"Anwerbungsprämie" Zweifel an Steuerbonus für Auslandsfachkräfte
Die Bundesregierung will ausländische Spitzenkräfte mit Steuerrabatten nach Deutschland locken. Ein neues Gutachten lässt Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorhabens aufkommen.
Steuerrabatte für ausländische Fachkräfte: So will die Bundesregierung Deutschland attraktiv für Einwanderer machen. Doch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat erhebliche Zweifel an dem geplanten Modell. Bei strenger Auslegung der Rechtslage würden damit Beschäftigte, die schon länger in Deutschland arbeiten, unzulässig benachteiligt.
"Die Benachteiligung mag geeignet und erforderlich sein, um das wirtschaftspolitische Ziel zu erreichen; sie ist jedoch nicht mehr angemessen", heißt es in dem Gutachten im Auftrag des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.
Zugleich weisen die Experten jedoch deutlich darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber bei steuerlichen Subventionen in der Vergangenheit deutlich größeren Gestaltungsspielraum gewährt habe. Lege man wie das Verfassungsgericht großzügigere Prüfmaßstäbe an, so "könnte die steuerliche Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden", heißt es in dem Gutachten. In dem Fall reiche es aus, einen sachlichen Grund für die unterschiedliche Besteuerung zu nennen.
Ähnliche Modelle in anderen EU-Staaten
Im Zuge ihrer "Wachstumsinitiative" plant die Ampel-Regierung, steuerliche Anreize für die Arbeitsaufnahme in Deutschland einzuführen, um das Land attraktiver für ausländische Fachkräfte zu machen. Vorgesehen ist, dass neu zugewanderte Fachkräfte in den ersten drei Jahren 30, 20 und zehn Prozent vom Bruttolohn steuerfrei stellen können. Diese Freistellung soll - mit einer Unter- und Obergrenze - für "Spitzenkräfte" aus dem Ausland gelten, die eine steuerliche "Anwerbungsprämie" erhalten können.
Die Bundesregierung verweist darauf, dass ähnliche Modelle auch von vielen anderen europäischen Staaten praktiziert werden, um dringend benötigte Fachkräfte aus dem Ausland anzulocken. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags ist jedoch der Auffassung, dass diese Begründung nicht ausreiche. Es gebe "beachtliche Gründe für die Anwendung eines strengen Prüfungsmaßstabs" - unter anderem, weil Steuerzahler nicht selbst beeinflussen könnten, ob sie den Rabatt erhalten oder nicht und weil so nicht mehr nach finanzieller Leistungsfähigkeit besteuert werde.
Kritik auch aus der Wirtschaft
Das Gutachten wurde von BSW-Parteigründerin Sahra Wagenknecht in Auftrag gegeben. Das Ergebnis sei verheerend für Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP), erklärte sie. "Ein Steuervorteil für Ausländer wäre sozialer Sprengstoff." Die Idee beweise, dass die Bundesregierung keinerlei Gefühl für die Stimmung im Land habe und handwerklich miserabel arbeite. "Die Ampel muss diese steuerliche Inländerdiskriminierung kassieren", forderte Wagenknecht.
Ähnliche Kritik war bereits von Wirtschaftsvertretern zu hören: "Der Vorschlag widerspricht der Steuergerechtigkeit und sendet ein falsches innenpolitisches Signal", sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der Nachrichtenagentur dpa vor einigen Tagen. Auch dürfte es vielerorts zu Unruhe im Betriebsfrieden führen, so Dulger weiter.