EU und Migrationspakt Ermattet auf der Weltbühne
Verzagt und verunsichert. Die EU hat sich beim Migrationspakt mal wieder von ihrer schlechten Seite gezeigt. Es fehlte die richtige Strategie und der politische Wille.
Marrakesch ist kein Ruhmesblatt für die EU: Die Welt erlebt Europa geschwächt. Das ist nichts Neues. Aber hier hätte Europa mehr zusammenhalten müssen, um von den Trumps und Putins dieser Welt ernst genommen zu werden. Und das ist ein Ziel, dass die EU einen muss, wenn sie auf dem Weltparkett mitreden und nicht nur als mitstolpern will.
Stattdessen wurde eine einzige Formulierung zum Hemmschuh europäischer Einigkeit: Nicht, dass im Abkommen auch Positives zur Migration steht - dass sie Quelle des Wohlstands, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung sein kann. Sondern allein die Frage der nationalen Souveränität musste als Gegenargument herhalten.
Einigkeit? Daraus ist nichts geworden
Viele Parteien in Europa wollen den Pakt genau deswegen jetzt zum großen Thema hochziehen - im Wahlkampf. Nicht nur die Europawahl wirft hier ihre Schatten voraus. Anders ist nicht zu erklären, dass die Neu-Flämische Allianz in Belgien sogar die Regierung an dieser Frage platzen ließ. Auch in Belgien wird im Mai gewählt. Die EU-Kommission wollte in Marrakesch Flagge zeigen und Einigkeit - daraus ist nichts geworden.
Es war absehbar. Das Brexit-Chaos verstellt den Blick auf wesentliche Dinge für Europa - und dazu gehört, sich eben nicht auf der Weltbühne so zu zeigen. Sondern sich vorher mit heiklen Dingen gemeinsam auseinanderzusetzen.
Brexit zog Aufmerksamkeit ab
Es fehlte die richtige Strategie und der politische Wille. Ungarns Regierungschef Viktor Orban war der erste, der schon im Juli Nein gesagt hat - da stand gerade mal der Entwurf des Textes fest. Aber das Tauziehen mit Großbritannien absorbierte jede Aufmerksamkeit - wichtiger war es offenbar, hier mit den anderen 27 EU-Mitgliedern geschlossen aufzutreten - anderes kam dabei zu kurz.
Noch etwas zeigt der Streit um den Migrationspakt: Die Angst, dass europäische Regierungen daran zerbrechen könnten. In Belgien ist es passiert - in der Slowakei wäre es fast passiert und in Österreich hätte es passieren können. Ausgerechnet in dem Land, das den EU-Vorsitz inne hat. Also lieber gleich ein Nein. Österreich hat damit aber auch einen Funken gelegt und Nachahmer animiert: Polen, Tschechien, Bulgarien.
Schlechte Aussichten
Es ist nichts Neues, dass die EU beim Thema Migration nicht gemeinsam vorankommt. Neu ist aber, dass sie sich so offen treiben lässt vom Wahlkampf. Er wird hart werden, nicht nur vor der Europawahl. Die Angst vor den Fremden wird das große Thema, befördert durch eine EU-Haltung. Wer auch noch andere wichtige Themen in Europa sieht, muss sich jetzt noch mehr anstrengen.
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