierungschef Hongkongs vereidigt. Und die chinesische Staatsführung spricht von "Demokratie" ausgerechnet in der Stadt, in der sie - zusammen mit diesem einstigen Sicherheitschef - die Demokratiebewegung brutal unterdrückt hat.
Staats- und Parteichef Xi Jinping lobt bei den Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag den Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme", den er in Hongkong ausgehebelt hat. Er spricht von "Fortschritt" in einer Stadt, der er die Daumenschrauben angelegt hat.
Fortschritt? Demokratie? Ein Land, zwei Systeme? Wie so oft in China werden Begriffe verdreht und umgedeutet. Denn die Hongkonger Demokratiebewegung ist längst weggesperrt oder ins Exil getrieben worden. Die Presse- und Meinungsfreiheit hat die Pekinger Führung eingeschränkt, Hongkongs einst so lebendige Zivilgesellschaft eingeschüchtert und mundtot gemacht. Das Wahlrecht hat Peking einfach geändert, damit Hongkong nur noch von "Patrioten", wie es heißt, regiert werden kann. Lehrpläne wurden geändert, Lehrbücher umgeschrieben.
Zu feiern gibt es herzlich wenig
Von der weitgehenden Autonomie, die den Menschen in Hongkong vor 25 Jahren unter der Formel "Ein Land, zwei Systeme" versprochen wurde, ist nicht mehr viel übrig. Zu feiern gibt es in Hongkong daher herzlich wenig an diesem 25. Jahrestag. Auch wenn China den Tag groß inszeniert: Als Sieg - nicht über die einstigen Kolonialherren, sondern über die Demokratiebewegung.
Den meisten Menschen in Hongkong ist sowieso nicht zum Feiern zumute. Denn unter John Lee, dem neuen Regierungschef, steht zu befürchten, dass es weitere Einschränkungen geben wird. Aus Europa und den USA kommt Kritik - zu recht. Aber wie so oft viel zu leise.
Vorsichtige Sanktionen
Dass China mit dem sogenannten Sicherheitsgesetz von 2020 gegen seine völkerrechtlichen Verpflichtungen gegenüber Hongkong verstoßen hat, ist unbestritten. Es gab verbalen Protest und ein paar vorsichtige Sanktionen - aber mit dem großen Handelspartner China will es sich halt niemand so wirklich verderben.
Und so müssen sich auch die Verantwortlichen hier bei uns an diesem 25. Jahrestag fragen lassen, ob sie mehr hätten tun können, um Hongkongs Freiheiten zu verteidigen. Zumal das Verhalten Chinas ein Schlaglicht darauf wirft, wie Peking umgeht mit internationalen Regeln und völkerrechtlich bindenden Verträgen. Auch da gibt es wenig zu feiern.
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