
Nach der Bundestagswahl ++ Union und SPD schicken jeweils neun Unterhändler ++
Union und SPD schicken jeweils neun Unterhändler in die ersten Sondierungsgespräche, die morgen beginnen sollen. Angesichts der Personaldebatten stellen sich Frauen aus der SPD hinter Parteichefin Esken. Der Liveblog vom Donnerstag zum Nachlesen.
Die wichtigsten Entwicklungen:
- Sondierungsgespräche sollen morgen starten
- SPD-Frauen unterstützen Parteichefin Esken
- 73 von 630 Abgeordneten haben Migrationshintergrund
- Schleswig-Holsteins Ministerpräsident für schnelle Koalitionsverhandlungen
- Rheinland-Pfalz Ministerpräsident mahnt erfolgreiche Koalitionsgespräche an
- Union verteidigt Prüfung von NGOs
Ende des Liveblogs
Wir schließen den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse.
Union und SPD schicken je neun Unterhändler in Sondierungsgespräche
Laut ARD-Hauptstadtstudio beginnen die Sondierungsgespräche von Union und SPD bereits morgen Vormittag. Die Sondierungsteams bestehen demnach aus jeweils acht Personen plus den Generalsekretären der Parteien. Bei der SPD sollen es Partei- und Fraktionschef Lars Klingbeil, Parteichefin Saskia Esken, Verteidigungsminister Boris Pistorius, Fraktionsvize Achim Post, Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig, Parteivize Anke Rehlinger, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Parteivize Hubertus Heil und Generalsekretär Matthias Miersch sein.
Für die Union sondieren nach Informationen der Nachrichtenagenturen dpa CDU-Chef und Wahlsieger Friedrich Merz, der CSU-Vorsitzende Markus Söder sowie die Generalsekretäre Carsten Linnemann (CDU) und Martin Huber (CSU). Daneben sitzen am Tisch: Unions-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, die stellvertretende CDU-Vorsitzende Karin Prien und die CSU-Politikerin Dorothee Bär.
Ort der Gespräche ist das Jakob-Kaiser-Haus in Berlin - dort befinden sich verschiedene Büros und Sitzungsräume des Deutschen Bundestags.
CDU-Politiker fordern kritische Aufarbeitung des Wahlergebnisses
In der CDU sind Forderungen nach einer Aufarbeitung der Gründe für das unerwartet schwache Wahlergebnis laut geworden. In der Süddeutschen Zeitung machten CDU-Politiker aus Ostdeutschland und vom Arbeitnehmerflügel Diskussionsbedarf geltend. "Als CDA unterstützen wir die Forderung der Jungen Union nach einer intensiven Wahlanalyse", sagte Dennis Radtke, Chef des Arbeitnehmerflügels CDA, der Zeitung. "Wenn die Ampel zwanzig Prozentpunkte verliert und wir nur gut vier dazu gewinnen, müssen wir uns mit dem Wieso beschäftigen."
Die Arbeiter seien direkt von der SPD zur AfD gewechselt, sagte Radtke. "Menschen mit kleinen Einkommen, die sich anstrengen und es trotzdem schwer haben, finden sich kaum noch in unserer Wählerschaft", sagt Radtke. Gerade mit Blick auf die nächste große Koalition sei "es wichtig, dass wir unser eigenes Angebot und Profil prüfen - wo die Breite fehlt, werden am Ende die Ergebnisse schmal".
Stefan Nacke, der neue Chef der Arbeitnehmer-Gruppe in der Unionsfraktion, äußerte sich ähnlich. Die Unionsparteien hätten ihre Rolle als Volksparteien nicht mehr richtig wahrgenommen, kritisierte Nacke. Die ganze Bandbreite der CDU sei nicht mehr sichtbar gewesen: "Wir haben eine Verengung im Wahlkampf auf die Migrationsthematik gehabt." Es sei nicht gelungen, "die Wirtschaftspolitik nach vorne zu stellen - und damit der Bevölkerung zu zeigen, dass wir unseren Wohlstand absichern können".
Strack-Zimmermann kann sich Führungsduo bei FDP vorstellen
Für die Neuaufstellung der FDP kann sich Präsidiumsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann ein Führungsduo vorstellen. Auf die Frage, ob der bisherige Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki als Teil der künftigen Führung der Bundes-FDP infrage komme, sagte die EU-Abgeordnete der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung": "Es macht Sinn, Persönlichkeiten zu haben, die unterschiedliche Gruppen in der FDP ansprechen. Aber ob Herr Kubicki und ich der frische Aufbruch sind, na ich weiß nicht." Ein Duo an der Spitze wäre aus ihrer Sicht erwägenswert, auch wenn die Satzung der FDP das noch nicht vorsehe.
Die FDP hatte bei der Wahl am Sonntag mit 4,3 Prozent der Zweitstimmen die Rückkehr in den Bundestag verfehlt. Sie muss damit - wie schon 2013 - in die außerparlamentarische Opposition. Strack-Zimmermann sagte der Zeitung, nicht "ein einzelnes Thema oder Momentum" habe zur Wahlniederlage geführt. Mit Ausnahme der Europawahl im vergangenen Jahr verliere man seit drei Jahren Wahlen und damit auch Mandatsträger.
"Offensichtlich haben wir als Partei ein strukturelles Problem und können auf kein ausreichendes Kernmilieu hoffen, welches uns verlässlich über die fünf Prozent hebt", sagte sie. Zudem werde die FDP zunehmend als Funktionspartei wahrgenommen, so Strack-Zimmermann, "als vernünftiges Korrektiv innerhalb einer Koalition". In einer Koalition müssten aber Kompromisse gefunden werden, was dazu führe, dass Wähler sich enttäuscht abwendeten.
Kommentar: Zusammenhalt statt Streit
Innen- wie außenpolitisch gibt es gerade viel zu tun. Doch statt sich zusammenzureißen, halten sich Union und SPD mit Streitereien auf, meint ARD-Hauptstadtkorrespondentin Lissy Kaufmann in ihrem Kommentar.
SPD-Frauen unterstützen Parteichefin Esken
Frauen aus der SPD stellen sich angesichts der aktuellen Personaldebatten bei den Sozialdemokraten hinter Parteichefin Saskia Esken. "Die Doppelspitze, der Kanzler und der Parteivorstand hatten den Auftrag, den Wahlkampf zu planen und zu leiten. Als Team", sagte eine der Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der SPD-Frauen, Maria Noichl, dem Stern. "Deshalb kann ein Misserfolg niemals an einer Frau festgemacht werden." Es gelte der Grundsatz, dass man zusammen gewinne und auch zusammen verliere.
73 von 630 Abgeordneten haben Migrationshintergrund
Nach der Bundestagswahl beibt der Anteil von Abgeordneten mit Migrationshintergrund im Parlament auf gleichem Niveau wie davor - und damit deutlich unter dem Bevölkerungsschnitt. Laut einer am Donnerstag vom Mediendienst Integration veröffentlichten Recherche haben 73 der 630 am Sonntag gewählten Parlamentatier und Parlamentarierinnen eine Zuwanderungsgeschichte. Das entspricht einem Anteil von 11,6 Prozent, während in der Gesamtbevölkerung knapp 30 Prozent der Menschen einen Migrationshintergrund haben, unter den Wahlberechtigten sind es 14,4 Prozent.
Nach der Wahl 2021 lag der Anteil von Abgeordneten mit Einwanderungsgeschichte bei 11,3 Prozent. Der Anteil stagniere damit erstmals, nachdem er über mehrere Wahlperioden hinweg gestiegen war, erläuterte der Mediendienst. 2013 hatten knapp sechs Prozent der Abgeordneten einen Migrationshintergrund.
Den höchsten Anteil an Zuwanderern oder Zuwandererkindern in den eigenen Reihen haben der Recherche zufolge die Grünen (20 Prozent). Bei der Linken sind es 18,8 Prozent und damit deutlich weniger als im Bundestag davor (28,2 Prozent). Ähnlich hoch ist der Anteil bei der SPD: 17,5 Prozent. In der Unions- und der AfD-Fraktion bewegt sich der Anteil im einstelligen Bereich mit 6,3 und 5,9 Prozent.
SPD-Politikerin Mast rügt Union wegen NGO-Finanzierungsanfrage
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, hat die Anfrage der Union zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen kritisiert. "Eine solche Anfrage tut ihr Übriges, indem sie diejenigen an den Pranger stellt, die wie Leuchttürme die Werte unserer Demokratie schützen", sagte die SPD-Politikerin der Nachrichtenagentur Reuters.
Grundsätzlich müsse man wertschätzen, dass es weiterhin eine starke Zivilgesellschaft in Deutschland gebe. "Ich will davon ausgehen, dass man das in Teilen der Union ähnlich sieht. Das wäre übrigens auch klug, wenn man ernsthaft und auf solider Basis Gespräche zu einer künftigen Regierung führen will", so Mast. "Es geht um Zusammenhalt, nicht Spalten." Die demokratische Landschaft sei ohnehin vielen Spannungen ausgesetzt.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident mahnt schnelle Koalitionsverhandlungen an
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) wirbt für die zügige Bildung einer neuen Bundesregierung. "Je schneller, desto besser. Wir haben ja schon viele Monate jetzt keine handlungsfähige Regierung gehabt", so Günther gegenüber RTL/ntv. Auch die Zeit davor sei "nicht viel besser" gewesen, so Günther.
Mit Blick auf die dazu erwarteten Gespräche von Union und SPD äußerte sich Günther optimistisch. "Ich finde die Verhandlungen jetzt gar nicht so kompliziert, weil ja eigentlich alle wissen, worauf es jetzt ankommt", sagte er. Die künftige Koalition habe die Aufgabe, Deutschland in den nächsten Jahren wieder nach vorne zu bringen, betonte der Ministerpräsident. Dazu müssten Union und SPD nun beweisen, dass demokratische Parteien in der Lage seien, Probleme zu lösen und an einem Strang zu ziehen. Es gehe jetzt "darum, die großen Dinge zu lösen", so Günther.
Witwe von Walter Lübcke kritisiert Merz-Äußerungen
Die Witwe des von einem Rechtsextremisten erschossenen Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) hat CDU-Chef Friedrich Merz für seine Aussagen zum Tod ihres Mannes kritisiert. Seine Aussage beim gemeinsamen Wahlkampfabschluss der Union in München habe ihre Familie und sie "sehr befremdet", teilte Irmgard Braun-Lübcke der "Hessisch/Niedersächsischen Allgemeinen" (HNA) in einer schriftlichen Erklärung mit.
Mit Blick auf Demonstranten draußen hatte Merz am vergangenen Samstag gefragt: "Ich frage mal die Ganzen, die da draußen rumlaufen, Antifa und gegen Rechts: Wo waren die denn, als Walter Lübcke in Kassel ermordet worden ist von einem Rechtsradikalen?" Braun-Lübcke zufolge habe es nach dem Tod ihres Mannes "ein starkes gesellschaftlich breites Bekenntnis zu unserer Demokratie und ihren Werten" gegeben.
Tausende linke, liberale und konservative Demokraten seien deutschlandweit auf die Straße gegangen. "Gemeinsam haben sie sich klar gegen Gewalt, Hass und Hetze sowie eindeutig für Demokratie, Freiheit und Menschlichkeit positioniert", erklärte sie. Dies habe der Familie viel Kraft gegeben.
Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz: Koalitionsgespräche "müssen gelingen"
Angesichts des Erstarkens der AfD sieht der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) kaum eine Alternative zu einer Regierungsbildung von Union und SPD. Die geplanten Gespräche über eine Koalition seien "zum Gelingen verdammt", so Schweitzer im ARD-Morgenmagazin.
"Es muss gelingen, dass eine vernünftige Regierung zusammenkommt." Das könne aber nur erfolgreich sein, wenn die Parteien nicht versuchten, sich "gegenseitig über den Tisch zu ziehen", so Schweitzer. Mit Blick auf das Wahlergebnis der AfD sagte er, dieses sei "mindestens ein Weckruf".
Für eine schwarz-rote Koalition gebe es zwar keinen Automatismus. Mathematisch gebe es jedoch kaum andere Möglichkeiten. Ob das Bündnis politisch eine Grundlage habe, werde sich in den Gesprächen zeigen, sagte Schweitzer. "Damit diese Gespräche erfolgreich sind, ist es klug, wenn man sie nicht öffentlich führt", fügte er hinzu.
Union verteidigt Prüfung von Nichtregierungsorganisationen
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei (CDU), hat das Vorgehen seiner Fraktion verteidigt, die Gemeinnützigkeit von Organisationen zu hinterfragen. Man wolle niemanden einschüchtern und schüchtere auch niemanden ein, so Frei im ARD-Morgenmagazin.
Es sei normal zu schauen, wohin öffentliche Gelder und steuerliche Begünstigungen flössen, so Frei weiter. Die Union hinterfragt in der Übergangsphase zu einer neuen Bundesregierung die politische Neutralität und Gemeinnützigkeit von Nichtregierungsorganisationen.
In 551 Fragen an die Bundesregierung will die Union unter anderem eine politische Einflussnahme sowie eine Berechtigung auf staatliche Förderung von zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Omas gegen Rechts, Campact, BUND und Foodwatch prüfen lassen, wie aus einer Kleinen Anfrage der Union an die Bundesregierung hervorgeht. Dagegen regt sich deutliche Kritik.
Merz zuversichtlich über Zukunft der deutsch-französischen Beziehungen
Nach dem Empfang durch den französischen Staatschef Emmanuel Macron in Paris hat sich Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) zuversichtlich über die weitere politische Entwicklung in Europa geäußert.
"Vielen Dank, lieber Emmanuel Macron, für Deine Freundschaft und Dein Vertrauen in die deutsch-französischen Beziehungen", schrieb Merz im Onlinedienst X auf Deutsch und Französisch. "Zusammen können unsere Länder Großes für Europa erreichen." Der Mitteilung fügte Merz ein Bild von sich und Macron hinzu, auf dem beide Politiker ins Gespräch vertieft zu sehen sind.
Aus CDU-Kreisen hieß es, das Gespräch habe in sehr freundschaftlicher Atmosphäre stattgefunden. Merz und Macron seien sich einig gewesen, ein neues Kapitel in den deutsch-französischen Beziehungen aufzuschlagen. Es habe eine sehr große Übereinstimmung in den Themen und viele Ansatzpunkte für gemeinsame Initiativen gegeben.
Themen der Sondierungsgespräche zwischen CDU und SPD
Erneuerbare Energien, die Unterstützung für die Ukraine, Migrations- sowie Sozialpolitik - Anja Köhler berichtet aus dem ARD-Hauptstadtstudio über mögliche Knackpunkte der Sondierunggespräche zwischen CDU und SPD.
Politologe: Hohe Wahlbeteiligung auch dank Demonstrationen
Die hohe Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl ist laut dem Politikwissenschaftler Robert Vehrkamp auch auf die Demonstrationen in der Schlussphase des Wahlkampfs zurückzuführen. "Die gemeinsame Abstimmung der Union mit der AfD im Bundestag beim Thema Migration Ende Januar hat zu einer Gegenmobilisierung im demokratischen Lager geführt", so Vehrkamp gegenüber der Nachrichtenagentur epd. "Da haben dann auch die Demonstrationen eine Rolle gespielt."
Zwar würden Menschen, die an solchen Kundgebungen teilnehmen, "ohnehin recht verlässlich" zur Wahl gehen, sagte der bei der Bertelsmann Stiftung tätige Forscher. "Aber andere Menschen nehmen diese Proteste dann wahr über die mediale Vermittlung, über den öffentlichen Diskurs." Dadurch entstehe das Gefühl, "da passiert gerade etwas Entscheidendes, da geht es um was, und das mobilisiert dann eben die Menschen und führt zu so einer hohen Wahlbeteiligung".
An der Bundestagswahl hatten laut Bundeswahlleiterin 82,5 Prozent der Wahlberechtigten teilgenommen - das ist der bisher höchste Wert im wiedervereinigten Deutschland.
Ifo-Chef für Sondervermögen
Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, hat die Auffassung der Union zu einem Sondervermögen der Bundeswehr unterstützt. "Die Schuldenbremse sollte man lassen, wie sie ist, aber die Schaffung eines weiteren Sondervermögens für Verteidigung halte ich für sehr empfehlenswert", sagte der Wirtschaftswissenschaftler der Augsburger Allgemeinen. Wenn der Schritt, noch den alten Bundestag ein solches Vermögen beschließen zu lassen, verfassungsrechtlich zulässig sei, würde er den Schritt unterstützen.
Hessens Regierungschef drängt auf Entscheidung zu Sondervermögen
Auch Hessens Regierungschef Boris Rhein (CDU) dringt auf eine rasche Entscheidung über ein Bundeswehr-Sondervermögen. "Wir müssen schnell handlungsfähig sein und auch in einem ordentlichen Volumen handlungsfähig sein", sagte Rhein im Berlin Playbook Podcast des Nachrichtenmagazins Politico.
"Mir ist wichtig, dass wir jetzt die Bundeswehr stark machen", betonte der CDU-Politiker. Rhein warnte zugleich vor einer überstürzten Reform der Schuldenbremse. "Da muss man Sorgfalt vor Schnelligkeit gehen lassen, und insoweit muss man sich dafür Zeit nehmen", mahnte er.
Grünen-Politikerin kritisiert zu wenig Vielfalt im Bundestag
Die Grünen-Abgeordnete Misbah Khan zeigt sich enttäuscht, dass der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund auch im neuen Bundestag weit unter ihrem Anteil an der Bevölkerung liegt. "Ich halte nichts von einer Migrantenquote, aber mehr Durchlässigkeit und eine andere Ansprache wären gut", sagt die Bundestagsabgeordnete aus Rheinland-Pfalz vor der Veröffentlichung aktueller Daten zu Menschen mit Einwanderungsgeschichte im frisch gewählten Parlament durch den Mediendienst Integration.
Die Organisation hatte für den 2021 gewählten Bundestag einen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund von 11,3 Prozent veröffentlicht, nach 8,2 Prozent in der Wahlperiode davor. In der Grünen-Fraktion des Bundestages von 2021 lag der Anteil mit 13,6 Prozent damals über dem Durchschnittswert. "Bei den Grünen habe ich nie das Gefühl gehabt, dass es ein Problem ist, einen Migrationshintergrund zu haben", sagt Khan, die Muslimin pakistanischer Herkunft ist. Bei Muslimen in der CDU habe sie dagegen den Eindruck, "das ist ein ganz anderer Kampf".
Laut Recherchen des Mediendienstes war die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag von 2021 mit 4,6 Prozent die Fraktion mit dem geringsten Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund.
Union offen für höheres Bundeswehr-Sondervermögen
Die Unionsfraktion ist nach den Worten ihres haushaltspolitischen Sprechers Christian Haase offen für die Einführung eines neuen Bundeswehr-Sondervermögens oder für die deutliche Aufstockung des bestehenden 100-Milliarden-Topfes im Grundgesetz. "In der Unionsfraktion gibt es grundsätzlich die Bereitschaft für ein neues oder ein deutlich höheres Bundeswehr-Sondervermögen", sagte Haase der Rheinischen Post.
Mit der neuen US-Administration hätten sich die sicherheitspolitischen Koordinaten für Deutschland und Europa komplett geändert, argumentierte Haase. "Wir müssen uns schneller selbst verteidigen können. Deshalb könnte es Sinn machen, das Sondervermögen kurzfristig noch mit der Zwei-Drittel-Mehrheit des alten Bundestags zu beschließen." Dafür müsste man sich zeitnah mit SPD, FDP und Grünen einigen. "Wir würden damit genau das erfüllen, was SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius immer gefordert hat", betonte der Haushaltsexperte.
Haase wandte sich aber dagegen, Bedingungen wie eine Reform der Schuldenbremse daran zu knüpfen. "Wir wollen im Augenblick nicht über eine Reform der Schuldenbremse reden. Denn wir brauchen erst mal einen Kassensturz." Dieser bestimme dann den Finanzrahmen für die nächsten Jahre.
Kubicki: "Ich bin nicht die Zukunft der FDP"
Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki hat noch nicht entschieden, ob er sich nach dem Wahldebakel seiner Partei für den Parteivorsitz bewirbt. "Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen", sagte Kubicki in der ZDF-Sendung "Markus Lanz". Der 72-Jährige hatte am Wahlabend für den Fall des Scheiterns der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Am Morgen danach schrieb er hingegen auf der Plattform X: "Ich bin heute Nacht von so vielen Menschen aus der Partei und von Unterstützern gebeten worden, die Führung der Partei zu übernehmen, dass ich ernsthaft darüber nachdenke, im Mai zu kandidieren, um die Partei zusammenzuhalten und neu zu motivieren."
Kubicki sagte bei Lanz, für ihn sprächen seine Beliebtheit innerhalb und außerhalb der Partei, seine Bekanntheit und Erfahrung. "Sie stampfen neues Personal auch nicht ohne weiteres aus dem Boden", betonte er. Notwendig sei eine Struktur, um die Partei überlebensfähig zu halten.
"Dass ich nicht die Zukunft der Partei bin, das weiß ich selbst", sagte Kubicki, der am 3. März 73 Jahre alt wird. Das treffe auch auf Präsidiumsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann zu, die ebenfalls als mögliche Kandidatin auf den Vorsitz gehandelt wird. "Entscheidend ist, dass sie einen Übergang moderieren können, der die Partei am Leben hält." Das traue er sich, aber auch Strack-Zimmermann zu.
Juso-Chef erwartet harte Gespräche - mit offenem Ausgang
Der Juso-Vorsitzende Philipp Türmer hält es nicht für zwangsläufig, dass Union und SPD zu einer Koalition zusammenfinden. Türmer kritisierte in den tagesthemen die jüngste parlamentarische Anfrage der Union zur politischen Neutralität von Nichtregierungsorganisationen. "Ich hoffe, so geht’s nicht weiter, denn dann wird’s verdammt schwer. Und es zeigt sich, diese Verhandlungen - die sind alles andere als vorherbestimmt. Das werden sehr harte Gespräche - mit offenem Ausgang", sagte Türmer.
Als zentral bezeichnete er für Koalitionsverhandlungen Änderungen der Schuldenbremse. Sie stehe Handlungsfähigkeit entgegen. Genauso wichtig seien Entlastungen vor allem für kleine und mittlere Einkommen. Die Verhandlungen müssten "hart und ehrlich" miteinander geführt werden. Auch brauche man "tatsächliche Einigungen" in einem Koalitionsvertrag. Bei den Koalitionsverhandlungen der Ampel-Koalition seien viele Formelkompromisse gemacht worden, die den Partnern später auf die Füße gefallen seien, sagte der Juso-Chef.
Zur Wahl von Lars Klingbeil zum SPD-Fraktionschef erklärte Türmer, dieser sei in "sehr schwierigen Zeiten" gewählt worden. "Da gilt es zu sagen, viel Erfolg dabei". Türmer sieht das Problem einer "umfassenden programmatischen Aufstellung", die die SPD nötig habe. Es gelte verlorenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Die Partei hätte seiner Ansicht nach schon am Wahlabend "eher ein Signal der Selbstkritik senden müssen".