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500-Milliarden-Schuldenpaket Es gibt keinen unmittelbaren Druck

Stand: 10.03.2025 16:26 Uhr

Die Grünen stellen sich gegen Schulden, die Union macht den Weg dafür frei: Das irritiert nach einem Wahlkampf, in dem es andersherum war. Das Schuldenpaket für Investitionen kann aber ruhig noch warten.

Ein Kommentar von Martin Polansky, ARD-Hauptstadtstudio

Es hat etwas von verkehrte Welt: Der frühere Verfechter der Schuldenbremse Friedrich Merz kämpft zusammen mit der SPD für ein 500-Milliarden-Euro-Schuldenpaket. Und ausgerechnet die Grünen drohen damit, sich querzustellen und die notwendige Zustimmung zur Änderung des Grundgesetzes zu verweigern.

Die Grünen also gegen massive neue Schulden? Das wäre neu. Bereits 2021 haben die Grünen in ihrem Wahlprogramm gefordert, ein 500-Milliarden-Euro-Schuldenpaket aufzulegen. Für Investitionen beispielsweise in den Schienenverkehr, den Umbau der Energiesysteme und die Digitalisierung. Und der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hat bis zuletzt immer wieder deutlich gemacht, dass es aus seiner Sicht ohne massive neue Schulden nicht geht. Und dass die Ampelkoalition auch am zu geringen Verschuldungsspielraum gescheitert ist.

Die Schulden der anderen sind schlecht

Jetzt will CDU-Kanzleraspirant Merz die zweite große Schuldenmacher-Partei SPD mit einem eben solchen 500-Milliarden-Paket möglichst schnell in eine Koalition holen. Aber die Grünen machen Bedenken geltend, weil sich Schwarz-Rot mit den vielen Schulden offensichtlich auch Spielräume verschaffen will, um weniger sparen und im Sozialen und bei Subventionen mehr ausgeben zu können. Allerdings sind solche zusätzlichen Spielräume, ist verminderter Spardruck praktisch die automatische Folge bei einer derartig großen Kreditaufnahme, wie sie Union und SPD planen.

Man kann wohl davon ausgehen, dass die Grünen sofort Ja sagen würden zu einem 500-Milliarden-Euro Schuldenpaket, wenn sie jetzt selbst die Aussicht hätten, die nächsten vier Jahre das Land zu regieren. Und wenn der grüne Finanzminister von Baden-Württemberg Danyal Bayaz fordert, dass die Bundesländer mit 200 Milliarden Euro statt der geplanten 100 Milliarden Euro vom Schuldenpaket profitieren sollen, macht das deutlich, wie wenig es den Grünen um solide Finanzpolitik geht. Eher gilt das Motto: Die Schulden der anderen sind schlecht, die Schulden, von denen wir selbst profitieren, sind gut.

Verhandlungskunst gefragt

In einem haben die Grünen allerdings Recht: Es gibt keinen unmittelbaren Druck, eine Grundgesetzänderung über das Knie zu brechen, um schnell den Weg für das 500-Milliarden-Euro-Schuldenpaket freizumachen. Die Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse zu entkoppeln, ist richtig und notwendig, angesichts der historischen Umbrüche in der Sicherheitspolitik, die die Welt seit Donald Trumps zweiter US-Präsidentschaft erlebt.

Aber das schuldenfinanzierte Investitionsprogramm kann auch noch ein paar Monate warten. Zumal sich für eine breit angelegte Lockerung der Schuldenbremse auch im neuen Bundestag sicher eine Zweidrittelmehrheit finden lässt. Die Linken haben sich schon angeboten.

Also: Schuldenbremse für die Verteidigung lockern, aber das riesige Schuldenpaket für Investitionen erst mal sein lassen. Wenn es Friedrich Merz gelingt, so eine Regierung mit der SPD zu bilden, ist das wahre Verhandlungskunst. Und keine verkehrte Welt.

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Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 09. März 2025 um 22:45 Uhr.