EU-Industriekommissar eröffnet Verfahren Brüssel macht Druck im Kältemittel-Streit
Seit einem Jahr streiten die EU-Kommission und die Bundesregierung um ein Kältemittel für Auto-Klimaanlangen. Nun erhöht Brüssel den Druck und eröffnet ein Verfahren gegen Deutschland. Im Mittelpunkt des Streits: der Hersteller Daimler und das Kraftfahrtbundesamt.
Die EU-Kommission will Deutschland im Streit über Kältemittel für Klimaanlagen bei Mercedes-Modellen zur Rechenschaft ziehen. Industriekommissar Antonio Tajani kündigte ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung an, weil sie Daimler nicht an der Verwendung eines alten, klimaschädlicheren Kühlmittels hindert.
Konkret kritisiert die Behörde, dass das Kraftfahrtbundesamt dem Hersteller Daimler im vergangenen Jahr eine nachträgliche Änderung der Fahrzeugzulassung gestattete. Unter der alten Genehmigung konnte das Mittel R134a noch zum Einsatz kommen. Daimler hält die Alternative, das in Europa erlaubte Mittel R1234yf, für feuergefährlich.
EU-Industriekommissar Tajani
"Wir halten es nicht für gefährlich", hält Industriekommissar Tajani dagegen. Experten seiner Behörde hätten eine Analyse des Kraftfahrtbundesamtes überprüft und seien zu diesem Ergebnis gekommen. Der entsprechende Bericht der EU-Kommission solle bald veröffentlicht werden.
Zwei Kritikpunkte
An der eigentlichen Zulassungspraxis kritisiert Brüssel zwei Punkte: Erstens habe Daimler vom 1. Januar bis Ende Juni 2013 Mercedes-Modelle mit neuer Typgenehmigung, aber dem damals bereits verbotenen alten Kältemittel auf den Markt gebracht. Dies verstieß gegen die EU-Richtlinie, wonach Autos, die ihre Typgenehmigung nach dem 1. Januar 2011 erhalten hatten, ein weniger klimaschädliches Kältemittel verwenden müssen.
Zweitens seien Mitte Mai erweiterte Typgenehmigungen für insgesamt fünf Modelle, darunter die neue A-, B- und die S-Klasse, erteilt worden - und zwar auf Basis älterer Modelle, die ihre Zulassung vor 2011 erhalten hatten. Auf diesem Weg konnten die Autos zwar auch mit dem alten Kältemittel der EU-Richtlinie entsprechen. Allerdings moniert die EU-Kommission, solch ein Hin und Her zwischen verschiedenen Typgenehmigungen stehe nicht im Einklang mit EU-Vorschriften.
Daimler sieht sich im Recht
Die Bundesregierung kann nun zu den Vorwürfen Stellung beziehen, bis zu einer Entscheidung dürfte es noch Monate dauern. Falls die EU-Kommission sich am Ende durchsetzt, muss Daimler nach Auskunft der Kommission womöglich 133.000 Wagen zurückrufen müssen.
Industriekommissar Tajani gab sich aber gesprächsbereit: "Dies ist noch nicht der Abschluss des Verfahrens. Es ist noch möglich, eine Lösung zu finden mit der deutschen Regierung."
Der Autohersteller Daimler reagierte gelassen. Er sieht sein Vorgehen im Streit um Kältemittel für Klimaanlagen für richtig. "Die Erweiterung der Typgenehmigung ist im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zulässig", sagte ein Firmensprecher. "Dies ist ein völlig korrekter Vorgang, der auch in anderen EU-Mitgliedstaaten praktiziert wurde."