Hisbolla-Kämpfer bei der Beerdigung mehrerer Kommandeure in Beirut.
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Nahost-Liveblog ++ Offenbar weiterer Hisbollah-Führer getötet ++

Stand: 02.11.2024 23:21 Uhr

Nach israelischen Angaben ist ein weiterer Hisbollah-Kommandeur im Südlibanon getötet worden. Irans Religionsführer Chamenei droht Israel und den USA mit einer "entschiedenen Antwort". Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen.

02.11.2024 • 23:21 Uhr

Ende des Liveblogs

Damit beenden wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse.

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben bei der Anfang Oktober begonnenen Bodenoffensive in Dschabalia im Norden des Gazastreifens rund 900 "Terroristen" der militant-islamistischen Hamas und anderer extremistischer Gruppen getötet. Zudem seien 700 Palästinenser gefangen genommen worden, von denen 300 als Mitglieder von Terrorgruppen hätten identifiziert werden können, teilte die Armee weiter mit.

Die Lage in Dschabalia ist Augenzeugen zufolge katastrophal. Zehntausende Zivilisten sind bereits aus dem Gebiet geflohen, die Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser ist kaum noch möglich. Palästinensische Quellen berichten immer wieder von vielen getöteten Zivilisten durch israelische Angriffe. Auch diese Angaben sind zurzeit nicht überprüfbar.

Die USA haben einem Medienbericht zufolge den Iran in den vergangenen Tagen vor einem weiteren Angriff auf Israel gewarnt. Bei einer Attacke des Irans werde Washington nicht in der Lage sein, Israel zurückzuhalten, berichtet das Nachrichtenportal Axios unter Berufung auf einen US-Vertreter.

Der Iran bereitet dem Portal zufolge einen Angriff auf Israel vom irakischen Territorium aus in den kommenden Tagen vor. Der Angriff könne möglicherweise noch vor den US-Präsidentschaftswahlen am 5. November gestartet werden. Israel hatte am vergangenen Wochenende seinen lang erwarteten Angriff auf den Iran ausgeführt, die Öl- und Atomanlagen des Erzfeindes jedoch offenbar ausgespart.

Bei der von israelischen Soldaten in der nordlibanesischen Stadt Batrun entführten Person soll es sich um ein hochrangiges Hisbollah-Mitglied handeln. Der Mann sei laut Militärangaben auf israelisches Territorium gebracht worden und werde zurzeit verhört. Der geschäftsführende libanesische Verkehrsminister Ali Hamia hatte zuvor gesagt, dass es sich bei dem Entführten um Imad Amhaz handele, wie der libanesische TV-Sender Al-Dschadid berichtete. Amhaz sei ein ziviler Kapitän, der an einem Institut für Meereswissenschaften in Batrun studiere.

Laut der staatlichen libanesischen Nachrichtenagentur NNA untersuchen die Behörden den Fall. Die Hisbollah äußerte sich zunächst nicht.  Aus Kreisen der Schiitenmiliz hieß es, der Vorfall stelle eine "eklatante Verletzung der libanesischen Souveränität" dar. Der libanesische Staat müsse dafür zur Rede gestellt werden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass diejenigen, die für die Seeüberwachung zuständig seien, den Vorfall nicht bemerkt hätten.

Bei einem Angriff auf ein Polio-Impfzentrum im Norden des Gazastreifens sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sechs Personen verletzt worden, vier von ihnen Kinder. Das Zentrum für medizinische Grundversorgung sei getroffen worden, während Eltern ihre Kinder zur Polio-Impfung gebracht hätten, erklärte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus im Onlinedienst X:

Das sei während einer humanitären Pause geschehen, die vereinbart worden sei, um die Impfungen zu ermöglichen. "Sechs Menschen, darunter vier Kinder, wurden verletzt", erklärte der WHO-Chef.

Durch wen der Angriff erfolgte, teilte er nicht mit. Die Impfkampagne gegen Polio im Gazastreifen hatte am 1. September begonnen. Zuvor war erstmals seit 25 Jahren ein Fall von Kinderlähmung bei einem Baby im Gazastreifen nachgewiesen worden.

Das israelische Militär hat laut der Nachrichtenagentur Reuters und israelischen Medienberichten erklärt, dass es einen Kommandeur der Raketeneinheit der Nasser-Brigade der Hisbollah im Südlibanon getötet habe. Jaafar Khader Faour sei für mehrere Angriffe auf Israel verantwortlich, hieß es weiter.

Das israelische Militär hat nach Angaben der Vereinten Nationen erneut einen Grenzübergang zwischen dem Libanon und Syrien angegriffen. Ein israelischer Luftangriff habe den Grenzposten Dschussija getroffen, wo viele Menschen aus dem Libanon die Grenze nach Syrien überquerten, schrieb der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, auf X.

Auch humanitäre Strukturen seien getroffen worden. Selbst die Flucht - und die Betreuung der Flüchtenden - werde mit der weiteren Ausbreitung des Krieges schwierig und gefährlich, schrieb Grandi weiter. Das israelische Militär äußerte sich zunächst nicht dazu. Nach libanesischen Behördenangaben haben seit Beginn der verstärkten israelischen Angriffe im Libanon Mitte September bisher über 400.000 Menschen die Grenze nach Syrien überquert. Ein Großteil davon sind Syrer, rund 30 Prozent sind Libanesen.

Bei israelischen Angriffen im Libanon sind nach Behördenangaben gestern mindestens 71 Menschen getötet worden. Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden zudem 169 Personen in verschiedenen Gebieten des Landes verletzt. Die meisten Opfer gab es demnach bei Angriffen im Nordosten des Landes. Dort seien mindestens 52 Personen getötet worden.

Das Gesundheitsministerium teilt die Gesamtzahl der Opfer für gewöhnlich erst am Abend des darauffolgenden Tags mit. Insgesamt wurden den Angaben zufolge seit Ausbruch der Kämpfe zwischen dem israelischen Militär und der proiranischen Hisbollah im Libanon vor über einem Jahr mindestens 2.968 Menschen getötet und 13.319 verletzt. Unter den Todesopfern seien fast 600 Frauen und 183 Minderjährige. Das Gesundheitsministerium unterscheidet in seiner Aufzählung nicht zwischen Zivilisten und Mitgliedern der Hisbollah.

Laut israelischem Militär sind zwei weitere israelische Soldaten im südlichen Gazastreifen getötet worden. Die Gesamtzahl der seit Oktober 2023 in der palästinensischen Enklave getöteten israelischen Soldaten ist somit auf 780 gestiegen ist.

In der libanesischen Hafenstadt Batrun sollen einem Insider aus Sicherheitskreisen zufolge vermutlich israelische Marinesoldaten gelandet und eine Person gefangen genommen haben. Auch der der Hisbollah nahestehende Journalist Hassan Illaik erklärt in über den Kurzmitteilungsdienst X, eine Gruppe israelischer Soldaten sei in der Ortschaft gelandet, habe eine Person gefangen genommen und habe sich mit Schnellbooten wieder entfernt. Der Journalist veröffentlicht ein Video, das den Vorgang zeigen soll. Der libanesischen staatlichen Nachrichtenagentur zufolge untersuchen Sicherheitsbehörden die Angelegenheit. Von israelischen und von libanesischen Behörden liegen zunächst keine Stellungnahmen vor.

Israels Armee weitet eigenen Angaben nach die Kämpfe in der Gegend von Dschabalija im Norden des Gazastreifens aus. Eine Kampftruppe habe sich dem Einsatz vor Ort angeschlossen, teilte die israelische Armee mit. Diese war demnach bereits zuvor andernorts im Gazastreifen aktiv. Wie lange sie nun in Dschabalija bleiben soll, sagte die Armee zunächst nicht. Bislang seien bei der Operation in Dschabalija Hunderte Terroristen ausgeschaltet und festgenommen worden, hieß es vom Militär weiter.

Israels Armee geht derzeit in mehreren Orten im Norden des Küstengebiets wieder öfter gegen verbliebene Kämpfer der islamistischen Terrororganisation Hamas vor. Die Lage in Dschabalija ist Augenzeugen zufolge katastrophal. Zehntausende Zivilisten sind bereits aus dem Gebiet geflohen. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge innerhalb von 24 Stunden mehr als 120 Ziele im Gazastreifen und im Libanon aus der Luft angegriffen. Die israelische Luftwaffe habe etwa Waffenlager und Raketenabschussrampen der islamistischen Terrororganisation Hamas sowie der libanesischen Hisbollah-Miliz getroffen, teilte das Militär mit. In einer Mitteilung hieß es:

Soldaten führen weiterhin begrenzte, örtlich konzentrierte, gezielte Angriffe gegen Ziele der Hisbollah im Südlibanon aus.

Israels Militär habe am Freitag in der Gegend der Stadt Tyros etwa zwei Hisbollah-Kommandeure getötet, die für den Abschuss von mehr als 400 Flugkörpern auf Israel im Oktober verantwortlich gewesen seien.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei hat nach den jüngsten militärischen Konfrontationen seinen Erzfeinden Israel und den USA mit einer entschiedenen Antwort gedroht. "Die Feinde, ob das zionistische Regime oder Amerika, werden sicher eine vernichtende Antwort auf das erhalten, was sie Iran und der Widerstandsfront entgegenbringen", sagte Chamenei bei einer Veranstaltung in Teheran. Ob damit auch eine militärische Antwort auf den israelischen Vergeltungsangriff vor einer Woche gemeint war, blieb zunächst offen.

Zuletzt war die Gefahr eines großen, offenen Kriegs zwischen dem Iran und Israel gestiegen. Am vergangenen Samstag übte der jüdische Staat mit einem Luftangriff Vergeltung für eine iranische Raketenattacke Anfang Oktober. Danach gab es widersprüchliche Aussagen und Berichte darüber, ob Irans Militär reagieren wird. 

Bei einem Raketenangriff aus dem Libanon sind israelischen Angaben zufolge mehrere Menschen im Zentrum des Landes verletzt worden. Der Rettungsdienst Magen David Adom meldete elf Verletzte bei einem Einschlag in einem Gebäude in der Nacht. Die Betroffenen seien durch Granat- und Glassplitter verletzt und in Krankenhäuser gebracht worden. Sieben weitere Menschen seien wegen Angstzuständen behandelt worden. 

Die Trümmer eines Hauses nach einem Raketeneinschlag in der arabisch geprägten Kleinstadt Tira

Die Trümmer eines Hauses nach einem Raketeneinschlag in der arabisch geprägten Kleinstadt Tira

Israels Polizei meldete 19 Verletzte nach dem Raketeneinschlag in der arabisch geprägten Kleinstadt Tira. Israelischen Militärangaben zufolge wurden drei Raketen auf das Zentrum von Israel abgefeuert. Zuvor war in der Region Luftalarm ausgelöst worden. In den sozialen Medien wurden Videos geteilt, die den Einschlag einer Rakete in der Ortschaft Tira nordöstlich von Tel Aviv zeigen sollten. 

Die schiitische Huthi-Miliz im Jemen ist laut einem UN-Expertenbericht dank militärischer Unterstützung durch den Iran und die libanesische Hisbollah dabei, zu einer "starken Militärorganisation" zu werden. Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor einem Jahr hätten die Huthi "die regionale Lage ausgenutzt" und ihre Zusammenarbeit mit der "Achse des Widerstands" ausgebaut, zu der neben dem Iran auch die Hisbollah und die islamistische Hamas im Gazastreifen gehören, erklären die vom UN-Sicherheitsrat beauftragen Experten in einem Bericht.

Dank stärkerer Militärhilfen des Iran und der Hisbollah habe sich die Huthi-Bewegung von einer "bewaffneten Gruppe mit beschränkten Fähigkeiten zu einer starken Militärorganisation entwickelt" und ihre Einsatzfähigkeiten weit über die von den den Huthi kontrollierten Gebiete im Jemen hinaus ausgedehnt. Den Experten zufolge erhielten die Huthi im Untersuchungszeitraum zwischen September 2023 und Ende Juli dieses Jahres Militärmaterial und militärisches Training durch die iranische Elitetruppe Al-Kuds, durch die Hisbollah sowie durch pro-iranische Gruppen im Irak. Im Irak und im Libanon seien "gemeinsame Einsatzzentren" eingerichtet worden, um Militäreinsätze zu koordinieren.

Das Ausmaß, die Art und der Umfang des Transfers an Rüstungsgütern und Militärtechnologie sowie finanzieller Unterstützung für die Huthi habe ein "nie dagewesenes Ausmaß" erreicht, erklärten die Experten.

Nach einer Unterbrechung wegen heftiger Kämpfe soll heute die zweite Polio-Impfrunde im Norden des Gazastreifens wieder anlaufen. "Uns ist die notwendige humanitäre Pause in der Stadt Gaza zur Durchführung der Kampagne zugesichert worden", schrieb der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, auf X. 

Er forderte die Kriegsparteien dazu auf, die Kampfpausen zu respektieren. Israels Armee äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht, ob und in welchem Umfang sie Unterbrechungen der Feindseligkeiten in der Gegend zugesagt hat.

Aus dem Libanon sind nach israelischen Militärangaben drei Raketen auf das Zentrum von Israel abgefeuert worden. Einige wurden abgefangen, ein abgestürztes Geschoss wurde in dem betroffenen Gebiet ersten Erkenntnissen zufolge identifiziert, wie die Streitkräfte mitteilten. Zuvor war in der Region Luftalarm ausgelöst worden.

In den sozialen Medien wurden Videos geteilt, die den Einschlag einer Rakete in der Ortschaft Tira nordöstlich von Tel Aviv zeigen sollten. Bei dem Angriff seien 19 Menschen verletzt worden, teilte der Rettungsdienst mit. 

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Das UN-Welternährungsprogramm (WFP) kann nach eigenen Angaben nicht als Ersatz für das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA im Gazastreifen dienen. "Wir können die wichtigen Funktionen von UNRWA in Gaza, wie die Verwaltung von Notunterkünften, Schulen und Gesundheitszentren, nicht ersetzen", sagte der Direktor des WFP-Büros für Deutschland, Martin Frick, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) mit Blick auf das UNRWA-Verbot durch Israel.

Das UNRWA sei das Rückgrat der humanitären Hilfe im Gazastreifen und sichere "Ernährung, Schutz und medizinische Versorgung für eine Bevölkerung, die Unmenschliches durchlebt".

Angesichts der Spannungen im Nahen Osten verlegt das US-Verteidigungsministerium zusätzliche militärische Kapazitäten in die Region. Verteidigungsminister Lloyd Austin habe die Entsendung weiterer Kriegsschiffe zur Raketenabwehr, eines Jagdgeschwaders, von Tankflugzeugen und mehreren Langstreckenbombern des Typs B-52 genehmigt, teilte das US-Ministerium mit. 

Neben der jüngsten Stationierung einer zusätzlichen Batterie des Raketenabwehrsystems THAAD in Israel und der Verstärkung der US-Streitkräfte im östlichen Mittelmeer sollen die Maßnahmen demnach die Sicherheit in der Region stärken und Abschreckung signalisieren. Die Verstärkung soll in den kommenden Monaten erfolgen, während der US-Flugzeugträger "Abraham Lincoln" und dessen Begleitschiffe auf den Abzug aus der Region vorbereitet werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 02. November 2024 um 07:00 Uhr.