30 Prozent steuerfrei Wie die Niederlande Fachkräfte mit Steuervorteilen locken
Fünf Jahre lang können ausländische Arbeitnehmer in den Niederlanden 30 Prozent ihres Gehalts steuerfrei erhalten. Doch die Vorteile für Expats schmelzen, und die Regelung hat ihre Fallstricke.
In den Niederlanden können gesuchte Fachkräfte kräftig Steuern sparen. Die "30-Prozent-Regelung" ist attraktiv, aber auch umstritten und wird fortwährend verändert. Sie ist zudem auch nicht pauschal für alle anwendbar. Die Regelung ist eine Möglichkeit, persönliche "Steuergerechtigkeit" herzustellen, denn - anders als in Deutschland - gibt es keine Steuerklassen, und dafür mehr Möglichkeiten der individuellen Steuergestaltung mit vielen Abschreibungsmöglichkeiten.
Grundsätzlich können damit auch deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis zu 30 Prozent ihres Gehalts steuerfrei von ihrem niederländischen Arbeitgeber überwiesen bekommen, wenn sie in den Niederlanden beschäftigt sind. Allerdings darf man vorher nicht zu grenznah gewohnt haben. Maximal fünf Jahre kann man davon profitieren - früher waren es mal acht.
Steuer-Vorteile werden gestutzt
Die niederländische Regierung hatte im vergangenen Jahr die Vorteile ihres "Expat-Tax-Regimes" abgeschmolzen. Weitere Einschnitte sind geplant. Und es gibt Gehalts-Mindest- und Höchstgrenzen. Nutznießende sind meistens Beschäftigte von großen Unternehmen, die in die Niederlande "entsandt" wurden, um in den dortigen Zweigstellen zu arbeiten. Bedingung: Man muss gesuchte Fachkraft sein.
Allerdings wird das nur anhand des am Schluss zu versteuernden Gehalts geprüft, das deutlich über 40.000 Euro im Jahr angesiedelt sein muss, und zwar nach Ausschöpfung des Steuervorteils, was dann immer genau berechnet werden muss. Das bedeutet: Die Vergütungen müssen tatsächlich viel höher liegen, ergänzt um den direkt überwiesenen steuerfreien Teil. Wer jünger ist als 30 und einen Masterabschluss hat, darf schon mit weniger Gehalt Steuern sparen.
Kein massentauglicher Steuervorteil
Ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterliegen dem Mindesteinkommen aber ebensowenig wie angehende Fachärztinnen und Fachärzte. Die komplizierte Regelung zeigt schon, dass es sich bei dem Konstrukt nicht um einen Steuervorteil handelt, der massentauglich ist - und auch nicht um eine gewollte "Belohnung", um mit Zuzüglern Lücken zu stopfen.
Die 30-Prozent-Regelung zielt vielmehr darauf ab, das System der steuerfreien Leistungen für Niederländer mit all seinen Möglichkeiten, Werbungskosten anzurechnen, auf Expats in den Niederlanden zu übertragen und für eine gewissen Zeit zu pauschalisieren, um sie in der Phase der Umstellung im neuen Lebensumfeld zu entlasten. Das ist der wichtigste Unterschied zur Debatte, die in Deutschland geführt wird.
150 Kilometer von Grenze entfernt leben
Wer in den Niederlanden in den Genuss dieser Regel kommen will, muss dem Finanzamt aber nachweisen, dass er vorher nicht in der Nähe gelebt hat - sondern mindestens 150 Kilometer von der Grenze entfernt. Die Antragstellung ist kompliziert und kann nur zusammen mit dem Arbeitgeber erfolgen.
Das Steuermodell für Ausländerinnen und Ausländer zieht zwar weitere Vorteile nach sich - etwa wenn es um Aufenthaltsgenehmigungen geht, die von den Behörden bevorzugt bearbeitet werden können. Die 30-Prozent-Regelung kann aber auch von Nachteil sein - so man muss prüfen, ob man mit individuellen steuerfreien Erstattungen besser wegkommt oder mit der Pauschalregelung.
Deckelung bei 230.000 Euro Jahreseinkommen
Auch Spitzenverdienende müssen seit dem 1. Januar aufpassen: Die Regelung lässt sich wegen einer neuen Deckelung nur bis zu einem Jahreseinkommen von rund 230.000 Euro im Jahr anwenden - darauf kann dann noch ein Drittel steuerfrei angesetzt werden. Aber das ist dann auch das Ende der Fahnenstange.
Wer 300.000 Euro Jahresgehalt bekommen soll, kann die 30-Prozent-Regelung nicht mehr voll ausschöpfen. Doch in diesen Gehaltssphären bewegen sich nur wenige Arbeitnehmende, die aus dem Ausland kommen, um in den Niederlanden zu arbeiten - zumal nach fünf Jahren Schluss ist mit dem pauschalisierten Steuersparmodell. Aber auch hier gilt: Die Mühlen mahlen langsam - es gibt Übergangsregelungen, die sich nach der Aufenthaltsdauer richten. Ohne Steuerberaterin oder Steuerberater ist man hier wohl oft auf verlorenem Posten.
In Deutschland ist das Niederlande-Modell umstritten: So wollte beispielsweise das Finanzgericht Düsseldorf die 30-Prozent-Regelung in die deutsche Einkommenssteuer einbeziehen. Das könnte jene betreffen, die ihren deutschen Wohnsitz behalten haben.