Krieg gegen die Ukraine ++ Selenskyj: Schwarzmeer-Korridor wichtig für Wirtschaft ++
Dem ukrainischen Präsident Selenskyj zufolge sind zwölf Millionen Tonnen Fracht durch den Schwarzmeer-Korridor transportiert worden. Zwei russische Autoren wurden wegen eines Gedichts zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Der Liveblog vom Donnerstag zum Nachlesen.
- Neue Gouverneure für die Ukraine eingesetzt
- Selenskyj hebt wirtschaftliche Bedeutung des Schwarzmeer-Korridor hervor
- Harte Strafen für zwei Russen wegen Verlesung eines Gedichts
- Frachter im Schwarzen Meer möglicherweise auf Mine aufgelaufen
- Nouripour: Könnten US-Unterstützung nicht kompensieren
- Präsidentin der Republik Moldau: Putin muss gestoppt werden
Ende des Liveblogs
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Selenskyj ruft für 2024 zu gemeinsamem Kampf gegen Russland auf
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat angesichts unsicherer Militärhilfen für das nächste Jahr die Weltgemeinschaft mit Nachdruck zum gemeinsamen Kampf gegen Russlands Aggression aufgerufen. "Der russische Terror muss besiegt werden. Terror muss immer scheitern. Und alle von uns in der freien Welt müssen das zusammen sicherstellen", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache kurz vor Ende des Jahres.
Es müsse alles dafür getan werden, dass im kommenden Jahr alle "gemeinsam Stärke" zeigten. Selenskyj dankte etwa Papst Franziskus für dessen Friedenswünsche für die Ukraine und den USA für ein neues militärisches Hilfspaket. Die Vereinigten Staaten hätten neue Raketen für die Flugabwehr geliefert sowie Marschflugkörper des Typs HIMARS, Artilleriemunition mit den Kalibern 155 und 105 Millimeter sowie zusätzliche gepanzerte Fahrzeuge. "Alles, was wir brauchen", sagte Selenskyj.
Auswärtiges Amt nach Urteil: Moskau "erstickt" Meinungsfreiheit
Das Auswärtige Amt hat mit scharfer Kritik auf die Verurteilung zweier russischer Autoren zu mehrjährigen Haftstrafen reagiert. "Das russische Regime lässt die Justiz die Meinungsfreiheit ersticken", hieß es vom Ministerium auf X. Wenige Stunden zuvor hatte ein Gericht in Moskau die Dichter Artjom Kamardin und Igor Schtowba in Moskau wegen "Aufstachelung zum Hass" sowie "öffentlicher Aufrufe zu Aktivitäten gegen die Staatssicherheit" verurteilt.
Der 33-jährige Kamardin und der zehn Jahre jüngere Schtowba waren im September 2022 festgenommen worden, nachdem sie in Moskau an einer öffentlichen Lesung mit Kritik an der Offensive in der Ukraine teilgenommen hatten. Kamardin, der bei der Lesung selbst ein Gedicht vorgetragen hatte, muss laut dem Urteilsspruch für sieben Jahre ins Gefängnis. Der an der Protestveranstaltung teilnehmende 23-jährige Schtowba wurde zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt.
Schiffskorridor im Schwarzen Meer hilft ukrainischer Wirtschaft
Zwölf Millionen Tonnen Fracht sind bislang von der Ukraine aus auf einer Route durch das Schwarze Meer transportiert worden, die im Juli eingerichtet worden war, nachdem sich Russland um Juli aus der Vereinbarung zur Verschiffung von Getreide zurückgezogen hat. Diese Angabe machte Präsident Wolodymyr Selenskyj bei seiner abendlichen Videoansprache. Der Korridor habe im Dezember besonders wichtige Ergebnisse gebracht. "Das ist auf der Ebene unserer gesamten Wirtschaft zu spüren", fügte er hinzu.
Selenskyj setzt neue Gouverneure ein
Das zwischen ukrainischen und russischen Truppen umkämpfte ostukrainische Gebiet Donezk hat einen neuen Gouverneur. Präsident Wolodymyr Selenskyj setzte Wadym Filaschkin per Dekret ein. Filaschkin war seit Februar 2019 Vizegouverneur für die Region. Vorgänger Pawlo Kyrylenko war im September zum Chef des Kartellamts in Kiew ernannt worden. Russland erhebt Anspruch auf das Gebiet Donezk. Mehr als die Hälfte des Gebiets an der Grenze zu Russland ist von russischen Truppen besetzt. Bereits seit Frühjahr 2014 standen Teile der ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk unter Kontrolle von durch Moskau unterstützte Separatisten.
In einem weiteren Erlass ernannte Selenskyj Olexander Kowal zum neuen Gouverneur für das westukrainische Gebiet Riwne. Kowal stand vorher der Verwaltung des Kreises Riwne vor.
Ukraine meldet Tote und Verletzte nach Angriffen im Süden
Bei russischen Angriffen auf mehrere Ziele im Süden der Ukraine sind nach Angaben der ukrainischen Behörden mindestens drei Menschen getötet und neun weitere verletzt worden. Beim Beschuss des Dorfes Bilenke in der Region Saporischschja seien zwei Fischer getötet worden, teilte die Generalstaatsanwaltschaft im Onlinedienst Telegram mit. Fünf weitere Zivilisten hätten unterschiedlich schwere Verletzungen erlitten. Bilenke liegt etwa 30 Kilometer südlich der Stadt Saporischschja am Ufer des Dnipro. Der breite Fluss stellt im Süden der Ukraine die Frontlinie zwischen ukrainischen und russischen Truppen dar.
Bei einem weiteren russischen Angriff auf das Dorf Orichiw wurde nach Behördenangaben ein Dorfbewohner getötet, vier weitere wurden verletzt. Auch die Region Charkiw im Nordosten der Ukraine war nach Polizeiangaben das Ziel mehrerer russischer Angriffe. Nach einem Angriff auf die Stadt Wowtschansk nahe der Grenze zu Russland sei eine 60-jährige Frau ihren schweren Verletzungen erlegen, hieß es von der Polizei. Bei einem Luftangriff auf das Dorf Gluschkiwka seien drei Frauen im Alter von 58 bis 76 Jahren verletzt worden.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Selenskyj dankt für vorerst letzte US-Militärhilfe
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den USA für die Freigabe der vorerst letzten Militärhilfe für sein Land gedankt. "Ich danke Präsident Joe Biden, dem Kongress und dem amerikanischen Volk", schrieb Selenskyj im Onlinedienst X. Das Hilfspaket decke den "dringendsten Bedarf der Ukraine", sein Land sei im Krieg gegen Russland aber weiter auf die Hilfe der USA angewiesen.
Die USA hatten am Mittwoch ihre vorerst letzte Militärhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine im Umfang von 250 Millionen Dollar (gut 226 Millionen Euro) freigegeben. Das US-Außenministerium teilte mit, das letzte Hilfspaket in diesem Jahr umfasse unter anderem Luftabwehr- und Artilleriemunition. Eine Einigung auf neue Ukraine-Hilfen ab dem kommenden Jahr war zuletzt am Widerstand der oppositionellen Republikaner im US-Kongress gescheitert.
Wirtschaftsministerium hält Russland-Sanktionen für wirksam
Trotz hoher russischer Ölverkäufe hat die Bundesregierung die westliche Sanktionspolitik gegen Russland als erfolgreich verteidigt. "Die Sanktionen sind sehr vielfältig. Sie wirken auch", sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Nur auf die Ölmärkte zu schauen, greife zu kurz, zumal man auch die Versorgungssicherheit auf den Weltmärkten habe sichern wollen. Viele Sanktionen wirkten indirekt, zudem versuche man, die Umgehung von Sanktionen schrittweise zu verhindern.
Hintergrund ist, dass die EU und andere westliche Staaten Wirtschaftssanktionen gegen Russland wegen des Überfalls auf die Ukraine verhängt haben. Russland hatte am Mittwoch aber bekanntgegeben, dass es fast sein gesamtes Öl mittlerweile nach Indien und China verkaufe.
Ukraine erhält laut Bundesregierung weiter EU-Hilfen
Die EU wird die Ukraine nach Angaben der Bundesregierung trotz des Widerstands aus Ungarn "in jedem Fall" weiter unterstützen."Für uns als Bundesregierung ist klar, dass die Ukraine-Fazilität aus unserer Sicht die beste und nachhaltigste Lösung bleibt", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Antes.
Die EU plant, eine 50 Milliarden Euro schwere Finanzhilfe in den kommenden Haushalten zu verankern. Ein solcher Beschluss war auf dem EU-Gipfel im Dezember noch nicht möglich, weil Ungarn seine Zustimmung verweigerte. Im Januar soll es einen Sondergipfel in Brüssel geben. Auch ohne Ungarn würden due anderen 26 EU-Staaten handlungsfähig sein, sagte der Sprecher.
Harte Strafen für zwei Russen wegen Gedichts
Ein Gericht in Moskau hat zwei russische Dichter wegen eines Gedichts über den Konflikt in der Ukraine zu Haftstrafen von sieben beziehungsweise fünfeinhalb Jahren verurteilt. Artjom Kamardin und Igor Schtowba waren wegen "Aufstachelung zum Hass" sowie "öffentlicher Aufrufe zu Aktivitäten gegen die Staatssicherheit" angeklagt. Unterstützer der beiden schrien nach dem Urteil im Gerichtssaal "Schande!", Kamardins Vater rief: "Das ist absolute Willkür!"
Kamardin und Schtowba waren im September 2022 festgenommen worden, nachdem sie in Moskau an einer öffentlichen Lesung vor einer Statue des Dichters Wladimir Majakowski teilgenommen hatten - ein Treffpunkt für Dissidenten seit der Sowjetära. Während der Lesung trug Kamardin ein Gedicht mit dem Titel "Töte mich, Milizionär!" vor, das sich sehr kritisch mit den prorussischen Separatisten in der Ostukraine auseinandersetzt.
Vor der Urteilsverkündung sagte Kamardin nach Angaben seiner Unterstützer im Onlinedienst Telegram, er sei kein Held, und ins Gefängnis zu gehen "für das, was ich denke, war nie Teil meiner Pläne". Er bat den Richter, ihn freizulassen, dafür wolle er sich künftig von "heiklen Themen" fernhalten und sich nicht öffentlich dazu äußern.
Artjom Kamardin (l.) und Igor Schtowba in der gläsernen Angeklagtenbox in einem Moskauer Gericht.
Explosion auf Frachter im Schwarzen Meer
Auf einem griechischen Frachter im Schwarzen Meer nahe der Mündung der Donau ist es zu einer Explosion gekommen. Das ukrainische Militär ging von der Detonation einer russischen Seemine aus. Ein Vertreter der Reederei NAVA Shipping in Athen sagte hingegen, die Ursache des Unglücks sei noch unklar. "Wir wissen noch nicht, was genau passiert ist, aber der Kapitän hat uns informiert, dass es eine Explosion gab." Niemand sei schwer verletzt worden, so die Reederei weiter.
Das ukrainische Militärkommando Süd sprach bei Telegram von einer "feindlichen Seemine". An Bord sei ein Feuer ausgebrochen, das gelöscht werden konnte. Die Website "Maritime Bulletin" berichtete, dass unter oder in der Nähe des Hecks des Frachters "Vyssos" eine Seemine explodiert sei. Das Schiff unter panamaischer Flagge sei auf dem Weg zum ukrainischen Donauhafen Ismajil gewesen, um eine Getreideladung aufzunehmen. Der Kapitän soll das schwer beschädigte Schiff anschließend bewusst auf Grund gesetzt haben, um ein Sinken des Frachters zu vermeiden.
Aktuell 640.000 Zeitsoldaten in Russland
Das russische Militär hat eigenen Angaben zufolge mehr als 640.000 Zeitsoldaten unter Vertrag. Das geht aus Dokumenten des Verteidigungsministeriums hervor, welche das Internetportal RBK zitierte. Es ist das erste Mal seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, dass das Ministerium in Moskau die genaue Zahl Zeitsoldaten in den eigenen Reihen benennt.
Am 1. Dezember hatte Russlands Präsident Wladimir Putin per Dekret angeordnet, die Zahl der Soldaten beim russischen Militär um 170.000 auf insgesamt 1,32 Millionen zu erhöhen. Das war bereits die zweite Anhebung seit Kriegsbeginn, nachdem er erst im Sommer 2022 eine Vergrößerung der russischen Streitkräfte auf 1,15 Millionen Mann befohlen hatte. Das Verteidigungsministerium erklärte, dass die Vergrößerung der Armee durch das Anwerben von Freiwilligen für einen Dienst auf Zeit erfolgen soll.
Erneut nächtliche Drohnenangriffe in der Ukraine
Die ukrainische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben in der Nacht sieben von acht russischen Drohnenangriffen abgewehrt. Die Drohnen seien in drei Regionen in der Mitte und im Süden der Ukraine abgeschossen worden, berichtete die Luftwaffe im Kurznachrichtendienst Telegram. Ob die nicht abgeschossene Drohne ihr Ziel erreichte, wurde nicht mitgeteilt. In der Nacht zuvor hatte Russland die Ukraine mit einer deutlich größeren Angriffswelle überzogen.
Russischer Diplomat warnt Finnland
Nach Ansicht des russischen Diplomaten Michail Uljanow wird Finnland das erste Land sein, das unter einer möglichen Eskalation der Spannungen zwischen Russland und der NATO zu leiden hätte. "Sie lebten ruhig und in Frieden, bis sie sich plötzlich zwischen Russland und der NATO wiederfanden. Aber da sie unsere Nachbarn sind, werden sie die Ersten sein, die leiden, wenn es, Gott bewahre, zu einer Eskalation kommt", sagte der ständige Vertreter Russlands bei den internationalen Organisationen in Wien der Nachrichtenagentur Ria.
Nouripour: Könnten US-Unterstützung nicht kompensieren
Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour hat auf die zentrale Rolle der USA bei der westlichen Unterstützung für die Ukraine hingewiesen. Deutschland und die EU könnten eine wegbrechende amerikanische Unterstützung nicht auffangen, sagte Nouripour der Nachrichtenagentur dpa. "Es ist kaum möglich, einfach zu kompensieren, was die Amerikaner bisher leisten, weder beim Material noch beim Geld. Aber natürlich werden wir Europäer in diesem Falle die Hilfe für die Ukraine verstärkt angehen müssen." Die Freigabe neuer US-Hilfe für die Ukraine wird derzeit von einem Streit im US-Parlament blockiert. Nach Angaben der Regierung in Washington sind die bisher bewilligten Hilfen für die Ukraine bis zum Ende des Jahres aufgebraucht.
Selenskyj: Ukraine kann einer der größten Rüstungsproduzenten werden
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat Optimismus bezüglich der Waffenproduktion des eigenen Landes demonstriert: Die Ukraine kann seiner Ansicht nach künftig zu einem der größten Rüstungsproduzenten der Welt werden. Er sei sicher, dass die ukrainische Rüstungsindustrie "im Laufe der Zeit definitiv in die Top 10 der produktivsten und stärksten Rüstungskomplexe der Welt aufsteigen kann", sagte Selenskyj am Mittwoch in seiner allabendlichen Videoansprache. Schon jetzt trage der Industriezweig nicht nur zur Stärkung der eigenen Verteidigungsfähigkeit gegen den russischen Angriffskrieg, sondern auch wesentlich zu Wirtschaftswachstum und Beschäftigung bei.
Präsidentin der Republik Moldau: Putin muss gestoppt werden
Der russische Präsident Wladimir Putin muss nach Worten der Präsidentin der Republik Moldau, Maia Sandu, in seinem Krieg gegen die Ukraine gestoppt werden. "Sie müssen verstehen, dass Putin nicht aufhören wird, wenn er nicht gestoppt wird", sagte die pro-europäische Präsidentin Sandu in einem Interview mit der Rumänien ansässigen Mediengruppe Veridica. "Und wenn er nicht gestoppt wird, werden die Kosten für uns alle noch viel höher sein. Es ist die Ukraine, die das größte Opfer bringt." Es sei im Interesse aller, "nicht nur der Ukraine und der Republik Moldau", dass die Ukraine weiterhin Hilfe erhalte. Sandu prangert seit langem Russlands Einmarsch in der Ukraine an und bezeichnet den Kreml als die größte Bedrohung für ihr Land, das zwischen der Ukraine und dem EU-Mitglied Rumänien liegt. Russland wirft ihr vor, die guten Beziehungen zu torpedieren.
Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen
Trotz ständiger russischer Luftangriffe hat die Ukraine die Herstellung von Rüstungsgütern nach eigenen Angaben 2023 stark erhöht. Mehr als 38 Milliarden Euro hat Kiew in diesem Jahr an internationalen Finanzhilfen erhalten. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.