Debatte über Zukunft der Hypo Real Estate Letzter Ausweg Verstaatlichung?
Eine Pleite der angeschlagenen Immobilienbank HRE wird es nicht geben - in dieser Frage hat sich der Bund festgelegt. Aber wie soll die Bank gerettet werden? Der Plan einer Verstaatlichung stößt auf Widerstand und sollte, so beispielsweise der Bankenverband, nur das "aller-, allerletzte Mittel" sein.
Der Bundesverband Deutscher Banken hat die Bundesregierung aufgefordert, vor der Enteignung von Aktionären angeschlagener Banken wie der Hypo Real Estate (HRE) alle anderen Optionen zu prüfen. "Grundsätzlich kann eine Verstaatlichung nur das aller-, allerletzte Mittel sein", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Manfred Weber, im Deutschlandfunk. In jedem Falle dürfe eine Verstaatlichung nur eine vorübergehende Maßnahme sein. Längerfristig müsse es wieder Marktlösungen wie eine Privatisierung betroffener Institute geben. "Wenn ein Haus absolut nicht mehr zu halten ist, muss es auch wieder möglich sein, dass es in den Konkurs geht", sagte der Verbandschef. "Das muss der Zustand sein, zu dem wir wieder zurückkehren, wenn die Finanzmarktkrise überwunden ist."
"Es kann keine einfachen Lösungen geben"
Mit Blick auf Überlegungen zur Schaffung einer oder mehrerer "Bad Banks" appellierte der Verbandsfunktionär, sich die nötige Zeit zur Lösungssuche zu nehmen. "Es kann keine einfachen Lösungen geben." Die Banken kämpften mittlerweile nicht mehr nur mit sogenannten faulen Krediten. "Wir sehen ganz neue Entwicklungen in Marktsegmenten, von denen niemand behaupten kann, dass es sich hier um Gift-Papiere handelt", sagte Weber. Als Beispiel nannte er italienische Staatsanleihen, deren Wertverfall die Banken zu erheblichen Wertberichtigungen in ihren Bilanzen zwinge.
In der Union stoßen die Verstaatlichungspläne zunehmend auf Kritik. Der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU, Josef Schlarmann, sagte dem "Hamburger Abendblatt", er habe "tiefste verfassungsrechtliche Bedenken". Der Vorsitzende der CSU-Mittelstands-Union, Hans Michelbach, erklärte, mit den Plänen würden "alle Grundlinien unserer Wirtschaftsordnung durchbrochen". Der Politiker warnte vor einem "ordnungspolitischen Super-GAU, der Wirkungen weit über den konkreten Fall hinaus hätte". Die Schieflage der HRE dürfe nicht als "Einfallstor für linksideologische Wunschträume" missbraucht werden.
Union will Verstaatlichung notfalls mittragen
Laut dem finanzpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Otto Bernhardt, wird die CDU/CSU-Fraktion ein Verstaatlichungs-Gesetz aber "im Notfall mittragen". Kein Kreditinstitut dürfe in die Insolvenz gehen, sagte Bernhardt NDR Info. Er plädierte aber dafür, zunächst andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, um dieses Ziel zu erreichen. Als Beispiel nannte Bernhardt mehr staatlichen Einfluss durch eine Kapitalerhöhung. Die Vorbehalte gegen eine Verstaatlichung von Banken seien in der Union groß, weil dadurch die Aktienkultur in Deutschland langfristig leiden könne.
Der Haushaltsexperte der Unionsfraktion, Steffen Kampeter, bemängelte in der "Frankfurter Rundschau", es mache "wenig Sinn, die Leute am Beginn der Entscheidung mit Verstaatlichungs-Gesetzentwürfen zu verunsichern." Zunächst müsse die Bundesregierung klären, ob eine "Sanierungsübernahme" der HRE wirklich unvermeidlich sei. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte dem Blatt dagegen, es gehe darum, die bei der Bank bereits eingesetzten Milliarden Steuergelder zu schützen und einen Bankenkollaps zu verhindern. "Dafür müssen alle Möglichkeiten geprüft werden, die unsere Rechtsordnung hergibt."
Bund will HRE-Pleite "nicht zulassen"
Die Bundesregierung erklärte, sie werde eine Pleite des Immobilienfinanzierers nicht zulassen. Der Bund werde verhindern, dass ein Institut, das systemische Relevanz für den gesamten Finanz- und Bankenmarkt habe, zusammenbreche, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg. Die HRE, die schon mehr als 90 Milliarden Euro an Hilfen bekommen hat, erfülle dieses Kriterium.
Den Plänen von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zufolge sollen Enteignungen bis zum 31. Dezember gegen Entschädigung möglich sein. Diese solle nach dem gewichteten durchschnittlichen Börsenpreis der beiden Wochen zuvor beruhen. Mit dem angestrebten "Gesetz zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarkts" will Steinbrück zudem die Möglichkeiten erweitern, strauchelnden Geldhäusern unter die Arme zu greifen. Für HRE-Aktionäre wären das schlechte Neuigkeiten. Wird das Gesetz geändert, könnte der Bund wie geplant die Mehrheit des in Schieflage geratenen Immobilienfinanzierers übernehmen. Hauptbetroffener wäre der US-Finanzinvestor J.C. Flowers, der rund 25 Prozent der HRE-Aktien besitzt. Im konkreten Fall erhielte Flowers laut "Süddeutscher Zeitung" eine Entschädigung von 1,50 Euro der ursprünglich bezahlten 22,50 Euro je Aktie.
Am Wochenende hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel ebenfalls dafür ausgesprochen, Banken notfalls in Teilen zu verstaatlichen. Es gebe keine allgemeingültige Lösung. "Wenn es im Einzelfall aber für den Steuerzahler billiger wird, kann die Übernahme von Anteilen sinnvoll sein", sagte die CDU-Politikerin.