Schärfere Finanzmarktregeln Regierung will Banken in die Pflicht nehmen
Fast zwei Jahre nach Beginn der globalen Finanzmarktkrise hat das Kabinett heute ein Pleiteverfahren für angeschlagene Banken auf den Weg gebracht. Mittels Bankenabgabe soll ein Krisenfonds entstehen. Die Lobbyisten hatten schon protestiert, bevor das Gesetz geschrieben war.
Von Torsten Mandalka, RBB, ARD-Hauptstadtstudio
"Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten" - so heißt das über 100 Seiten starke Regelwerk, das das Kabinett verabschiedet hat. Ziel: Nie wieder soll der Staat so erpressbar sein wie in der Finanzkrise der vergangenen beiden Jahre.
Wenn also in Zukunft eine systemrelevante Bank in die Pleite rutscht - Stichwort "too big to fail" - dann soll möglichst nicht mehr der Staat gerade stehen, um das System zu retten, sondern die Bankengemeinschaft selber: "Wir sind davon ausgegangen, dass wir Instrumente entwickeln müssen, um Kreditinstitute, die in Schwierigkeiten geraten sind, in einem geordneten Verfahren entweder zu restrukturieren oder abzuwickeln", sagt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
Die Banken sollen zahlen ...
Das geordnete Verfahren wird von der Frankfurter Bundesanstalt für Finanzmarkstabilisierung organisiert. Eine Pleite-Bank kann demnach zerlegt werden. Ihre systemrelevanten Teile können verkauft werden oder in eine staatliche "Brückenbank" übergehen. Der Rest wandert in die Konkursmasse. Das Ganze wird auch in Zukunft Geld kosten, nach Vorstellung des Finanzministers aber nicht mehr das des Steuerzahlers, sondern das eines Stabilitätsfonds, der aus der neu zu schaffenden Bankenabgabe gespeist wird.
"Dieser Stabilitätsfonds soll künftige Restrukturierungs- und Abwicklungsmaßnahmen bei Banken finanzieren. Dabei müssen wir darauf achten, dass die Fähigkeit des Bankensektors, den Prozess der wirtschaftlichen Restrukturierung voranzubringen, nicht gefährdet oder beschädigt wird", so Schäuble.
... aber nicht zu viel?
Deswegen werden die Banken mit nur etwa eine Milliarde Euro pro Jahr zur Kasse gebeten - jede nach ihrer Größe und nach dem Risiko ihres Geschäftsmodells. Hier setzt einer von etlichen Kritikpunkten an. Angesichts der Milliardenkosten der jetzigen Krise sei das viel zu wenig, murrt die Opposition und plädiert nach wie vor für eine Finanzmarkttransaktionssteuer.
Sparkassen und Genossenschaftsbanken wehrten sich bis zuletzt gegen eine Beteiligung, weil sie schon ein eigenes Sicherungssystem haben. Die anderen Banken warnen vor konjunkturellen Auswirkungen. Die Bankenabgabe müsse zwangsläufig an die Kunden weitergereicht werden, was deren Kaufkraft schmälere. Außerdem beeinträchtige sie die Bilanzen. Die Banken würden dadurch wieder anfälliger werden.
Übrigens: Dieser Protest der Lobbyisten wurde schon zu Protokoll gegeben, bevor die erste Zeile des Gesetzes geschrieben worden war.