Neue Temperaturrekorde erwartet El Niño kehrt zurück
Die Welt muss sich nach einer Prognose der Weltwetterorganisation bereits in diesem Jahr auf eine weitere Temperatursteigerung einstellen. Grund ist das Wetterphänomen El Niño - eine besonders starke Erwärmung von Teilen des Pazifiks.
Die UN rechnen in den kommenden Monaten mit einer Rückkehr des Wetterphänomens El Niño - und in der Folge mit neuen Hitzerekorden. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) erklärte, die Wahrscheinlichkeit für ein Auftreten von El Niño bis Ende Juli liege bei 60 Prozent und bis Ende September bei 80 Prozent. "Das wird die Wetter- und Klimamuster weltweit verändern", sagte der Leiter der WMO-Abteilung für regionale Klimavorhersagen, Wilfran Moufouma Okia, in Genf.
In den vergangenen drei Jahren war das Oberflächenwasser im tropischen Pazifik kälter als normal. Dieses sogenannte La Niña-Ereignis dauerte somit ungewöhnlich lange an. Nun vollziehen sich dort jedoch seit ein paar Monaten gigantische Umwälzungen und ein neues Warmwasser-Ereignis bahnt sich an, wie die WMO in einer Presseerklärung mitteilte.
Seinen Namen leitet El Niño (spanisch für Christkind) von der Tatsache ab, dass es häufig um die Weihnachtszeit zu einer Erhöhung der oberflächennahen Wassertemperatur vor den Küsten Ecuadors und Perus kommt. Heutzutage steht der Name jedoch eher für die alle paar Jahre einsetzende, besonders starke Erwärmung weiter Teile des tropischen Pazifiks, die weitreichende Wetterkapriolen auslöst.
Verschiedene Wetterphänomene
Während der letzten starken El Niño-Ereignisse 1997/98 sowie 2015/16 erblühte die Atacamawüste in Chile und Peru, eine der trockensten Regionen der Erde. Gleichzeitig herrschten in weiten Teilen Indonesiens und Australiens Dürren, die zu riesigen Waldbränden und Buschfeuern führten.
Aber auch in anderen Teilen geriet das Wetter aus dem Takt: So behindert El Niño die Entwicklung starker Hurrikane im Atlantik, führt im Nordosten Brasiliens zu Trockenheit und hat sogar Auswirkungen auf den Verlauf des Nordamerikanischen Winters: Starke Winterstürme in Kalifornien, feuchtkühle Witterung im Südwesten der USA und ein ausgeprägt trockener und milder Verlauf im Norden sind zu erwarten. Der Einfluss auf das Europäische Wettergeschehen ist jedoch gering und bisher noch nicht nachgewiesen.
So entsteht El Niño
Doch wie kommt El Niño zustande? Normalerweise befindet sich vor der peruanischen Küste ein Meeresgebiet in dem kaltes und nährstoffreiches Tiefenwasser aufquillt und zur Freude der Fischer riesige Sardellen-Schwärme anlockt. Über dem kalten Wasser sinkt die Luft großräumig ab, wodurch dort normalerweise sonniges und trockenes Wetter vorherrscht. Die absinkende Luft ist Teil eines riesigen Zirkulationssystems, der nach ihrem Entdecker benannten Walker-Zirkulation, welches sich entlang der Tropen rund um den Globus erstreckt.
Die vor der südamerikanischen Küste absinkende Luft strömt in tieferen Atmosphärenschichten nach Westen über den Pazifik und drückt das oberflächennahe warme Wasser in Richtung Indonesien und Australien, wo die Luft über dem warmen Ozean aufsteigt, und dabei verbreitet für Niederschläge sorgt. Dies ist der Normalzustand.
Die Grafik zeigt die atmosphärischen Zirkulationsmuster während La Niña und El Niño.
Wasser erwärmt sich um mehrere Grad
Alle paar Jahre lassen die beständigen Passatwinde nach und in der Folge schwappt nun sozusagen das warme Oberflächenwasser nach Südamerika zurück, wodurch sich die Verhältnisse auch in der Atmosphäre umkehren: In Indonesien bleibt der Regen aus und an der Westküste Südamerikas kommt es zu extremen Regengüssen, die dort Schlammlawinen auslösen können. Zudem finden die Fische in dem wärmeren Wasser nicht mehr genug Nahrung und wandern ab, wodurch ein wichtiger Industriezweig in die Krise rutschen kann.
Nach dem letzten größeren Ereignis in 2015/16 hat sich erneut ein Warmwasser-Ereignis entwickelt. Das Gebiet des tropischen Pazifiks wird aufgrund der weitreichenden Auswirkungen genau überwacht. Seit Jahresbeginn hat sich das oberflächennahe Wasser im tropischen Pazifik von der ecuadorianischen und peruanischen Küste bis zur gut 10.000 km entfernten Datumsgrenze um etwa ein Grad und direkt vor der Küste sogar um über vier Grad erwärmt. Während des Jahrhundert-El Niño 1997/98 hatte sich das Wasser in dem gesamten Bereich sogar bis über fünf Grad erwärmt.
Auswirkungen auf globale Mitteltemperatur
Anhand spezieller Klimamodelle lässt sich der Ablauf eines solchen Ereignisses recht gut simulieren, sofern es erst einmal in Gang gekommen ist. Mit einer Wahrscheinlichkeit von nahezu 90 Prozent soll sich das aktuell anbahnende El Niño bis zum kommenden Winter weiter aufbauen. Das wird sich auch auf die globale Mitteltemperatur auswirken, da große Wärmemengen vom Ozean an die Atmosphäre abgegeben werden.
So war 1998 mit Abstand das bis dato weltweit wärmste Jahr seit Beginn flächendeckender Messungen ab 1880 und der bisherige, traurige Rekord der globalen Mitteltemperatur stammt aus dem El Niño-Jahr 2016. Somit steht zu befürchten, dass im Jahr 2023 oder 2024 das erste Mal die Weltmitteltemperatur 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegen wird, der kritischen Schwelle also, die nach dem Pariser Abkommen langfristig nicht überschritten werden soll.